Frauenstein (Erzgebirge)
Frauenstein ist eine Kleinstadt im Süden des sächsischen Landkreises Mittelsachsen. GeographieDie Stadt liegt im osterzgebirgischen Teil des Naturparks Erzgebirge/Vogtland, 20 km südöstlich von Freiberg und 30 km südwestlich von Dresden. GeschichteGründungAusgangspunkt der Siedlungsbildung war die um 1200 erfolgte Anlage einer Burg, die sich auf einer markanten Bergkuppe (Granitporphyr) über die gewellten Hochflächen des Umlandes erhob. Kurz nach Gründung der Burg wurden im nahen Umfeld in Reichenau Silbererze gefunden. Daraufhin siedelten sich Bergleute und Handwerker im nordöstlich der Burg gelegenen Kuttelbachtal an. Allerdings war der Siedlungsort ungünstig gewählt, da überschwemmungsgefährdet und abseits der Burg gelegen. Die Siedlung wurde deshalb nach 1470 aufgegeben. Das neue Frauenstein errichtete man planmäßig auf einer Hochfläche in unmittelbarer Nachbarschaft der Burg. Wappen und NameDer Name Frauenstein wurde erstmals 1218 in einer Urkunde genannt. In dieser wird ein Priester namens „Heinricus de Vrounsten“ (Heinrich von Frauenstein) erwähnt.[2] Das Vorhandensein eines Priesters weist auf eine (neben der Burg) bestehende Siedlung hin. Die Burg selbst wurde erst 1272 als „Castrum Vrowenstein“ in einer Lehensbestätigung genannt. Vom Stadtnamen sind u. a. noch die Schreibweisen „Vrouwenstein“ (1321), „Vrowinstein“ (1385), „Frauwinstein“ (1405), „Frawenstein“ (1424) und „ffrauwenstein“ (1439) überliefert. Der Name geht auf das mittelhochdeutsche Wort Vrowe zurück, was so viel wie Herrin, Gebieterin, Frau (von höherem Stand) bedeutet. Der Name bezeichnete wahrscheinlich die Burg, später ging er auf den Ort über. Ein religiöser Hintergrund, wie im Stadtwappen dargestellt, ist kaum wahrscheinlich und nicht nachweisbar.[3]
Entwicklung von Burg und SchlossDie Gründung der Burg Frauenstein war ein Ergebnis der ersten Kolonisationsphase[4] des Erzgebirges. Nach den Silberfunden von Freiberg 1168 rückte das bislang unbesiedelte Waldgebirge zwischen der Markgrafschaft Meißen und dem Königreich Böhmen in das Blickfeld markmeißnischer und böhmischer Interessen. Beide Seiten begannen mit der Anlage einer Reihe von Grenzschutzburgen (u. a. Sayda, Purschenstein, Rechenberg, Bärenstein, Lauenstein, Königstein), um die eigene Interessenssphäre abzugrenzen. Die um 1200 angelegte Burg Frauenstein bildete eine dieser Grenzschutzburgen. Sie hob sich gegenüber den meisten anderen Burgen ab, da sie gleichzeitig die wichtige von Freiberg über den Pass von Klostergrab (Hrob) nach Teplitz (Teplice) führenden Handelsstraße (später Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße) schützte und kontrollierte. Die Burganlage befand sich etwa auf halbem Weg zwischen Freiberg und der böhmischen Grenze. Möglicherweise stand die Gründung auch im Zusammenhang mit dem angeblich um 1180 erfolgten Raub des Silberschatzes von Markgraf Otto dem Reichen durch böhmische Räuber. Die Burg, die beim Stadtbrand des Jahres 1728 zur Ruine wurde, ist heute die größte Burgruinenanlage Sachsens. 1585 bis 1588 wurde neben der Burg ein Schloss errichtet. Die Burg (und später das Schloss) besaßen die Markgrafen von Meißen bzw. die Kurfürsten von Sachsen, welche die Anlage als Lehen an Vasallen vergaben. Im Laufe der Geschichte traten folgende Besitzer über Burg bzw. Schloss und Herrschaft Frauenstein auf (unvollständig):
Entwicklung der StadtAm 22. Mai 1411 verlieh der Burggraf Heinrich von Meißen der Siedlung das Stadtrecht. Frauenstein musste drei Stadtbrände erdulden. 1728 vernichtete ein großer Stadtbrand weite Teile der Stadt, darunter u. a. die 15-registrige Silbermann-Orgel (1711) in der Kirche. Burg und Schloss wurden schwer beschädigt. Die Burg wurde nach dem Brand nicht wieder aufgebaut und verfällt seitdem. Am 2./3. Oktober 1869 kurz nach Mitternacht brach in einem Hintergebäude am Markt ein Feuer aus, das sich rasch ausbreitete. Bereits gegen 3 Uhr nachts brannte ein Großteil der schindelgedeckten Häuser. Die Flammen vernichteten insgesamt 75 Bürgerhäuser, das Rathaus, die Kirche mit der nach dem Brand von 1728 von Gottfried Silbermann zum Selbstkostenpreis angefertigten Orgel (1738), drei Schulhäuser, ein Stadttorhaus und das Armenhaus. 715 Menschen, die Hälfte der Einwohner, verloren ihr Obdach. Der sächsische Staat bewilligte 12.000 Taler für den Wiederaufbau der öffentlichen Gebäude, die Einwohnerschaft erhielt weitere 30.000 Gulden aus Spenden sowie zahlreiche Sachspenden, so dass der Wiederaufbau rasch voranschritt. Das neue Rathaus wurde bereits 1871, die Kirche 1873 fertiggestellt. Bei der Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 marschierten durch Frauenstein sowjetische Truppen.[5] Eingemeindungen
Einwohner- und Größenentwicklung
(1): geschätzt nach überlieferten Hauszahlen aus dem 16. Jahrhundert Gedenkstätten
PolitikGemeinderatStadtratswahl 2024
Wahlbeteiligung: 74,3 % (2019: 70,4 %)
% 70 60 50 40 30 20 10 0 62,3 % 34,7 % 3,0 % n. k. %
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2019
%p 14 12 10 8 6 4 2 0 −2 −4 −6 −8 −10 −12 +12,4 %p −4,9 %p +3,0 %p −10,5 %p Anmerkungen:
a Allgemeine Freie Wählergemeinschaft
Seit der Stadtratswahl am 9. Juni 2024 verteilen sich die 14 Sitze des Gemeinderates folgendermaßen auf die einzelnen Gruppierungen:
BürgermeisterBürgermeister ist seit 2015 Reiner Hentschel.
StädtepartnerschaftPartnergemeinde ist seit 1991 Zell am Harmersbach. FlurbereinigungFür den Stadtteil Burkersdorf wurde mit Beschluss vom 30. Dezember 1999 und für den Stadtteil Dittersbach mit Beschluss vom 23. April 2001 das Flurbereinigungsverfahren angeordnet. StadtmarketingIm September 2009 wurde das neue Leitbild Frauenstein – Stern im Erzgebirge vorgestellt.[9] Kultur und Sehenswürdigkeiten
Wirtschaft und InfrastrukturGewerbeAm 15. Februar 1943 gründete Johannes Tittel im stillgelegten Gasthaus Schützenhaus eine Fertigungsstätte für feinmechanische Bauteile. Es waren Teile für Funk- und Nachrichtengeräte sowie Bauteile für die Luftfahrtindustrie (Jagdflugzeuge und Bomber).[12] Im Jahr 1953 übertrug Johannes Tittel den Frauensteiner Betriebsteil an seinen Bruder Kurt Tittel und es werden vorrangig Zeitschaltuhren gefertigt. Das private Unternehmen konnte trotz staatlicher Repressalien bestehen, weil eine beträchtliche Anzahl an Geräten exportiert wurde und der Staat so Devisen bekam.[12] Die staatliche Wirtschaftsführung hatte mit der Staatsbank der DDR ein mächtiges Machtmittel. Die Staatsorgane konnten den Privatbetrieben alle Kredite sperren und zwangen viele von ihnen in eine Kommanditgesellschaft. Eine solche Gründung fand 1960 statt. Kurt Tittel als Komplementär haftete mit seinem gesamten Vermögen, wobei der Kommanditist, also die staatliche Wirtschaftsführung, nur mit der Einlage der Staatsbank haftete. Die staatlichen Wirtschaftsführer hatten jetzt Einblick in alle ökonomischen Abläufe und konnten so die private Betriebsführung in ihrem Sinn beeinflussen, gestalten und neue Unternehmensziele festlegen. Eine solche Festlegung von den Kommanditisten war die vorrangige Produktion von Tarifschaltgeräten für Nachtspeicherheizungen.[12] Die Produktion von Schaltuhren war recht aufwendig und erforderte hohes Können auf feinmechnischem Gebiet. Das Foto von der inneren Anordnung der Bauteile veranschaulicht den aufwendigen Aufbau. Erich Honecker wurde am 3. Mai 1971 Erster Sekretär des Zentralkomitees und ihm waren die zahlreichen Privatbetriebe in der DDR, etwa 11.000, ein Dorn im Auge. Er traf umgehend Vorbereitungen für die Verstaatlichung von Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigen. Der Privatbetrieb Kurt Tittel wurde so im Jahr 1972 ein Volkseigener Betrieb und der bisherige Komplementär und Unternehmensführer Kurt Tittel wurde als Direktor eingesetzt.[12] Im April 1992 erhielten die Söhne von Kurt Tittel das Familienunternehmen zurück; sie führen es als privates Unternehmen weiter.[12] VerkehrEisenbahnMit der Schmalspurbahn Klingenberg-Colmnitz–Frauenstein erhielt Frauenstein im September 1898 einen Bahnanschluss. Der Güterverkehr auf der Strecke wurde 1970 eingestellt, der Personenverkehr kurzfristig ein Jahr später aufgrund eines Unfalls. Anschließend wurde die Strecke abgebaut. StraßeDie Erschließung des Gebietes um Frauenstein erfolgte durch Höhenstraßen, die das sächsische Tiefland über den Osterzgebirgskamm mit Böhmen verbanden. Die Lage an einer alten von Freiberg über den Pass von Klostergrab nach Klostergrab (Hrob) führenden Handelsstraße war ein entscheidendes Merkmal für die Gründung der Burg Frauenstein. Im 18. Jahrhundert erlangte diese Verbindung als Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße Bedeutung. Auf dem Markt befindet sich noch eine Nachbildung der 1725 bei der von Adam Friedrich Zürner durchgeführten Landesvermessung aufgestellten kursächsischen Postmeilensäule (Originalteile im Museum). Ende des 18. Jahrhunderts begann der chausseemäßige Ausbau zwischen Freiberg und der sächsisch-böhmischen Grenze. Mitte des 19. Jahrhunderts verkehrten über diese Straße die Postkurse Frauenstein-Freiberg und Frauenstein-Teplitz (Teplice). Die königlich-sächsischen Stationssteine, im Originalzustand am Markt und als Wegweiser umgestaltet an der heutigen B 171, wurden um 1860 an der neuen Chaussee aufgestellt. Die heutige Staatsstraße 184 entspricht in ihrem Verlauf zwischen Freiberg, Frauenstein und Neuhermsdorf in Teilen der Alten Freiberg-Teplitzer Poststraße. ÖPNVBereits 1865 wurde eine von Freiberg nach Frauenstein führende Postkutschenverbindung eingerichtet. Heute liegt die Stadt im Verbundraum des Verkehrsverbundes Mittelsachsen. Laut Fahrplan vom 11. Dezember 2005 bis 10. Dezember 2006 ist Frauenstein über Buslinien mit Dresden, Freiberg, Olbernhau und Rechenberg-Bienenmühle verbunden. PersönlichkeitenSöhne und Töchter der Stadt
Personen mit Bezug zum Ort
Literatur
WeblinksCommons: Frauenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Frauenstein (Erzgebirge) – Reiseführer
Einzelnachweise
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