Der Magnetiseur (E. T. A. Hoffmann)Der Magnetiseur ist eine Erzählung von E. T. A. Hoffmann, die im Sommer 1813 im von Napoleon besetzten Dresden[1] geschrieben wurde und im April 1814 im Band 2 der „Fantasiestücke in Callot's Manier“ erschien.[2] In seiner Vorrede zu den „Fantasiestücken“ hebt Jean Paul diesen Text und seine „mit Kraftgestalten fortreißende Erzählung“[3] hervor. Der Text erzählt vom titelgebenden Magnetiseur und Mediziner Alban, der Macht über die 16-jährige Baronesse Maria mittels mesmeristischer Hypnose[4] ausübt.[5] FormIm vierten der sechs Kapitel (siehe unten: Überschriften unter „Handlung“) lässt sich der reisende Enthusiast (dieser Herr ist so etwas wie der Editor der „Fantasiestücke in Callot's Manier“) in die Karten schauen. Den Aufsatz „Träume sind Schäume“ und die beiden darauf folgenden Briefe hat er in den nachgelassenen Papieren des Malers Franz Bickert gefunden. Sodann hat der Enthusiast noch im Tagebuch des Malers (Kapitel 5) gestöbert. Rohrwasser[6] nennt den reisenden Enthusiasten einen „Pionier der Erzähltechnik der Moderne“. Siebenpfeiffer[7] schreibt zu den Erzählerinstanzen: Während der reisende Enthusiast die Textabschnitte montiere, seien die ersten drei Kapitel aus der Feder des Malers Bickert nicht chronikalisch gemeint, sondern als Erklärungsversuche der Katastrophe im einsamen Schloss gedacht. Handlung
Am 9. September sitzt der alte Baron auf seinem Schloss mit seinen Kindern Ottmar und der Baronesse Maria sowie mit seinem alten Freund, dem Maler Franz Bickert, im Salon am Kamin zusammen und will den Seinen einreden: „Träume sind Schäume“. Ottmar hat sein Idol, den Arzt Alban ins Haus gebracht. Dieser hat Maria durch Traumbeeinflussung und Hypnose scheinbar von einer Krankheit geheilt. Der Baron hält von solcher „magnetischer Kur“ wenig. Er verachtet Albans Praktiken, „sein feierliches Wesen, seine mystischen Reden, seine Charlatanerien, wie er... die Ulmen, die Linden... magnetisiert, wenn er, mit ausgestreckten Armen nach Norden gerichtet, von dem Weltgeist neue Kraft in sich zieht.“[8] Der Baron erzählt von einem Erlebnis in seiner Jugend: Während der militärischen Ausbildung hatte ihn sein dänischer Major im Traum hypnotisiert. Auch der Maler Bickert zeigt sich dem Arzt gegenüber skeptisch, aber Ottmar ist auf der Seite Albans und Ottmar erzählt die Geschichte einer Hypnose à la Alban. Kurz bevor Ottmar seine Geschichte beendet, fällt Maria in Ohnmacht. Kurz darauf erscheint Alban im Salon. Er stellt einen „gefahrlosen Nervenzufall“ und prognostiziert, Maria werde um Punkt sechs Uhr morgens aus ihrem „wohltätigen“ Schlafe erwachen, was exakt so auch geschieht. Rätselhaft ist auch, wie Alban zweimal die verschlossene Salontür passiert hat.
Adelgunde ist die Schwester des Grafen Hypolit, Marias Bräutigam. Der ist in den Krieg gezogen. Der Brief offenbart das Verhältnis von Maria und Alban: Maria nennt den Arzt einen „herrlichen Mann“, der „etwas Gebietendes hat“ und nennt ihn ihren „Herr und Meister“. Maria fragt sich: „...wie wenn er [Alban] sich geheimer höllischer Mittel bediente, mich zu seiner Sklavin zu fesseln; wie wenn er dann geböte, ich solle, nur ihn in Sinn und Gedanken tragend, Hypolit lassen?“[9] Mit diesem Brief erfährt auch Hypolit über die Vorgänge in dem Schloss des Barons.
Alban behandelt Maria nicht, sondern hat sie krank und hörig gemacht. Davon und von seiner Beherrschung Ottmars berichtet Alban seinem Studienfreund, dem Mediziner Theobald in einem Brief. Theobald war im ersten Kapitel der „Held“ in Ottmars Erzählung, jener Geschichte, auf deren Höhepunkt Maria das Bewusstsein verloren hatte. Theobald hatte an einem jungen Mädchen dieselbe Prozedur praktiziert, wie darauf Alban an Maria. Der Leser weiß schon aus Marias Brief, wie Theobald das „ohne ihr Wissen, wenn sie schlief“, gemacht hatte: Theobald leitete „ihre innersten Gedanken durch magnetische Mittel auf sich“. Alban schreibt herablassend, Ottmar habe sich an ihn gedrängt und sich sodann willig als Schüler unter seine Zuchtrute geschmiegt. Alban hat Maria ein noch verhängnisvolleres Schicksal bestimmt. Er habe das Mädchen in den somnambulen Zustand versetzt, der ihrer Familie als Nervenkrankheit erschienen war. Nun sei Maria sein. Eine Trennung von ihm müsse sie vernichten. Alban bekundet seinen Willen. Falls Hypolit aus der Schlacht zurückkehrt, wird er sein Opfer Maria nicht hergeben.
Nach der Beerdigung des Malers Bickert tritt der reisende Enthusiast im menschenleeren Schloss auf und sieht die Papiere des Verstorbenen durch. Drei Jahre noch hatte Bickert in dem verödeten Gemäuer gelebt.
In kurzen Tagebucheinträgen beschreibt Bickert eine Aneinanderreihung tragischer Tode. Hypolit, gesund aus dem Krieg heimgekehrt, tritt mit der Maria vor den Altar, wo die Braut tot niedersinkt. Hypolit duelliert sich mit Ottmar, weil dieser Alban ins Schloss gebracht und die Braut „mit höllischen Künsten gemordet“ hat. Hypolit stirbt. Weiter unten im Text erfährt der Leser, Ottmar ist offenbar lebend davongekommen, denn er stirbt „den Heldentod in der Schlacht“. Der alte Baron stirbt Mitternachts am 9. September kinderlos in den Armen des Malers. Zuvor hatte der Baron in Alban seinen alten dänischen Major gesehen. Dem Magnetiseur, diesem Wiedergänger des Majors[10], ist die Flucht gelungen. Aber Hypolit hat Rache geschworen.
Neben dem Maler Bickert und dem reisenden Enthusiasten tritt in dem schmalen Text nun der Herausgeber als dritter Erzähler auf. Er bedankt sich bei einem (ebenfalls neu in die Erzählung eingeführten) Justizrat für jene Papiere, die dem Leser in den Kapiteln 1 bis 5 zugänglich gemacht wurden. Im vorletzten Satz zweifelt der Herausgeber an der Existenz des Justizrats. SelbstzeugnisE. T. A. Hoffmann schreibt am 13. Juli 1813 an den Bamberger Friedrich Speyer, er beleuchte mit dem „Magnetiseur“ eine der noch dunklen Seiten des Magnetismus.[11] Rezeption
Siehe auch
LiteraturErstausgabe
Verwendete Ausgabe
Sekundärliteratur
Einzelnachweise
WeblinksWikisource: Der Magnetiseur – Quellen und Volltexte
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