SchutzengelEin Schutzengel ist nach mythologischer oder religiöser Vorstellung ein zum Schutz eines Landes, eines Ortes oder einer Person zugestellter Engel.[1] Neben dem Christentum kennen auch die anderen abrahamitischen Religionen, der Islam und das Judentum, das Konzept der Schutzengel. Im Buddhismus werden die Bodhisattvas verehrt. Ebenso spielen unter anderem in der Esoterik, wie etwa in der Anthroposophie, Schutzengel eine Rolle. Auch antike sowie animistische Lokalreligionen kennen sogenannte Schutzgeister: In der römischen Religion wurden persönliche Schutzgeister Genien genannt, in der griechischen Mythologie Daimon.[2] JudentumEngel, hebr. מלאך mal’ach „Boten“, werden im Judentum durch Auslegung des Tanach und in langer Tradition meist als übernatürliche Wesen verstanden, die Gott im Himmel zur Seite stehen, aber streng von Gott (JHWH) zu unterscheiden und diesem untergeordnet sind. Sie können gelegentlich ausgewählten Menschen Gottes Willen und seine Anweisungen zu erkennen geben.[3] Im jüdischen Glauben an himmlisch-englische Wesen wird die komplexe Erklärung ihrer spirituellen Welt nicht durch ein genau zu definierendes Ordnungsschema regiert, wie es z. B. dann die Angelologie des frühen Christentums aufzubauen sucht.[4] In späteren Schriften (etwa dem Buch Daniel) finden sich Namen von Engeln, denen bestimmte Aufgaben zugewiesen sind. Ein prominentes Beispiel aus späteren Zeiten sind die Engel Senoi, Sansenoi und Semangelo. Textamulette mit den Namen der drei Engel sollten schwangere Frauen und neugeborerene Kinder vor Lilith beschützen. Dies lässt sich auf die Geschichte Liliths zurückführen, in der Gott drei Engel schickt, um Lilith zurück zu Adam zu bringen. Sie sind in dieser Aufgabe ohne Erfolg, aber Lilith gibt zu, geschaffen worden zu sein, um Kindern zu schaden. Dabei verspricht sie, Kinder in Ruhe zu lassen, die den Namen oder Antlitz der drei Engel mit sich tragen.[5] Beschreibungen von Engeln und Engellehren finden sich auch in apokryphen Schriften. So ist z. B. das Buch Henoch eine Chronik, die ausführlich über eine „Reise durch die zehn Himmel“ und über Engel, ihre Namen, ihre Aufgaben und ihre charakteristischen Eigenschaften berichtet. Die Chroniken von Henoch wurden von dem Kirchenvater Hieronymus im 4. Jahrhundert nach Christus zu Apokryphen erklärt. Das apokryphe Buch Tobit, das vermutlich aus dem 2. Jahrhundert vor Christus stammt, beschreibt das schützende Wirken des Erzengels Raphael, der Tobias auf seiner Reise begleitet. Christentum
Der klassische biblische Bezugspunkt für den Schutzengelglauben ist Mt 18,10 EU. Altkirchlichen Autoren war der Gedanke eines persönlichen Schutzgeistes (δαίμων, genius) aus ihrer antiken Umwelt vertraut, und sie fanden ihn hier biblisch bestätigt. In den klassischen Angelologien von Dionysius Areopagita und Thomas von Aquin sind Schutzengel aber von untergeordneter Bedeutung. Ihr Interesse gilt den Engeln und ihrem Wesen insgesamt; Schutzengel gehören zu den niederen Engeln.[6] Martin Luther lehnte die Lehre von Schutzengeln nicht ab, sondern kritisierte nur den Gedanken, dass die höchsten Engel sich nicht um unwichtige Menschen kümmerten. Johannes Calvin dagegen war skeptisch, ob es individuelle Schutzengel gebe; in der Folge wurde der Schutzengelglaube im Calvinismus im 17. Jahrhundert fast allgemein abgelehnt, hielt sich aber im Luthertum bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts und wurde danach symbolisch verstanden.[7] Die Verehrung der Schutzengel in der Liturgie der katholischen Kirche hat sich vor allem im 15. und 16. Jahrhundert verbreitet. Dies geschah zunächst in Verbindung mit dem Fest des Erzengels Michael am 29. September; er gilt im Judentum mit Gabriel als Fürbitter und Schutzengel des Volkes Israel. 1670 legte Papst Clemens X. das Schutzengelfest für die katholische Kirche auf den 2. Oktober fest. Im Katholischen Erwachsenen-Katechismus heißt es zu den Schutzengeln:
– Katholischer Erwachsenenkatechismus[8] In der darstellenden Kunst findet sich das Schutzengelmotiv seit der Renaissance in zahlreichen Bildwerken wieder. Eine der bekanntesten plastischen Darstellungen aus dem Barock ist die Schutzengelstatue von Ignaz Günther (um 1763) in der Münchener Bürgersaalkirche. Eine Hochblüte erlebte das Bildthema in der Kunst des 19. Jahrhunderts. Vor allem bei den späten Nazarenern wurde es sehr beliebt und später in die religiöse Salonmalerei übernommen. Im Gegensatz zum mittelalterlichen Bildtypus trat der religiöse Charakter der Bilder zunehmend in den Hintergrund und wurde als künstlerisches Motiv im populären Wandschmuck ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert durch die sogenannten Schutzengelbilder in beiden Konfessionen zunehmend beliebter. Dem Schutzengelkonzept gegenüber steht die Tradition des unheilbringenden Engels, wie es noch die spanische La Foncalada belegt. Schutzengelglauben in DeutschlandEine Befragung des Meinungsforschungsinstitutes Forsa im Auftrag des Magazins Geo ergab 2005, dass in etwa zwei Drittel aller Deutschen an Schutzengel glauben.[9] Der Religionspsychologe Sebastian Murken sieht darin einen „Beweis für die Sehnsucht nach persönlicher Fürsorge“. Die Tatsache, dass mehr Menschen an Schutzengel als an einen Gott glaubten, sieht die Theologin Christa A. Thiel darin begründet, dass Engel „greifbarer als Gott“ seien.[10] In der Sinus-Studie über die Katholiken in Deutschland wurde ein stärkerer Schutzengelglaube sowie Interesse an Esoterik und Spiritismus in der Gruppe der ansonsten eher kirchenfernen „Konsum-Materialisten“ sowie „Hedonisten“ festgestellt.[11] IslamSiehe auch
Literatur
WeblinksCommons: Schutzengel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schutzengel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
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