Troll (Netzkultur)Als Troll bezeichnet man im Netzjargon eine Person, die im Internet vorsätzlich mit „zündelnden“ Flame-Kommentaren einen verbalen Disput entfachen oder absichtlich Menschen im Internet verärgern will. Dies geschieht zur Unterhaltung des Trolls normalerweise durch das Posten entzündlicher und abschweifender, irrelevanter oder nicht themenbezogener Nachrichten und Beiträge in einer Online-Community (beispielsweise einer Newsgroup, einem Forum, einem Chatroom oder einem Blog). Ihre Kommunikation in diesen Communitys ist auf Beiträge beschränkt, die auf emotionale Provokation anderer Gesprächsteilnehmer zielen. Dies erfolgt mit der Motivation, eine emotionale Reaktion der anderen Teilnehmer zu erreichen. In darauf bezogenen Bildern wird oft der aus der Mythologie bekannte Troll dargestellt. Die entsprechende Tätigkeit wird „Trollen“ genannt.[1] EtymologieHäufig wird das Wort Trolling von der englischen Bezeichnung „trolling with bait“ hergeleitet. Diese bezeichnet eine bestimmte Technik des Fischens mit einer Schleppangel, die langsam von einem fahrenden Boot durch das Wasser gezogen wird. In der Netzkultur hat das Wort durch die Analogie zu dem metaphorischen „Ködern“ der anderen Diskussionsteilnehmer Eingang gefunden.[2] Zum ersten Mal trat das Wort in diesem Zusammenhang im Jahr 1990 auf, als es in der Newsgroup alt.folklore.urban in dem Satz „trolling for newbies“ benutzt wurde.[2] CharakterisierungSogenannte Trollbeiträge sind auf die Kommunikation im Internet beschränkt und finden sich vor allem in Diskussionsforen und Newsgroups, aber auch in Wikis und Chatrooms, auf Mailinglisten und in Blogs. Als Troll wird bezeichnet, wer absichtlich Gespräche innerhalb einer Online-Community stört.[3][4] Die Provokationen sind in der Regel unterschwellig und ohne echte Beleidigungen. Auf diese Weise vermeiden oder verzögern Trolle ihren Ausschluss aus administrierten Foren. Nach Judith Donath ist das Trollen für den Autor ein Spiel, in welchem das einzige Ziel das Erregen von möglichst erbosten und unsachlichen Antworten ist. Eine der Ursachen für das Trollen ist der Online Disinhibition Effect.
– Judith Donath: Identity and Deception in the virtual Community[5] Wissenschaftliche Literatur über das Trollen gibt es derzeit kaum. In einer Studie wurden acht Administratoren der hebräischen Wikipedia nach ihnen bekannten Trollen befragt und die Beiträge der vier meistgenannten Benutzer danach inhaltlich analysiert. Als Ergebnis wurden vier Verhaltensmuster festgehalten:
Aus den Fallanalysen ergaben sich verschiedene Motivationen der Trolle:
2013 haben die Psychologen Buckels, Trapnell und Paulhus von der University of Manitoba in Winnipeg (Kanada) die Persönlichkeit von sogenannten Internet-Trollen untersucht. Bei einer Befragung von 418 Personen, die regelmäßig eine Seite ansurften, welche zugleich die Möglichkeit bot, über Kommentare mit anderen zu kommunizieren, konnten 5,6 Prozent von ihnen als Trolle identifiziert werden und durchliefen anschließend weitere Persönlichkeitstests. Bei diesen entdeckten die Wissenschaftler dann hauptsächlich Alltagssadismus, aber auch weitere Merkmale der sogenannten Dunklen Tetrade; für Psychologen ein bestimmtes Persönlichkeitsprofil, das sich aus verschiedenen sozial unerwünschten Eigenschaften zusammensetzt (Erweiterung der Dunklen Triade zu einer Tetrade aus vier negativen Eigenschaften).[7] Besonders häufig wurde bislang ein derartiges Profil bei Menschen gefunden, die als Jugendliche, aber auch als Erwachsene, andere schikanieren. Dazu gehören außer dem Sadismus der Narzissmus, der Machiavellismus und die Psychopathie.[8][9][10] Sadistisches Vergnügen kann mit effektiven Rationalisierungsmechanismen gekoppelt sein.[11] Nahe Verwandte des Trolls in Online-Spielen sind die sogenannten Griefer.[12] Intraindividuelle Charakteristika von TrollenDiverse Studien konnten zeigen, dass Trolling insbesondere von jungen Männern praktiziert wird.[13] Untersuchungen hinsichtlich der Persönlichkeit von Personen, die zu Trolling neigen, konnten zeigen, dass insbesondere höhere Werte auf der Dimension Extraversion und niedrigere Werte auf der Dimension Verträglichkeit in Verbindung mit Trolling-Verhalten stehen.[14] Forschungsergebnisse zu der dunklen Tetrade (Dark Tetrad) zeigen, dass Menschen mit einer Neigung zum Trolling-Verhalten hohe Psychopathie- und Sadismuswerte aufweisen und sich als Zielscheibe ihrer Provokationsversuche tendenziell Menschen aussuchen, die beliebt sind und einen höheren sozialen Status besitzen.[15] Professionelles TrollenMittlerweile gibt es im Internet auch professionelle Trollaktivitäten mit dem Ziel, Propaganda/Werbung für den jeweiligen Auftraggeber zu betreiben.[16] Bekannt ist dies beispielsweise von Nordkorea[17] und Russland („Troll-Armee“).[18] Das US-Militär gab eine Software in Auftrag, welche den Anwendern erlaubte, in Fremdsprachen wie Arabisch, Farsi und Urdu Fake-Accounts zu betreiben. Ziel war die Störung von Extremismus und dessen Rekrutierungsmöglichkeiten.[19] AuswirkungenTrollbeiträge können Schaden verursachen, indem sie Diskussionen ausbremsen oder sogar das Vertrauen innerhalb einer Community zerstören. Ein weiterer Effekt, der besonders in oft von Trollbeiträgen gestörten Communitys auftritt, zeigt sich im Umgang mit Neulingen: Häufig werden tatsächlich auf Unwissenheit und Naivität beruhende Fragen als Trollbeiträge abgetan.[5] Susan Herring, Professorin für Informationswissenschaft an der Indiana University Bloomington, unterteilt Internet-Communitys in „weniger anfällig“ und „mehr anfällig“ für Trollbeiträge. So seien tendenziell solche Communitys anfälliger, die Themen abseits des Mainstream behandeln. Beispielhaft dafür seien Foren aus den Bereichen Feminismus und Religion.[20] Ende 2014 sperrten Nachrichtenportale wie sueddeutsche.de aufgrund des hohen Kommentaraufkommens durch „Trolle“[21] ihre Kommentarfunktionen oder schränkten diese ein.[22] Der Übergang von Trollerei zu digitaler Gewalt wie dem Doxing kann sich fließend zeigen. GegenmaßnahmenKommunikationsexperten empfehlen, sich zunächst eine Grundhaltung zu vergegenwärtigen: „Auf eurem Blog, in eurem Forum, auf eurer Timeline sind andere bei euch zu Gast.“[23] Wichtig ist in jedem Fall, die Ruhe zu bewahren. Spontan zu reagieren ist nicht ratsam. Ein Mittel, um Foren vor Troll-Beiträgen zu schützen, ist das Informieren der Benutzer über das Phänomen und die typischen Eigenschaften von Trollbeiträgen. Viele Internetportale und -foren begegnen dem Phänomen im Vorfeld, indem nur registrierte Nutzer (beispielsweise Autorisierung per E-Mail und weitere Daten) zugelassen werden. Dadurch ist es möglich, einzelne Trolle seitens der Administratoren zu sperren und ihre Zahl somit zu begrenzen. Einen absoluten Schutz gibt es nicht. Die anderen Teilnehmer der Diskussion können Troll-Diskussionen begegnen, indem sie auf Beiträge des Trolls grundsätzlich nicht eingehen. In der Netzkultur bezeichnet man dies mit der Phrase „Trolle bitte nicht füttern!“ (engl. „Do not feed the troll“ Den Troll nicht füttern, als Akronym DNFTT). Damit entzieht man den Trollen die Aufmerksamkeit, die sie erheischen wollen.[24] In der Regel geben die Trolle dann auf und ziehen weiter. Gelegentlich nutzen sie auch eine Sockenpuppe, um sich selbst zu füttern. Daher ist eine zusätzliche strikte Moderation hilfreich, um dem Problem zu begegnen.[20] Häufig werden von Nutzern Troll-Beiträge mit einem ASCII-Art-Fisch, auch Roter Hering genannt, beantwortet (Beispiel: Eine weitere Empfehlung lautet, nicht mit dem Troll zu reden, sondern nur über ihn, um so die Kontrolle über die Kommunikation zurückzugewinnen und ihm zu zeigen, dass sein Gegenüber nicht allein steht.[23] Wenn dennoch eine Antwort nötig erscheint (z. B. weil es nicht möglich ist, genügend viele Mitnutzer zum Ignorieren des Trolls zu bewegen), sollte sie nach den Erkenntnissen der Pädagogischen Psychologie nicht emotional, sondern möglichst rational ausfallen. Die Kommunikation sollte demnach höflich, aber klar und eindeutig sein. Statt leerer Drohungen werden klare Ansagen empfohlen, die dann auch genau so eingehalten werden.[25] Einige Moderatoren empfehlen für bestimmte Fälle, die Prinzipien der kognitiven Therapie anzuwenden.[26] Bei dieser Methode geht es darum, positiv und ruhig zu antworten, während man die Meinung des Trolls respektiert und akzeptiert. Literatur
WeblinksCommons: Troll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Troll – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
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