Haverkamp wuchs von 1866 bis 1877 bei seinen Großeltern Ferlmann in Capelle auf und besuchte auch dort die Volksschule. Er absolvierte eine Lehre als Stein- und Holzbildhauer bei den Bildhauern August Schmiemann (1877–81) und Heinrich Fleige (1881–83) in Münster und studierte dann mit Hilfe eines Stipendiums, für das er als Wettbewerbsarbeit eine Rotkäppchengruppe eingereicht hatte, ab 1883 an der Berliner Kunstakademie zunächst bei Albert Wolff, dann ab 1885 bei Fritz Schaper. Nach Abschluss des Studiums 1887 war er 1888/1889 Atelierschüler bei Schaper, besuchte 1889 Paris und bewarb sich im selben Jahr mit dem Relief Gang zum Hades für den Rom-Preis (Großer akademischer Staatspreis), den er 1890 auch erhielt. Den damit finanzierten Aufenthalt in der Villa Strohl-Fern in Rom nahm er bis 1892 wahr, sein Mentor war Robert Cauer. Er schuf dort unter anderem 1891 im Auftrag von Wilhelm Hüffer (1821–1895) die im Entree seines römischen Palais, der Villa Huffero, aufgestellte Knabengruppe auf korinthischem Kapitell. Für einen anderen Förderer, den Landgerichtspräsidenten Bernhard Lohaus in Münster, schuf er den „Bocksprung“. Auch die „Betende Mutter“ für Sant’Agostino in Campo Marzio in Rom entstand während seines Aufenthalts dort.
Nach seiner Rückkehr im März 1892 heiratete er in Senden Margarethe Ferlmann, die Adoptivtochter seines in die USA ausgewanderten Onkels. Danach lebte Haverkamp wieder in Berlin. Ab Oktober 1901 lehrte er an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin; 1902 wurde er dort als Nachfolger von Ludwig Manzel berufen und mit Patent vom 11. Juli 1903 zum Professor ernannt.[2] Zu seinen bekanntesten Schülern gehören Heinrich Splieth, Gustav Wallat (1905–1908), Renée Sintenis (1907–1910) und Wilhelm Kruse (um 1910–1914).
1899 wurde Haverkamp mit dem Herzoglich Anhaltischen Hausorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.[3] 1901 erhielt Haverkamp die Kleine Goldene Medaille für Kunst auf der Großen Berliner Kunstausstellung und den preußischen Roten Adlerorden IV. Klasse bei der Einweihung des „Großen Kurfürsten“ in Kiel, 1909 die Goldene Medaille auf der Großen Münchener Kunstausstellung und 1913 die Große goldene Medaille wiederum in Berlin. Ab 1913 war er Mitglied der Preußischen Landeskunst-Kommission. Mit der Urkunde vom 19. April 1916 wurde seine Berufung vom 14. Januar 1916 als Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Künste bestätigt. 1924 trat Haverkamp in den Ruhestand.
Werke (Auswahl)
1889: Gang zum Hades (Relief „Hermes führt dem Charon die Seelen der Verstorbenen zu“, Berlin) – Haverkamp erhielt dafür den Großen Staatspreis
1891: Knabengruppe auf korinthischem Kapitell (Marmorskulptur, Marmor, Empfangshalle der Villa Huffero in Rom)
1893: „Corpus Christi“, Abendmahlsrelief, alttestamentliche Propheten und die vier Evangelisten in der Lutherkirche in Apolda
1893: Zwei Fassadenreliefs („Luther vor dem Reichstag zu Worms“ und „Kurfürst Joachim II. v. Brandenburg empfängt das erste Abendmahl“) und zwei Reliefmedaillons („Hus“ und „Wyclif“) aus Terrakotta an der Lutherkirche in Berlin-Friedenau
1896: Bismarck-Denkmal in Plauen, Albertplatz (Standbild; enthüllt am 1. April 1896[4]; nicht erhalten)
1898: Handwerker mit Sohn (auch „Vatergruppe“ genannt; Marmorskulptur eines sitzenden Handwerkers mit Sohn) in Berlin, Andreasstraße[5] Bis 1960 waren die „Vatergruppe“ (mit anderem Sockel) und die „Muttergruppe“ von Edmund Gomansky als ihr Pendant die seitlichen Begrenzungen einer großen Marmorsitzbank auf dem Andreasplatz. Die „Muttergruppe“ wurde 1960 in den Volkspark Friedrichshain in der Nähe des Klinikums im Friedrichshain versetzt.
1898: zwei Engel als Grabfiguren für die Fürstengruft der Marienkirche in Dessau
1899: Kaiser-Wilhelm-Denkmal (Standbild Wilhelms I., gleichzeitig Kriegerdenkmal) in Coesfeld
1900: Moltke-Denkmal in Plauen, Albertplatz (Standbild; enthüllt am 26. Oktober 1900[6]; nicht erhalten)
1902: Kanzel mit der Darstellung Christi (der Frau am Jakobsbrunnen predigend) und dem Schriftzug „Wen da dürstet der komme“ in der Evangelischen Hauptkirche in (Mönchengladbach-)Rheydt
1903–1904: Alfred-Krupp-Denkmal an der Kiellinie in Kiel (Enthüllung am 22. Juni 1904; im Auftrag des Kaiserlichen Yachtklubs (KYC), dessen Protektor Kaiser Wilhelm II. war)
1914: Zwei Fassadenreliefs aus Formziegeln an der Kirche St. Marien in Berlin-Friedenau
1914: Großes neogotisches Portal (mit sieben Figuren und dem Relief „Maria Krönung“) sowie zwei Anbetungsaltäre für die Kirche St. Laurentius in Warendorf
1916: Grablegung Christi für die Kirche St. Antonius in Münster
vor 1919: Entwurf eines großen Reiterstandbilds Kaiser Wilhelms I. (wahrscheinlich im Rahmen eines Wettbewerbs für Berlin; nicht ausgeführt)
1919: Pietá in der Kirche St. Laurentius in Senden (Teil des Kriegergedächtnisaltars)
1921: Grabstein für seine 1918 verstorbene Ehefrau auf dem Friedhof St. Laurentius in Senden (wo auch Wilhelm Haverkamp am 19. Januar 1929 beigesetzt wurde)
1922: Kriegergedächtnisaltar in der Lambertikirche in Münster
1922: Kriegerdenkmal „St. Michael“ auf dem Kirchplatz neben der Pfarrkirche in Münster-Albachten (aus bayerischem Muschelkalk; 1975 auf den Friedhof versetzt)
1922: Marienstatue in der Kirche St. Elisabeth in Berlin-Schöneberg
1924: neun Heiligenfiguren für das St. Ann’s Home der Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare in Techny, Illinois, USA
1928: überlebensgroße Herz-Jesu-Figur aus Holz in der Kirche St. Marien in Berlin-Friedenau (Kirche von Haverkamps Heimatgemeinde, der er sich sehr verbunden fühlte)
Literatur
Johannes Tschiedel: Wilhelm Haverkamp. In: Westermanns Monatshefte, 67. Jahrgang 1922, 1. Teil = Band 133, S. 231–243.