Werner Herzog wurde als Sohn von Dietrich Herzog (1910–1989) und dessen aus einer kroatischen Offiziersfamilie stammenden Frau Elisabeth Herzog, geborene Stipetić (1912–1984), in München geboren. Sein Großvater väterlicherseits war der Philologe und Archäologe Rudolf Herzog, der Bekanntheit durch die Ausgrabung des Asklepieions auf der Insel Kos erlangte. Werner Herzog hat einen älteren Bruder Tilbert Herzog und einen jüngeren Halbbruder Hartwolf (Lucki) Stipetić, der bis heute mit ihm als Produzent zusammenarbeitet, sowie eine jüngere Schwester Sigrid Herzog, die als Regisseurin tätig ist. Herzog wuchs bis zu seinem 11. Lebensjahr im oberbayerischen Dorf Sachrang unweit der Grenze zu Österreich auf, wohin die Familie vor den Bombenangriffen auf München geflohen war.[2] Nach der Scheidung der Eltern zog er mit der Mutter nach München und besuchte dort ein humanistisches Gymnasium. Zeitweise lebte er mit seinem Vater und dessen zweiter Frau in Wüstenrot bei Heilbronn und besuchte das Heilbronner Theodor-Heuss-Gymnasium.[3] Mit 14 Jahren konvertierte Herzog zum Katholizismus.[4] 1956 trampte er durch Jugoslawien und Griechenland und arbeitete mit 17 Jahren einige Monate in Manchester.
Im Jahr 1962 veröffentlichte Herzog, 19-jährig, seinen ersten Film, den zwölfminütigen Kurzfilm Herakles. 1963 gründete er seine eigene Produktionsfirma „Werner Herzog Filmproduktion“ in München. Seinen ersten abendfüllenden Spielfilm Lebenszeichen drehte Herzog im Alter von 24 Jahren. Für diesen Film erhielt er finanzielle Unterstützung vom Kuratorium junger deutscher Film. In der Kategorie „Bester erster Film“ wurde ihm dafür ein Deutscher Filmpreis verliehen; der Film erschien 1968.
Ende 1974 ging er in 22 Tagen zu Fuß von München nach Paris, um die kranke Filmkritikerin Lotte Eisner zu besuchen und sie damit – in seiner Sichtweise – zu retten; darüber schrieb er das Buch Vom Gehen im Eis und sprach auch das entsprechende Hörbuch ein.[5][6]
Aus Herzogs erster Ehe entstammt der Sohn Rudolph Herzog, der ebenfalls als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent tätig ist. Aus einer Beziehung mit der Schauspielerin Eva Mattes stammt die Schauspielerin Hanna Mattes, die als Stiftungsrätin der Werner Herzog Stiftung fungiert. Die zweite Ehe ging Herzog im Jahr 1987 ein, zwei Jahre später wurde ein gemeinsamer Sohn geboren.
1996 zog Herzog nach Los Angeles um, wo er sich heute zu Hause fühlt. 1999 heiratete er die russisch-amerikanische Photographin Elena Pisetski. Herzog besitzt kein Mobiltelefon, da er die Welt nicht durch "Apps" wahrnehmen will und es auch ablehnt, dauernd erreichbar zu sein.
Werke
Viele seiner Filme drehte Werner Herzog auf Englisch. In fünf seiner bekanntesten Filme besetzte er die Hauptrolle mit Klaus Kinski. Über die oftmals schwierige Beziehung der beiden drehte er 1999 den Dokumentarfilm Mein liebster Feind.
Werner Herzogs Werk umfasst neben seinen Spielfilmen zahlreiche dokumentarische Arbeiten. Nach Cobra Verde (1987) drehte er nur noch wenige Spielfilme, aber zahlreiche Dokumentationen für Fernsehen und Kino. Auch in früheren Jahren drehte er regelmäßig Dokumentarfilme. Im vielleicht bemerkenswertesten davon, Gasherbrum – Der leuchtende Berg über eine Doppel-8000er-Besteigung von Reinhold Messner und Hans Kammerlander, findet Herzogs Verständnis vom Dokumentarfilm Ausdruck. Er verweigert sich dem Direct Cinema und der Einschätzung, dass Kameras Authentizität reproduzieren könnten.[9][10] Vielmehr geht es in den dokumentarischen Arbeiten auch immer um die eigene Perspektive auf den Gegenstand, um Herzog selbst also. Dies geht so weit, dass er manchen dokumentierten Personen Wörter und Aussprüche in den Mund legt und die Arbeiten zudem stark ästhetisiert.
Im Rahmen der Arbeiten an seinem Film Aguirre, der Zorn Gottes hatte sich Herzog am 24. Dezember 1971 am Flughafen von Lima bemüht, für sich und sein Drehteam Plätze auf dem später verunglückten LANSA-Flug 508 zu bekommen, allerdings vergeblich. Nachdem am Vortag alle Flüge auf dieser Strecke wetterbedingt ausgefallen waren – auch er und sein Team waren ursprünglich für den 23. gebucht –, war der Flug am 24. ausgebucht, sodass er der Katastrophe entging.[11] Jahrzehnte später drehte er nach persönlichen Gesprächen mit Juliane Koepcke, der einzigen Überlebenden dieses Fluges, seinen 2000 erschienenen Dokumentarfilm Julianes Sturz in den Dschungel über dieses Unglück und Koepckes Rettung.
Der KurzfilmWerner Herzog Eats His Shoe dokumentiert Herzogs Einlösen einer Wette. Herzog ermutigte damit Errol Morris, seinen ersten Film Gates of Heaven tatsächlich fertigzustellen. Herzog kochte seine Schuhe und aß einen bis auf die Sohle auf. Regie führte Les Blank, der 1982 auch eine vielgerühmte Dokumentation über die beschwerlichen Dreharbeiten von Fitzcarraldo drehte (Die Last der Träume).[12] Eine Version mit Jason Robards und Mick Jagger musste aufgrund einer Krankheit von Jason Robards und Auftrittsverpflichtungen von Mick Jagger 1981 halbgedreht aufgegeben werden, ehe eine neue Version mit Klaus Kinski fertiggestellt wurde.[13]
Am 18. September 2012 führte Herzog bei einem Konzert der amerikanischen Rockband The Killers in New York Regie. Das Konzert wurde live im Internet übertragen.[15]
Herzog ist international für sein besonderes Englisch bekannt, das auf der einen Seite einen reichen Wortschatz und die Wahl bedeutungsschwerer Wörter aufweist, auf der anderen Seite aber einen harten, deutschen Akzent. Aufgrund dessen hatte er schon eine Vielzahl von Gastauftritten als Synchronsprecher für englischsprachige Produktionen. Den Simpsons lieh er im englischen Original dreimal seine Stimme: 2011 in der 15. Folge der 22. Staffel einem deutschen Pharmaunternehmer, der später als Augustus Glupsch identifiziert wird, 2019 in der 23. (und letzten) Folge der 30. Staffel sowie 2020 in der 15. Folge der 31. Staffel. Für das englische Original von Rick and Morty synchronisierte er 2015 in der 8. Folge der 2. Staffel einen Alien.
Im Jahr 2021 erschien Herzogs erster Roman Das Dämmern der Welt[17], der auf der wahren Geschichte des Onoda Hirō beruht, eines japanischen Soldaten, der auf einer Pazifik-Insel stationiert war und den Informationen über die Beendigung des Zweiten Weltkrieges misstraute. In der Folge versteckte er sich auf der Insel und lebte bis in die siebziger Jahre isoliert, da er Angst hatte, in Gefangenschaft zu geraten. Die Geschichte wurde noch im selben Jahr unter dem Titel Onoda, 10 000 nuits dans la jungle (deutsch Onoda – 10.000 Nächte im Dschungel) verfilmt.
Im Jahr 2022 legte Werner Herzog mit Jeder für sich und Gott gegen alle. Erinnerungen seine Memoiren vor. Im Band Die Zukunft der Wahrheit von 2024 fasst er die bekanntesten Beispiele erfundener Wahrheiten von der Antike bis zur Gegenwart zusammen und berichtet von seinen Begegnungen mit Wahrheiten auf dem Filmset. Darauf aufbauend erklärt er, wie er den Begriff der Wahrheit versteht: Etwas, das man nicht besitzen kann, nach dem man aber immer suchen muss und wird.
Werner Herzog Stiftung
Zweck der Werner Herzog Stiftung ist die Bewahrung, Pflege und Verbreitung des kulturellen Erbes der filmischen und literarischen Arbeiten Werner Herzogs für die Allgemeinheit im Interesse von Wissenschaft, Bildung, Kunst und Kultur.
Die Stiftung verleiht einmal jährlich in Kooperation mit dem Filmmuseum München und in deren Räumlichkeiten den Werner Herzog Filmpreis.[18] Die Preisverleihung und das sie begleitende Symposion erfolgen mit Blick auf die Bewahrung, Pflege und Verbreitung des filmischen und literarischen Werks von Werner Herzog. Mit dem Filmpreis sollen insbesondere innovative Arbeiten von Filmemachern ausgezeichnet werden.
Der Werner Herzog Filmpreis ist mit 5000 Euro dotiert. Die Stiftung kann diese Dotation im Einzelfall erhöhen. Die Stiftung bestimmt durch Werner Herzog in Kooperation mit dem Filmmuseum München die Mitglieder der Jury sowie das Prozedere für die Auswahl der Preisträger und die Preisverleihung.
Der Preis kann an Spielfilme, Dokumentarfilme, an einen Filmemacher, Schauspieler oder an Personen jeder Nationalität vergeben werden, die mit Mut, Entschlossenheit und Visionen im und um den Film herum arbeiten. Es gibt keine Anmeldevorschriften und keinen Wettbewerb.
Filmografie (Auswahl)
Filme von Werner Herzog
1962: Herakles (Kurzfilm)
1964: Spiel im Sand (Kurzfilm)
1967: Die beispiellose Verteidigung der Festung Deutschkreutz (Kurzfilm)
1982: Nina Gladitz: Land der Bitterkeit und des Stolzes, Erstausstrahlung: 6. September 1982, WDR. Inhalt: Rekonstruktion der Vorgänge bei Vorbereitungen zum Dreh von Fitzcarraldo, bei denen es zu Gewalt gegenüber dem Stamm der Aguaruna gekommen sein soll.[19] Im Auftrag des WDR.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 656 ff
Bernd Kiefer: [Artikel] Werner Herzog. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 316–321 [mit Literaturhinweisen].
Biografie
Moritz Holfelder: Werner Herzog. Die Biografie. Langen-Müller, München 2012, ISBN 978-3-7844-3303-5.
Studien
Hans Günther Pflaum (Hrsg.): Werner Herzog (Reihe Film 22). Hanser, München 1979, ISBN 9783446128712.
Emmanuel Carrère: Werner Herzog. Edilig, Paris 1982, ISBN 2-85601-017-2.
Timothy Corrigan (Hrsg.): The Films of Werner Herzog: Between Mirage and History. Methuen, New York 1986, ISBN 9780415726788.
Chris Wahl (Hrsg.): Lektionen in Herzog. Neues über Deutschlands verlorenen Filmautor Werner Herzog und sein Werk. edition text+kritik, München 2011, ISBN 978-3-86916-118-1.
Eric Ames: Ferocious Reality. Documentary according to Werner Herzog. University of Minnesota Press, Minnesota [u. a.] 2012.
Brad Prager (Hrsg.): A Companion to Werner Herzog. Wiley-Blackwell, Chichester [u. a.] 2012, ISBN 978-1-4051-9440-2.
Kristina Jaspers, Rüdiger Zill (Hrsg.): Werner Herzog – An den Grenzen. Bertz + Fischer, Berlin 2015, ISBN 978-3-86505-235-3.
Josef Schnelle: Eine Welt ist nicht genug. Ein Reiseführer in das Werk von Werner Herzog. Schüren Verlag, Marburg 2021, ISBN 978-3-7410-0372-1.
Werner Herzog. Deutsche Kinemathek im Filmhaus am Potsdamer Platz. Vom 25. August 2022 bis 27. März 2023.
Sonstiges
Get Well Soon haben auf ihrem Album "Vexations" (2002) einen Track namens "Werner Herzog Gets Shot". Der Musiker Will Oldham alias Bonnie "Prince" Billy widmete Werner Herzog den Song "Werner‘s Last Blues To Blockbuster" unter seinem Pseudonym "Palace" auf der EP Hope von 2012.[27]
↑Merry Playlist! Der Rolling-Stone-Adventskalender 2021 Täglich vom 1. Dezember 2021 bis Heiligabend vorgestellte Pop-Weihnachtslieder auf der Homepage des deutschen Musikmagazins Rolling Stone: Redakteur Arne Willander rezensiert Christmastime in the mountains von Will Oldham. Beim Rolling Stone, 20. Dezember 2021.