Sanktionen gegen Russland seit dem Überfall auf die UkraineSeit Februar 2022 wurden Sanktionen gegen Russland infolge des Überfalls auf die Ukraine erlassen; diese verschärfen die zu dem Zeitpunkt bereits bestehenden Sanktionen seit 2014 gegen Russland. Die Sanktionen betreffen auch die Krim als völkerrechtlich ukrainischen Landesteil, der von Russland annektiert wurde, sowie die zwei von Russland als unabhängig anerkannten selbsternannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk. Bis zum Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 waren etwa 2.500 Sanktionen in Kraft; seither kamen bis Ende Februar 2024 in bis dahin dreizehn Sanktionspaketen weitere hinzu. ZielsetzungEin Ziel der Sanktionen ist es, die russische Wirtschaft zu schwächen, um damit die wirtschaftlichen Kosten des Krieges für Russland zu erhöhen. Dazu soll das Land großteils vom internationalen Finanzsystem abgeschnitten werden, so dass Russland seine großen Devisenreserven nicht nutzen kann. Eine Folge der Maßnahmen war ein entsprechender temporärer Fall der russischen Währung, des Rubels.[1] Die US-amerikanischen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Fitch und Moody’s stuften die russische Wirtschaft entsprechend mehrmals herab.[2] Über 1000 Unternehmen aus der ganzen Welt haben ihre Geschäftsaktivitäten in Russland reduziert oder beendet (Stand: 1. August 2023).[3][4] Weitere Ziele sind, den Konflikt spürbar zu machen sowohl für die russische Bevölkerung, als auch gezielt für Schlüsselpersonen und deren Familienangehörige, die dem Regime um Wladimir Putin nahe stehen, um auch auf diesem Weg den Druck auf das Regime zu erhöhen. Dies soll durch ein EU-Einreiseverbot sowie Einschränkungen in den Bereichen Import, internationaler Flugverkehr o. ä. geschehen. Die Vermögenswerte sanktionierter Oligarchen in Deutschland zu identifizieren bereitet noch Schwierigkeiten, da die Eigentümer von Flugzeugen, Luxusjachten oder Immobilien[5] sich regelmäßig hinter Unternehmenskonstruktionen verstecken, die mehrere Briefkastenfirmen beinhalten, die in unterschiedlichen Steueroasen registriert sind. Das Netzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) veröffentlicht seine Informationen zu mutmaßlichen und abgeschlossenen Fällen von Korruption und organisierter Kriminalität über die eigene Website auf Englisch und Russisch. Die Panama Papers, die Paradise Papers sowie die Pandora Papers belegen, dass russische Oligarchen aus Putins Umfeld ihr tatsächliches Vermögen verschleiert haben.[6] Bis Ende April 2022 sind etwa 400 russische Diplomaten aus ihren jeweiligen Einsatzländern ausgewiesen worden.[7] Russland versucht die Sanktionen als nutzlos darzustellen; von Bloomberg geprüfte interne Dokumente Russlands von Ende August 2022 widersprechen jedoch den steten „optimistischen öffentlichen (russischen) Äußerungen“.[8] Das Finanzministerium der Russischen Föderation habe die direkten Verluste durch Sanktionen auf Hunderte von Milliarden Dollar geschätzt.[9] VorgeschichteDer russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag von 1997 enthält die Verpflichtung beider Seiten, nichts zu tun, was Bedrohungen oder Sicherheitsrisiken für die andere Seite bedeute. In diesem Vertrag war die Grenze zwischen der Ukraine und Russland festgelegt worden. Schon vor dem Konflikt mit der Ukraine ermittelte das internationale Journalistennetzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), dass eine Gruppe von etwa 500 Personen, darunter Oligarchen, Moskauer Bankiers und Mitarbeiter des Geheimdienstes FSB Gelder ins Ausland transferierten. Als Russischer Waschsalon werden aufgedeckte Geldwäscheprozeduren bezeichnet, bei denen in den Jahren von 2010 bis 2014 Schwarzgeld im Wert von umgerechnet zwischen 22 und 80 Milliarden US-Dollar über die Republik Moldau, Lettland und Estland in Großbritannien und 95 weiteren Staaten gewaschen wurde. Das internationale Journalistennetzwerk wurde erstmals 2014 auf den systematischen Betrug aufmerksam. Bereits vor 2014 haben verschiedene Staaten Sanktionen gegen Russland verhängt. Ein Beispiel ist der Magnitsky Act der USA vom Dezember 2012. Er war gegen russische Funktionäre gerichtet, die für den Tod von Sergei Magnitski (2009) verantwortlich waren. Diese Personen durften nicht mehr in die USA reisen oder dessen Banksystem verwenden. Am 7. Februar 2019 verankerte die Werchowna Rada in der Verfassung der Ukraine die strategische Orientierung des Landes zum vollständigen Beitritt zur NATO sowie zur Europäischen Union.[10] Putin und seine Berater, beispielsweise Sergei Karaganow, postulierten eine Art „Russophobie“, die ein Ausmaß wie der Antisemitismus zwischen den Weltkriegen erreicht habe. Es wurde von tiefen Spaltungen und strukturellen Problemen innerhalb der westlichen Gesellschaften gesprochen, und daher fühle man sich bedroht.[11] Der Krieg in der Ukraine seit 2014 belastet die Beziehungen zwischen Russland und den meisten Staaten stark. Wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine sorgte der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR Sergei Naryschkin für internationale Beachtung, weil er sichtlich zitterte, stotterte und sich versprach, als Putin ihn bei einer öffentlichen Sitzung des Sicherheitsrates zur Anerkennung der „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk befragte.[12][13][14][15] Putin kanzelte dabei den SWR-Chef oberlehrerhaft ab.[16][17] Das Ereignis wurde im streng kontrollierten russischen Staatsfernsehen als Aufzeichnung ausgestrahlt, was von Beobachtern als gewollte Herabsetzung von Naryschkin durch Putin gewertet wurde.[18] Der Kreml-Berater Karaganow, laut Armin Wolf einer der wichtigsten außenpolitischen Vordenker Russlands, erklärt das mit der geplanten Umstrukturierung der russischen Elite und der russischen Gesellschaft. Sie solle zu einer militanteren und nationaleren Gesellschaft werden, die nicht-patriotische Elemente aus der Elite verdrängen wird. Man habe den Krieg daher als Mittel gewählt.[11] Russland sei bereit, Opfer zu bringen, um ein tragfähigeres und faireres internationales System aufzubauen. Russland spräche zwar über die Ukraine, aber es wolle wirklich ein anderes System als das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstandene, da dieses bald seinerseits zusammenbrechen werde. Am 24. Februar lud Putin führende Oligarchen und weitere Mitglieder des engsten Kreises in den Kreml, darunter Igor Setschin, Nikolaj Tokarew sowie Dmitri Masepin, und erklärte, dass jeder, der Geschäfte mit Unternehmen vermeidet, die sanktioniert wurden, nach dem Gesetz bestraft werden würde.[19] Seit dem Kriegsbeginn Ende Februar 2014 haben sich zahlreiche Länder für Sanktionen gegen Russland entschieden. Auch die Europäische Union und andere internationale Organisationen haben Sanktionen verhängt, die sich gegen Individuen, Unternehmen und Funktionäre aus Russland und der Ukraine richten. Im Januar 2022 hat die EU angekündigt, dass die Sanktionen zumindest bis Ende Juli 2022 verlängert werden.[20] Russland hat seinerseits mit Sanktionen gegen eine Reihe von Ländern geantwortet. Zum Beispiel dürfen Lebensmittel aus der EU, den Vereinigten Staaten, Kanada, Norwegen und Japan nicht eingeführt werden.[21] Die Sanktionen haben zum Niedergang der russischen Währung und zur russischen Finanzkrise 2014–2016 beigetragen. Andererseits hat auch eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten wirtschaftlichen Schaden erlitten.[22] Die USA, Kanada, die EU und weitere europäische Länder (auch die Ukraine) haben außerdem Wirtschaftssanktionen verhängt, die sich konkret gegen die Krim richten. Demnach dürfen bestimmte Waren und Technologien aus verschiedenen Bereichen nicht verkauft oder zur Verfügung gestellt werden. Ferner sind Dienstleistungen im Bereich Tourismus und Infrastruktur betroffen. Kreuzfahrtschiffe dürfen sieben aufgelistete Häfen nicht anlaufen.[23] Einzelpersonen der Krim unterliegen Reisebeschränkungen und einem Einfrieren der Vermögen. Kritisch über Sanktionen hatten sich innerhalb der EU Ungarn, Italien, Griechenland, Frankreich, Zypern und die Slowakei geäußert.[24] Im Juni 2017 hatten Deutschland und Österreich den amerikanischen Senat wegen neuer Sanktionen gegen Russland kritisiert, da diese gegen die Gasleitung Nord Stream 2 gerichtet seien. Das Genehmigungsverfahren für die Pipeline Nord Stream 2 wurde inzwischen seitens Deutschland ausgesetzt. Laut Modellierungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) würde eine vollständige Entflechtung des europäischen und des russischen Wirtschaftsraumes einen Schaden für die russische Volkswirtschaft im Umfang von 10 % bedeuten, für die europäische allerdings lediglich Einbußen von 0,17 %. Allerdings seien in Deutschland rund 250.000 Arbeitsplätze von Exporten nach Russland abhängig.[25][26] Sanktionen durch StaatengemeinschaftenAls Antwort auf den Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 froren die EU-Mitgliedsstaaten sowie die USA und die Schweiz etwa 60 % der 630 Milliarden US-Dollar umfassenden Währungsreserven der russischen Zentralbank ein.[27][28] Nämlich den Teil der Reserven, der in Euro, US-Dollar, Sterling und weiteren Währungen als Buchgeld bei europäischen und amerikanischen Banken eingelagert ist.[29] Nach Worten Janet Yellens waren Putin und sein innerer Zirkel von diesen Finanzreserven abhängig, um die Invasion zu finanzieren.[30] Nach Informationen der New York Times ging dieser weitreichende Schritt auf Björn Seibert, Kabinettschef der Präsidentin der Europäischen Union, zurück, der ihn durch Absprachen mit den einzelnen Staaten der EU seit Januar vorbereitete.[31][32] Nach Einschätzung des hohen ehemaligen BND-Geheimdienstmitarbeiters Gerhard Konrad war wiederum diese Überzeugungsarbeit nur möglich, weil die US-amerikanische Regierung ihre Erkenntnisse zur bevorstehenden Invasion offensiv teilte[33] bis hin zur Warnung der Öffentlichkeit im Februar 2022.[34] EinordnungenUnter anderem Sergej Gurjew sah im September 2022 bereits Einschränkungen in den finanziellen Möglichkeiten Russlands. Der komplette Ausstieg Europas aus dem Kauf russischen Öls werde ab Dezember noch mehr die Möglichkeiten beschränken, den Krieg zu finanzieren. Das Bild des unbesiegbaren Putin werde in der Gesellschaft Risse bekommen, sobald Russland Geld sparen müsse.[35] Andere Einschätzungen gingen von einem Einbruch um die Hälfte bei Russlands Ölindustrie aus – während der Rest der Welt „den Verlust des russischen Ölgeschäfts trotz der Panik, die kremlfreundliche Propagandisten zu schüren versuchen, relativ leicht tragen“ werden.[36] Es gibt allerdings Bereiche, in denen Sanktionen gegen Russland aussichtslos sind. Beispielsweise sind die USA, obwohl sie über genug Roh-Uran verfügen, selbst 2023 immer noch in erheblichem Maße auf russische Urananreicherungsanlagen zur Herstellung von Kernbrennstoff angewiesen und zahlten Rosatom dafür im Jahr 2022 knapp 1 Milliarde Dollar. Von Rosatom werden fast 50 % des weltweit verbrauchten Kernbrennstoffs angereichert.[37] Beschlüsse der Europäischen UnionSeit dem 23. Februar 2022 hat die Europäische Union insgesamt zehn Sanktionspakete gegen Russland und Belarus beschlossen.[38][39][40][41] Bisher wurden Vermögenswerte im Wert von 29,5 Mrd. Euro russischer und belarussischer Oligarchen und Unternehmen eingefroren, darunter Jets, Yachten, Hubschrauber, Immobilien und Kunstwerke im Wert von fast 6,7 Mrd. Euro. Darüber hinaus wurden Transaktionen im Wert von rund 196 Milliarden Euro blockiert.[42]
Beschlüsse vom 23. Februar 2022 – Erstes SanktionspaketBereits am 23. Februar 2022, zwei Tage nach der Anerkennung der „Volksrepubliken“ im Donbas durch Russland und einen Tag vor dem Beginn der russischen Invasion der Ukraine, erließ der Rat der Europäischen Union den Ratsbeschluss 2022/265[43] mit Sanktionen gegen 22 Personen und 4 Unternehmen, die im Verdacht standen, dieser Zuspitzung des Konfliktes Vorschub geleistet zu haben.[44] Minister/Politiker
Militär
Banker
Weitere
Desinformationsakteure
Banken und Putinbots
Noch am selben 23. Februar 2022 wurde mit Ratsbeschluss 2022/267[45] die Liste um weitere 336 Personen, die Duma-Abgeordneten, die für die Anerkennung der beiden Republiken im Donbas gestimmt hatten, erweitert. Sanktionspaket vom 25. Februar 2022Am 25. Februar 2022 haben die Staats- und Regierungschefs der EU einen Sondergipfel abgehalten. Bei den sechsstündigen Beratungen war der ukrainische Präsident Selenskyj zugeschaltet. Sie stimmten Strafmaßnahmen gegen Russland in den Bereichen Energie, Finanzen und Transport zu. Bestimmte Produkte sollen nicht mehr exportiert werden. Ferner gibt es Einschränkungen mit Blick auf Visa. Sanktionen zu SWIFT blieben außerhalb des Maßnahmenpaketes, weil Deutschland, Österreich und weitere Länder dies abgelehnt hatten. Laut dem österreichischen Bundeskanzler Nehammer könne Russland zu anderen Transaktionssystemen anstelle von SWIFT wechseln.[44][46] Das Sanktionspaket vom 25. Februar soll dafür sorgen, dass russische Banken in der EU kein Geld mehr leihen oder verleihen können. Russische Staatsunternehmen sollen sich nicht in der EU refinanzieren können, ihre Aktien nicht mehr gehandelt werden. Die russische Luftverkehrsbranche soll keine Ersatzteile und weitere Technik mehr erhalten. Die Ausfuhr von Hochtechnologie-Gütern und Software soll kontrolliert werden. Ziel sei es laut EU, dass mittel- und langfristig russische Industrien in ihrer Entwicklung gehemmt werden.[46] Persönliche Sanktionen ohne ein Reiseverbot wurden verhängt über
Deutschland erklärte am 26. Februar als letztes EU-Mitgliedsland, dass es doch noch Maßnahmen mit Blick auf das SWIFT-System zustimmen wird. Es solle „gezielte und funktionale“ Beschränkungen für Russland geben, so dass sie „die Richtigen“ treffen. Zuvor hatte Bundesaußenministerin Baerbock vor diesem Schritt gewarnt: Ein Ausschluss Russlands von SWIFT könne „massive Kollateralschäden“ zur Folge haben und zu Energie-Engpässen (in Deutschland) führen.[48] Sieben russische Banken sind vom SWIFT-Ausschluss betroffen. Die größte russische Bank, Sberbank, gehört nicht dazu,[49] jedoch ihr in Europa ansässiges Tochterunternehmen.[50] Beschlüsse vom 28. Februar – Zweites SanktionspaketAm 28. Februar verhängte die EU mit Beschluss 2022/336[51] Sanktionen gegen die folgenden 26 russischen Oligarchen, Politiker und deren Familienangehörige und eine Aktiengesellschaft:[44] Im April 2024 wurden zwei Personen nach Gerichtsbeschluss von der Liste gestrichen.[52] Oligarchen/Unternehmer
Enge Mitarbeiter Putins
Russische Eisenbahnen
Organisationen
Desinformationsakteure
Militärführer
BankerUnternehmen
Beschlüsse vom 1. bis 9. März 2022 – Drittes Sanktionspaket(Quelle:[44])
Am 1. März 2022 verhängte der Rat der EU mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/345[54] Sanktionen gegen sieben Banken, am 2. März mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/353[55] Einreise- und Vermögenssperren gegen 22 hochrangige belarussische Militärs.
Am 9. März 2022 verhängte die EU mit Durchführungsverordnung (EU) 2022/396[57] die gleichen Sanktionen gegen 160 weitere Personen (darunter 146 Mitglieder des Föderationsrats). Die 14 anderen Personen sind:[56]
Bis zum 10. März hatte die EU 675 Personen wegen der russischen Invasion in der Ukraine direkt sanktioniert.[59] Zugänge Stand 10. März 2022[60]
Beschlüsse vom 15. März 2022 – Viertes SanktionspaketMit Verordnung (EU) 2022/428,[61] Ratsbeschluss 2022/429[62] und Beschluss 2022/430[63] (alle vom 15. März 2022) setzte die EU ihr viertes großes Sanktionspaket gegen Russland in Kraft, u. a. wurden Geschäfte mit bestimmten russischen, mehrheitlich staatseigenen Firmen untersagt, Einfuhrbeschränkungen für bestimmte Produkte der russischen Eisen- und Stahlindustrie sowie ein umfassendes Verbot neuer Investitionen in den russischen Energiesektor erlassen.[44][64] Es umfasst auch eine Ausfuhrsperre für Luxusgüter nach Russland, von der beispielsweise neben Kunstwerken und teuren Uhren auch Autos im Wert von mehr als 50 000 Euro betroffen sind. Mit dem Sanktionspaket ist auch ein Verbot an europäische Ratingagenturen erlassen worden, den russischen Staat und russische Unternehmen zu bewerten.[65] Die bisherige Liste von 878 sanktionierten Einzelpersonen wurde um weitere 15 Personen erweitert, darunter:
Die bisherige Liste von 56 sanktionierten Organisationen wurde um die folgenden neun erweitert:
Beschlüsse vom 8. April 2022 – Fünftes SanktionspaketMit EU-Verordnung 2022/576 des Rates vom 8. April 2022[67] wurde ein Importverbot für Steinkohle und Braunkohle aus Russland mit einer viermonatigen Übergangszeit sowie von Holz, Zement, Gummiprodukten, erlesenen Meeresfrüchten (auch Kaviar), Spirituosen (auch Wodka) sowie von sonstigen alkoholischen Getränken beschlossen.[44] Zuvor war bereits ein Importstop von Stahl und Eisen ergangen.[68][69][70] Für vier russische Banken, die Otkrytije (vormals NOMOS Bank), Nowikombank (Tochtergesellschaft von Rostec), Sowkombank (vormals Buycombank) sowie die VTB-Bank, wurde ein vollständiges Transaktionsverbot verhängt, ihre Vermögenswerte wurden eingefroren. Für russische und belarussische Speditionen wurde ein vollständiges Tätigkeitsverbot in der EU verhängt, mit bestimmten Ausnahmen für lebensnotwendige Güter wie Agrarprodukte, Lebensmittel, Energie und humanitäre Hilfe. Für Schiffe unter russischer Flagge wurde das Einlaufen in EU-Häfen verboten, mit bestimmten Ausnahmen für medizinische Güter, Lebensmittel, Energie und humanitäre Hilfe. Die Ausfuhr von High-Tech-Produkten wie Produkte für Quanteninformatik, Halbleiter, sensible technische Geräte, Transportmittel, Chemikalien, Katalysatoren für Raffinerien, Flugturbinenkraftstoff und Kraftstoffadditiven, die von der russischen Armee verwendet werden können, wurde verboten. Dieses Sanktionspaket umfasste auch einen Exportstopp von Teilen für in Russland stehende LNG-Anlagen. Der Import von LNG russischen Ursprungs wurde hingegen nicht blockiert.[71] Mit Verordnung (EU) 2022/577[72] wurden restriktive Maßnahmen bezüglich des Verkaufs von Banknoten (mit Ausnahmen) und Wertpapieren an belarussische Staatsangehörige, in Belarus ansässige natürliche Personen, niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen verhängt. Im Gebiet der Union gilt für belarussische Kraftverkehrsunternehmen (Ausnahme Post) ein Beförderungsverbot auf Straßen. Mit Durchführungsverordnung 2022/580[73] wurden Ausnahmen im Geldverkehr geregelt. Mit Durchführungsverordnung 2022/581[74] und 2022/582[75] wurde die Liste um 216 Personen und 18 Organisationen erweitert. Oligarchen
Donezk und Luhansk
Marine
Die restriktiven Maßnahmen der EU gelten nunmehr für insgesamt 1091 Personen und 80 Organisationen. Beschlüsse vom 21. April 2022Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/658 des Rates vom 21. April 2022 wurde die Sanktionsliste (Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014) um zwei Personen erweitert:
Die restriktiven Maßnahmen der EU gelten nunmehr für insgesamt 1093 Personen und 80 Organisationen. Beschlüsse vom 3. Juni 2022 – Sechstes SanktionspaketAm 3. Juni 2022 setzte die EU ihr sechstes Sanktionspaket gegen Russland und Belarus (Verordnung (EU) 2022/876 bis 885)[76] in Kraft. Die zunächst gegen Kyrill I., den Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche, geplanten Sanktionen wurden fallengelassen.
64. Garde-Mot-SchützenbrigadeKommandeur
Oberste
Oberstleutnants
Weitere
Beschlüsse vom 21. Juli 2022 – Siebtes SanktionspaketDie Verordnung (EU) Nr. 833/2014 wurde durch die Verordnungen (EU) 2022/1269 und 2022/1272 vom 21. Juli 2022 angepasst:[44][89]
Die Maßnahmen betreffen insbesondere:
Beschlüsse vom 4. August 2022 und 1. September 2022Der Rat nahm folgende Personen in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, auf:[44]
Beschlüsse vom 6. Oktober 2022 – Achtes SanktionspaketDer Rat der EU verhängte am 6. Oktober 2022 restriktive Maßnahmen gegen 30 weitere natürliche Personen, darunter Alexander Geljewitsch Dugin, sowie sieben juristische Personen (Durchführungsverordnung 2022/1906 des Rates). Zu diesen gehören:[44]
Somit wurden die personenbezogenen restriktiven Maßnahmen, die erstmals 2014 beschlossen wurden, auf insgesamt 1.236 Einzelpersonen und 115 juristische Personen ausgeweitet.[100] Beschlüsse vom 12. bis 16. Dezember 2022 – Neuntes SanktionspaketDer Rat der EU verhängte mit den Beschlüssen 2022/2432[101] und 2022/2478[102] eine Reihe von Maßnahmen:[44]
Mit Beschluss 2022/2477 vom 16. Dezember 2022[103] wurden Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen fast 200 weitere Personen und Einrichtungen verhängt,[104] darunter:
Beschlüsse vom 24. Februar 2023 – Zehntes SanktionspaketAm 24. Februar 2023 verabschiedete die EU-Kommission ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland.[108][44]
Mit Stand 26. Mai 2023 sind zehn russische und vier belarussische Banken vom SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen.[112] Beschlüsse vom Juni 2023 – Elftes SanktionspaketIm Juni 2023 verabschiedete die EU-Kommission ein elftes Sanktionspaket gegen Russland. Es umfasste beispielsweise ein Instrument gegen die Umgehung von bereits erlassenen Sanktionen.[44] Beschlüsse vom 14. Dezember 2023 – Zwölftes SanktionspaketAm 14. Dezember 2023 verabschiedete die EU-Kommission ein zwölftes Sanktionspaket gegen Russland. Es beinhaltet ein Einführverbot von russischen Diamanten und verschärft Handelsbedingungen beim Kauf von russischen Erdöl.[113] Beschlüsse vom 21. Februar 2024 – Dreizehntes SanktionspaketAm 21. Februar 2024 verabschiedete die EU-Kommission ein dreizehntes Sanktionspaket gegen Russland. Die Zahl der sanktionierten Personen erhöhte sich um 106, die Zahl der sanktionierten Unternehmen um 88. Ebenso wurden Entitäten in Drittländern sanktioniert, die Russland militärisch unterstützen.[113] Durchführung und UmsetzungDie EU-Sanktionsverordnungen enthalten stets eine Bestimmung, mit der die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nationale Vorschriften zu erlassen, die wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen Sanktionsverbote vorsehen. Denn für die Durchführung und Durchsetzung von EU-Sanktionen sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die mitgliedstaatlichen Systeme zur Durchsetzung von EU-Sanktionen und zur Verfolgung von Sanktionsverstößen weichen jedoch mangels EU-weiter Harmonisierung teilweise erheblich voneinander ab. Deshalb soll das Sanktionsstrafrecht EU-weit durch einen entsprechenden Ratsbeschluss harmonisiert werden und in allen EU-Mitgliedstaaten baldmöglichst gleiche Mindeststandards für die Definition und Verfolgbarkeit von Verstößen gegen EU-Sanktionen gelten.[114] Art. 83 AEUV soll künftig lauten: „Der Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union ist ein Kriminalitätsbereich im Sinne des Artikels 83 Absatz 1 Unterabsatz 2 AEUV.“ Bundestag und Bundesrat haben dieser Kompetenzerweiterung mit Gesetz vom 13. Oktober 2022 zugestimmt.[115][116] Beschlüsse einzelner StaatenMitgliedsstaaten der EUDeutschlandAm 4. April 2022 beschloss die Bundesregierung, 40 Angehörige der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären und auszuweisen.[117][118] Mit dem Ersten Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz I) vom 23. Mai 2022[119] wurde ein „speziell auf die Sanktionsdurchsetzung abgestimmtes Rechtsrahmen geschaffen.“ Für den wirkungsstarken operativen Vollzug der EU-Verordnungen, die auf Grundlage von Beschlüssen des Rates der EU im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen worden sind, wurden die dafür erforderlichen Datenzugriffs- und Datenaustauschbefugnisse der nationalen Behörden auf Bundes- und Länderebene geschaffen, außerdem Befugnisse zur Ermittlung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen sowie zu deren Sicherung bei drohender Vermögensverschiebung.[120] BulgarienUnter anderem wiesen die baltischen Staaten und Bulgarien (teilweise wegen Spionageverdachts) russische Diplomaten aus.[121] FinnlandAm 6. April 2022 hat die finnische Eisenbahn, VR-Yhtymä (VR) beschlossen, geordnet, aber schnellstmöglich, den Schienengüterverkehr mit Russland einzustellen.[122] FrankreichAm 21. März 2022 fror Frankreich Vermögen russischer Oligarchen im Wert von rund 850 Millionen ein. Darunter Immobilien im Wert von 539 Millionen Euro, 150 Millionen Euro auf Privatkonten französischer Banken sowie zwei Jachten im Wert von 150 Millionen Euro.[123] LitauenLTG Cargo, eine Tochter der litauischen Staatsbahn LTG, hat am 7. März 2022 die Vermietung ihrer Flachwagen an die russische (RZD) und die belarussische Eisenbahn (BC) ausgesetzt. Solche Wagen dürfen im grenzüberschreitenden Verkehr mit diesen Staaten auch nicht mehr eingesetzt werden. Mit solchen Flachwagen kann schweres Gerät, etwa Panzer, befördert werden.[124] Am 18. Juni 2022 verhängte Litauen ein Verbot des Transports von sanktionierten Gütern zwischen Russland und seiner Ostsee-Exklave Kaliningrad. Davon betroffen sind Kohle, Metalle, Baumaterialien und Hochtechnologieprodukte, die ungefähr 50 Prozent des Bahntransits (mit bisher drei täglichen Güterzügen) betreffen.[125] Am 11. Juli verschärfte das Land die Transitbeschränkungen durch die Ausweitung auf weitere Waren wie Beton, Holz und Alkohol. Es ist noch nicht geklärt, ob diese Maßnahmen durch die EU-Sanktionen gedeckt werden, da der Transitverkehr als inner-russisch angesehen werden kann. Sie veranlassten jedoch Russland und Belarus über gemeinsame Maßnahmen als Reaktion auf die Transitbeschränkungen nachzudenken. Zudem forderte der Gouverneur des Kaliningrader Gebiets, Anton Andrejewitsch Alichanow, ein Verbot des Warenverkehrs zwischen den drei baltischen Staaten und Russland, wobei Kaliningrad jedoch ausgenommen sein soll.[126] Diese Drohungen und die Sicherstellung der einheitlichen Behandlung der Hoheitsgebiete der EU-Mitgliedstaaten veranlasste die EU-Kommission am 13. Juli 2022 auch auf Drängen Deutschlands Leitlinien zum Gütertransit zwischen Russland und der Exklave Kaliningrad zu erstellen. Diese sehen vor, dass Russland auf der Sanktionsliste stehende zivile Güter per Bahn ohne große Einschränkungen im Transit durch Litauen befördern darf. Allerdings dürfen keine Güter transportiert werden, die auch militärisch genutzt werden können. Weiterhin verboten bleibt der Straßentransport von russischen Speditionen durch EU-Territorium.[127] PolenPolen verwies am 23. März 45 Diplomaten Moskaus des Landes, um laut dem Innenminister Mariusz Kamiński „das Netz russischer Dienste“ zu beseitigen.[128] Nach Anordnungen der polnischen Regierung müssen die Aktivitäten der zwei Tochtergesellschaften der Sulzer AG in Polen mit sofortiger Wirkung eingestellt werden, wie im Mai 2022 bekannt wurde.[129] Andere europäische StaatenSchweizAm 28. Februar 2022 beschloss der Schweizerische Bundesrat trotz größter Bedenken betreffend der schweizerischen Neutralität, die Sanktionspakete der EU von 2014 sowie vom 23. und 25. Februar 2022 zu übernehmen.[130] Der Angriff sei „völkerrechtlich nicht hinzunehmen, politisch nicht hinzunehmen und moralisch nicht hinzunehmen“, begründete der Bundespräsident Ignazio Cassis diesen in diesem Umfang einmaligen Schritt und resümierte „Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral“.[131] Bis dahin hatte die Schweiz seit 2014 keine Sanktionen verfügt, sondern den „Courant Normal“, das heißt eine Verhinderung von Umgehungsgeschäften. Nicht betroffen davon war die Lieferung von eigenen Produkten; so stieg die Ausfuhr von Käse nach Russland im Jahr 2014 um mehr als das Doppelte auf etwa 1200 Tonnen und verblieb bis 2016 auf diesem Niveau. Danach stieg der Käse-Export bis auf 3118 Tonnen im Jahr 2020, diese 30 Millionen Franken standen für rund 4 Prozent der weltweiten Exporte. Insgesamt waren 2020 aus der Schweiz landwirtschaftliche Produkte im Wert von 250 Millionen Franken nach Russland ausgeführt worden,[132] das waren 2,5 Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtausfuhr.[133] Am 24. März wurde bekannt, dass die Schweiz den Sanktionen der EU gegen Russland folgt. Gesperrt wurden die Vermögenswerte von 874 Russen und 62 russischen Unternehmen. Bei den nun in der Schweiz gesperrten Geldern und Vermögenswerten handele es sich mehrheitlich um Bankguthaben. Sie betragen etwa 6 Milliarden Franken. Das Vermögen verteile sich auf zehn bis zwanzig sanktionierte Russen. Erwin Bollinger vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) erläuterte, dabei handle es sich um eine Momentaufnahme und es sei mit weiteren Meldungen zu rechnen. Bei Liegenschaften und Kunstwerken in diversen Tourismuskantonen sei der Wert nicht einfach zu schätzen. Bern gab den Oligarchen Pjotr Awen als Besitzer einer Ferienwohnung in einem luxuriösen Hotelkomplex in Gstaad an.[134] Das Schweizer Fernsehen SRF berichtete von einer leerstehenden Villa Andrei Melnitschenkos in St. Moritz. Melnitschenko soll seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz angemeldet haben.[135] Sein Unternehmen EuroChem, mit Hauptsitz in Zug, wurde kurz vor der Sanktionierung auf seine Frau überschrieben.[136] Bis zum 7. April sind rund 7,5 Milliarden Franken – umgerechnet 7,3 Milliarden Euro – an russischen Geldern und Vermögenswerten in der Schweiz gesperrt worden. Damit habe die Schweiz nach Behördenangaben so viel Gelder gesperrt, wie kein anderes Land.[137] Derzeit ist eine Interpellation von Kilian Baumann hängig, welche vom Bundesrat u. a. wissen möchte, ob gewisse Geschäfte von Syngenta mit Russland unter das Schweizer bzw. das EU-Embargo gegen Russland fallen.[138] Am 10. Juni 2022 teilte die Regierung mit, dass die Schweiz das Öl-Embargo und die Beschlüsse der EU vom 3. Juni 2022 (sechste Sanktionspaket) gegenüber Russland und Belarus übernimmt. Die Sanktionen sollen schrittweise bis Anfang 2023 in Kraft treten.[139] Der Import von Gold aus Russland hat in der Schweiz seit Ausbruch des Kriegs markant zugenommen. Die Pharmahersteller in der Schweiz konnten hingegen am meisten von den steigenden Exporten nach Russland profitieren. Das Handelsvolumen insgesamt zwischen der Schweiz und Russland legte um 19 Prozent zu.[140] Indes gelangen viele westliche Produkte über den Umweg der Türkei nach Russland.[141] Nach wie vor treiben aber einige Schweizer Unternehmen uneingeschränkt Geschäfte in Russland, z. B. die Ems-Chemie.[136] NorwegenDer Staatliche Pensionsfonds Norwegens erklärte im Februar 2022, er werde seine Investitionen in Russland, die Ende 2021 ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro hatten, von dort abziehen.[142] UkraineDie Ukraine stellte am 24. Februar faktisch die Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation ein und verhängte am 9. April ein komplettes Handelsembargo gegen Russland. Die Verluste Moskaus aus dem Boykott werden auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro geschätzt. Ein Teilimportstopp für russische Waren galt bereits seit 2015. Es werden aber weiterhin täglich mehr als 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases durch die Ukraine nach West- und Südosteuropa geleitet. Zum Jahreswechsel 2024/25 stellte die Ukraine, lange zuvor angekündigt und mit der EU abgesprochen, die jahrzehntelange Durchleitung russischen Erdgases nach Europa ein. Sie ließ den entsprechenden, zuletzt im Dezember 2019 geschlossenen Gastransitvertrag mit Gasprom auslaufen.[143] Der Ukraine entgehen dadurch zwar Durchleitungsgebühren in Höhe von umgerechnet 770 Millionen Euro pro Jahr, wichtiger ist ihr jedoch , Russland von den jährlichen Einnahmen in Höhe von knapp 5 Milliarden Euro durch den Verkauf des durch die Ukraine geleiteten Gases abzuschneiden.[144] Vereinigtes KönigreichDas Vereinigte Königreich hat am 24. Februar 2022 angekündigt, dass (weitere) russische Geschäftsleute ihre Konten nicht mehr im Banken- und Rüstungssektor verwenden können sollen.[145] Einen Tag später wurden die Sanktionen verschärft. Die Liste vom 22. Februar, durch die zehn Einzelpersonen und elf Unternehmen sanktioniert wurden, wurde um Wladimir Putin und Sergei Lawrow erweitert. Putin ist der Präsident, Lawrow der Außenminister Russlands. Künftig sollen hunderte weiterer Mitglieder der Staatsduma sanktioniert werden. Sie werden von allen Transaktionen mit Großbritannien ausgeschlossen.[146] Wegen ihrer Unterstützung des russischen Einmarschs in der Ukraine belegte das Vereinigte Königreich vier führende Vertreter des belarussischen Militärs mit Sanktionen. Betroffen sind Generalstabschef und erster stellvertretender Verteidigungsminister Wiktor Gulewitsch sowie drei weitere Generalmajore und Vize-Verteidigungsminister. Sie wurden mit einem Einreiseverbot belegt und ihre Vermögen in Großbritannien wurden eingefroren.[50] Das Vereinigte Königreich beschloss die Abschaffung des Golden Visa, durch das sich Reiche für mehrere Millionen die britische Staatsbürgerschaft kaufen konnten.[147] Großbritannien fror zum 10. März 2022 Vermögenswerte von sieben russischen Geschäftsleuten, wegen ihrer Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, ein:[148]
Am 15. März wurden die mit Sanktionen belegten Individuen und Firmen im Vereinigten Königreich um 350 auf 775 erhöht.[64] Am 24. März teilte die britische Regierung weitere Sanktionen gegen 65 russische Unternehmen, Oligarchen und Politiker an, darunter Polina Kowalewa, Stieftochter des russischen Außenministers Sergei Lawrow. Diese Sanktionen sollen „auf Schlüsselindustrien abzielen, die die illegale Invasion Russlands unterstützen“, darunter die Russische Eisenbahn und der Drohnenhersteller Kronshtadt Orion, sowie die Gruppe Wagner.[149] Im April 2024 blockiert das Vereinigte Königreich den Handel mit russischen Metallen wie Aluminium, Kupfer und Nickel.[150] Außereuropäische StaatenAustralienAustralien verhängte Sanktionen für 33 russische Geschäftsleute.[151] Australien verhängte zudem Ende März ein Exportverbot für Bauxit sowie für daraus gewonnenes Aluminium. Dies betrifft vor allem den Konzern Rusal.[152] BahamasAm 13. März wurde bekannt, dass sich die Bahamas an Sanktionen gegen Russland und Belarus beteiligen. Die Bahamas gelten als beliebtes Ziel für Steuerflüchtlinge. Daher führt die EU-Kommission die Bahamas auf einer schwarzen Liste von Steueroasen. Das osteuropäische Medienprojekt Nexta beruft sich auf eine Pressemeldung der Zentralbank des Inselstaats auf der entsprechenden Internetseite.[153] KanadaKanada stellte den Rohölimport aus Russland ein.[154] Bis zum 11. März hatte Kanada gegen 15 Personen und 32 russische Unternehmen und Regierungsstellen Sanktionen erlassen.[155] TürkeiAm 27. Februar erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die russische Invasion zu einem Krieg. Das ermöglichte es der Türkei, die Durchfahrt für russische Kriegsschiffe durch die Meerengen des Bosporus auf Bitten der ukrainischen Regierung einzuschränken. Nach Artikel 19 des Vertrags von Montreux darf die Türkei russischen Kriegsschiffen allerdings die Rückkehr aus dem Mittelmeer nicht untersagen, wenn sich ihr Heimathafen im Schwarzen Meer befindet. Am gleichen Tag wurde vier Kriegsschiffen die Durchfahrt versagt, deren Heimathäfen sich an anderen Orten befanden.[156] Im April 2022 verlängerte die Türkei nicht die Erlaubnis für russische Flugzeuge, den türkischen Luftraum zu durchfliegen, wenn das Flugziel Syrien ist.[157] Vereinigte StaatenAm 24. Februar 2022 kündigte US-Präsident Joe Biden an, dass sein Land neue Sanktionen gegen Russland verhängen werde. Damit solle Russland für die groß angelegte Invasion bestraft werden. Die Sanktionen sollen die Ausfuhr von Technologie nach Russland beschränken, damit Russland seinen militärischen und Luftfahrt-Sektor nicht voranbringen kann. Hinzu kommen Sanktionen gegen russische Banken und „korrupte Milliardäre“ und ihre Familien, die dem Kreml nahestehen.[158] In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte Biden am 2. März 2022 die Sperrung des US-Luftraums für russische Flugzeuge an.[50] Am selben Tag wurde die Ausweisung von zwölf Diplomaten der russischen UN-Vertretung in New York und einer Angestellten bei der UN angekündigt.[159] Am 8. März kündigte Präsident Biden ein Verbot sämtlicher Importe von Erdöl, Gas und Kohle aus Russland an, welches der Zustimmung durch den Kongress der Vereinigten Staaten bedarf. Die Auszählung im Repräsentantenhaus in der Nacht zum 10. März ergab 414 zu 17 Stimmen für den Gesetzentwurf, der nun weiter an den Senat geht.[160][161] Zur Debatte steht ferner eine Aussetzung des Meistbegünstigungsprinzips in Bezug auf Russland durch die Staaten der G7 und der EU.[162] Am 24. März gaben die USA bekannt, mehr als 400 weitere Russen (darunter 328 Mitglieder der Duma und zahlreiche Bankenmanager) sowie 48 Rüstungsunternehmen zu sanktionieren.[163] Am 6. April verkündete das Finanzministerium der Vereinigten Staaten zusätzliche Sanktionen gegen Russlands größte staatliche Bank, die Sberbank, sowie 42 ihrer Tochterunternehmen und gegen die größte Privatbank Alfa-Bank sowie 6 ihrer Tochterunternehmen. Die Sanktionen richten sich auch gegen 5 Öltanker. Ebenfalls sanktioniert werden Familienmitglieder von Wladimir Putin und Sergei Lawrow sowie Mitglieder des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, die dem Überfall auf die Ukraine zugestimmt haben. Daneben werden sämtliche neuen Investitionen innerhalb der Russischen Föderation untersagt.[164] Der Rüstungshersteller Aviazapchast (russisch Авиазапчасть) (Militärluftfahrt), seit 2016 Rechtsnachfolger der Ersten Tschechisch-Russischen Bank wurde sanktioniert, berichtet das Wall Street Journal.[165] Im April 2024 blockiert die USA und das Vereinigte Königreich den Handel mit russischen Metallen wie Aluminium, Kupfer und Nickel.[150] Die US-Regierung unter Joe Biden erließ am 10. Januar 2025, wenige Tage vor dem Ende ihrer Amtszeit, weitere Sanktionen gegen Gazprom Neft und Surgutneftegas, gegen 183, oft der Schattenflotte zugerechnete Schiffe sowie gegen Dutzende Ölhändler, Ölfelddienstleister, Versicherungsunternehmen und Beamte des Energiesektors.[166] ChinaDie Volksrepublik China verhängte als Staat keine Sanktionen. Chinesische Firmen übten jedoch Zurückhaltung, um nicht das Ziel sekundärer Sanktionen zu werden, da der russische Markt für chinesische Firmen deutlich unwichtiger als die Märkte der sanktionierenden Staaten ist.[167] So verlagerte Huawei Personal aus Russland nach Kasachstan und Usbekistan, um möglichen Sekundär-Sanktionen auszuweichen.[168] China exportiere im Jahr 2022 weniger Autos und weniger Smartphones nach Russland und die sanktionierten Banken erhielten keine chinesischen Kreditkarten.[169] Der Wunsch Russlands, in China militärische Güter zu kaufen, wurde vermutlich auch nicht erfüllt, Russland kaufte solche in Nordkorea und Iran. Weitere asiatische StaatenNach dem Überfall auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 haben sich Südkorea und Taiwan den bisherigen EU-Sanktionen angeschlossen. Japan unterstützte die Ankündigung der G7, gemeinsam Maßnahmen gegen Russland zu ergreifen, und schloss sich auch den SWIFT-Sanktionen an.[170] Japan wolle außerdem die eigenen Sanktionen verschärfen.[171] Sicherheitspolitische ZusammenarbeitZum 11. März wurde der russische Zugriff auf das Netzwerk von Interpol eingeschränkt, nachdem laut dem französischen Außenministerium „mehrere Verdachtsfälle der versuchten betrügerischen Nutzung“ beobachtet worden waren.[172] WirtschaftEine Reihe von westlichen Unternehmen kündigte an, die Zusammenarbeit mit russischen Partnern zu prüfen oder zu beenden, sich von Investitionen in Russland zu trennen sowie den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen einzuschränken beziehungsweise einzustellen. Zu diesen Unternehmen zählen unter anderem Industrieunternehmen, Konsumgüterhersteller und Dienstleister.[173][174] Über 1000 Unternehmen aus der ganzen Welt hatten bis Ende Mai 2022 ihre Geschäftsaktivitäten in Russland reduziert oder beendet.[3][4] Stand Januar 2023 haben weniger als zehn Prozent der westlichen Unternehmen in Russland das Land tatsächlich verlassen.[175] Anfang Februar 2024 waren nach Zählung der Kyiv School of Economics noch zwei Drittel oder 277 aller deutschen Betriebe, die zu Beginn der Invasion in Russland waren, dort weiterhin aktiv.[176] Die Gründe für den Rückzug eines Unternehmens vom Russlandgeschäft können unterschiedlich sein:
Ein Aspekt geschmälerter Geschäftsmöglichkeiten ist auch, dass bestimmte Risiken der Russlandgeschäfte nicht mehr versicherbar sind.[177] RohstoffeÖl, Ölprodukte und GasDie russischen Öllieferungen gingen in der ersten Märzwoche 2022 deutlich zurück. Während der Export durch Pipelines nach Europa und China weitestgehend normal weiterging, scheuen Ölhändler in Übersee vor dem Kauf russischen Öls zurück – aus moralischen Gründen, aus Sorge um ihren Ruf oder aus Angst, bei Verstößen gegen Sanktionsregeln belangt zu werden.[178][179] Infolge von Planungen der USA und westlicher Länder, auf russisches Öl ganz zu verzichten, stiegen die Weltmarkt-Rohölpreise zu Beginn der zweiten Märzwoche nochmals rasant an und lagen mit zeitweise 130 bis fast 140 Dollar/Barrel nur noch knapp unter den bisherigen Rekordpreisen von 2008.[180] Ein Jahr nach Kriegsbeginn lagen sie jedoch wieder deutlich unter den Ständen von Februar/März 2022.[181] Einem Bericht der Schweizer Botschaft in Moskau zufolge, werden etwa 80 Prozent der russischen Rohstoffe über die Schweiz vertrieben.[182] Shell will künftig kein Erdöl und Gas mehr aus Russland kaufen und bestehende Verträge nicht erneuern. Alle Tankstellen in Russland werden geschlossen und die Gemeinschaftsunternehmen mit Gazprom und zugehörigen Firmen aufgeben.[154] BP verkaufte seine Beteiligung von knapp 20 Prozent an Rosneft.[183] Der norwegische Energiekonzern Equinor wird sich von seinen Gemeinschaftsunternehmen in Russland trennen, das betrifft unter anderem auch Rosneft. ExxonMobil will seine Öl- und Gasfördergeschäfte in Russland aufgeben,[184] Eni und OMV stellten ihre Aktivitäten ein.[173][174] RWE will keine neuen Lieferverträge mit Russland abschließen. Das betrifft sowohl Gas als auch Steinkohle und Öl. e.on kündigte an, kein neues Gas mehr vom russischen Konzern Gazprom und seinen europäischen Handelsgesellschaften zu kaufen. An ihrer Beteiligung an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1 hielten die Essener fest. Nach jahrelanger Vorbereitung beendeten die baltischen Staaten die Einfuhr von russischem Erdgas zum 1. April 2022.[185] EU-Embargo von Öl und ÖlproduktenSeit dem 5. Dezember 2022 gilt ein EU-weites Einfuhrverbot für russisches Rohöl, das auf dem Seeweg geliefert wurde. Das Tankeröl machte bis dahin fast 90 % der gesamten russischen Öllieferungen (im Oktober 2022 noch 1,5 Mio. Barrel pro Tag[186]) in die EU aus. Zum 1. Januar 2023 wurde dieser Importstopp auch auf durch Pipelines geliefertes russisches Öl ausgedehnt. Hierbei gibt es befristete Ausnahmen für Länder, z. B. für Ungarn, die keinen Zugang zum Meer haben und den kompletten Wegfall bisher umfangreicher russischer Pipelineöl-Lieferungen kurzfristig nicht ausreichend kompensieren können. Ziel dieser Sanktionen auf dem Ölsektor ist, die beträchtlichen Einnahmen, die Russland durch Ölexporte erhält und zur Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine nutzen könnte, zu schmälern.[187] Im Zuge der Abnabelung der deutschen Wirtschaft von russischen Pipeline-Rohöllieferungen mit Wirkung zum 1. Januar 2023 legte Anfang August 2022 erstmals ein Tanker mit Öl aus den USA in Rostock an, da die bislang über die Druschba-Pipeline belieferten Raffinerien in Leuna und Schwedt teilweise auch über eine Leitung, die von Rostock zu diesen Raffinerien führt, versorgt werden können.[188] PCK Schwedt will ab 2023 ersatzweise auch Öl aus Kasachstan beziehen, was allerdings die Sanktionen auf dem Rohölsektor teilweise untergraben würde, denn das Öl würde über tausende Kilometer durch Russland und Belarus geleitet, womit diese an den Transitgebühren verdienen würden.[189] Seit dem 5. Februar 2023 stellt die EU (mit Ausnahme von Kroatien[190]) auch die Importe von Diesel und anderen Ölprodukten, wie Schmierstoffen, aus Russland ein. Im November 2022 importierten Großbritannien und die EU zusammen noch täglich etwa 600.000 Barrel Dieselkraftstoff aus Russland. Der russische Diesel machte damit etwa 45 % der EU-Gesamtimporte dieses Treibstoffes aus[191] und deckte 2022 12,5 % des deutschen Bedarfes.[192] Der Dieselboykott gilt als wirkungsvoll, da die russischen Raffinerien ihre Produktion deshalb voraussichtlich um 15 % zurückfahren werden.[193] Preisdeckel für Öl und ÖlprodukteMit Wirkung zum 5. Dezember 2022 beschlossen die EU, Norwegen, die G7 und Australien einen – in der Höhe variablen – „Ölpreisdeckel“ von derzeit 60 Dollar/Barrel für aus Russland stammendes, auf dem Seeweg exportiertes Öl. Nur russisches Öl bis zu maximal diesem Verkaufspreis darf mit Tankern, die westlichen Unternehmern gehören oder über westliche Unternehmen versichert sind, in Drittländer, wie z. B. China und Indien, transportiert werden. Bei diesem Sanktionsinstrument wird die weltweite Marktdominanz westlicher Schiffsbetreiber und -versicherer genutzt.[194] Mehr als die Hälfte der weltweit verkehrenden Tanker wird von europäischen Reedereien betrieben,[195] 95 % der Versicherungspolicen für Öltanker werden (Stand: Juli 2022) in London abgeschlossen.[196] Der Preisdeckel soll Russland dazu drängen, sein Öl deutlich unter dem Weltmarktpreis (Anfang 2023 zwischen ca. 80 und 100 Dollar/Barrel schwankend) zu verkaufen, und andererseits eine zu starke Verknappung des Ölangebots auf dem Weltmarkt und einen damit zu erwartenden drastischen Ölpreisanstieg infolge eines völligen Einbruchs der russischen Ölexporte verhindern.[187] Griechenland, Zypern und Malta, die mit ihren großen Tankerflotten vordere Positionen im weltweiten Reedereigeschäft einnehmen, befürchteten bei einem Einbruch der Transporte russischen Öls erhebliche Verluste und bekamen im Falle des Eintretens „signifikanter Geschäftseinbußen“ finanzielle Ausgleichszahlungen der EU in Aussicht gestellt.[197] Einige Tage nach dem Inkrafttreten des Ölpreisdeckels sank der Verkaufspreis für die wichtigste russische Ölsorte „Urals“ um gut 40 %.[198] Analog zum Ölpreisdeckel einigten sich die EU, die G7 und Australien zu Anfang Februar 2023 auch auf einen Preisdeckel für auf dem Seeweg in Drittländer beförderte russische Ölprodukte in Höhe von 100 Dollar/Barrel für hochwertige Produkte wie z. B. Dieselkraftstoff sowie von 45 Dollar/Barrel für einfachere Stoffe wie beispielsweise Heizöl.[199] Die Schweiz trägt den Preisdeckel gegen russische Ölprodukte seit dem 15. Februar 2023 mit.[200] Die USA verhängten am 1. Dezember 2023 Sanktionen gegen zwei Reedereien in den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine in Liberia, denen vorgeworfen wird, russisches Öl mit Preisen von über 70 Dollar/Barrel transportiert zu haben.[201] Im Januar 2025 verweigerte erstmals ein chiniesischer Hafenbetreiber einem sanktionierten Öltanker das Anlegen. Bislang hatte man in China nichts gegen die Schattenflotte unternommen.[202] Andere RohstoffeIm Vorgriff auf einen ab dem 10. August 2022 EU-weit geltenden Boykott russischer Steinkohle wurde Anfang Juni 2022 das letzte Schiff mit einer solchen Fracht in einem deutschen Hafen entladen.[203] Rio Tinto Group (Bergbau) will alle Geschäftsbeziehungen zu russischen Unternehmen beenden.[204] Holcim, einer der größten Baustoffproduzenten der Welt, teilte Ende März 2022 mit, aus dem Russland-Geschäft aussteigen und die drei in Russland betriebenen Zementwerke verkaufen zu wollen.[205] „Australien, der größte Produzent des Aluminium-Rohmaterials Bauxit, hat ein Exportverbot nach Russland für das Erz sowie für das daraus gewonnene Alumina verhängt.“ Russische Aluminiumproduzenten, allen voran der Konzern Rusal, sind stark auf die Lieferungen dieser Rohstoffe angewiesen. Rund ein Fünftel des von Rusal verarbeiteten Aluminiums stammt nach Angaben des Nachrichten- und Datendiensts Bloomberg aus Australien – „ein weiteres Fünftel aus der Ukraine. Die Produktion dort wurde bereits am 1. März gestoppt.“[206] Das zweitgrößte Forstunternehmen der Welt Stora Enso hatte bereits Anfang März seine Tätigkeit in Russland eingestellt und 70 Millionen Euro auf die beiden Sägewerke in Nowgorod und Karelien abgeschrieben. Der finnisch-schwedische Papierhersteller gab am 25. April bekannt, dass er seine beiden russischen Sägewerke in die Hände des lokalen Managements übergibt. Durch die Übergabe an das Management fällt eine weitere Wertberichtigung von etwa 60 Millionen Euro an, sobald die Transaktion abgeschlossen ist.[207] KonsumgüterApple und Nike gaben am 1. März 2022 bekannt, vorerst keine Produkte mehr in Russland zu verkaufen.[49] Adidas hat seine Partnerschaft mit dem Russischen Fußballverband sowie den Betrieb der eigenen Läden und des Onlinehandels in Russland bis auf Weiteres eingestellt. Auch Puma hat sich vom russischen Markt zurückgezogen.[208] Die Horst Brandstätter Group stellt den Verkauf von Playmobil- und Lechuza-Produkten ein.[209] ASOS,[210] H&M[211], Mango und Levi’s[212] stellten den Verkauf ein.[213] Die französische Kosmetikgruppe L’Occitane gab am ab 15. April 2022 bekannt, ihre Geschäfte in Russland und ihre russische Website zu schließen.[214] Noch bei der Hauptversammlung Anfang April hatte die Henkel-Führung erklärt, die Geschäfte in Russland mit Einschränkungen fortführen zu wollen. Konzernchef Carsten Knobel hatte die Russland-Strategie unter anderem damit verteidigt, dass ausländische Unternehmen von der Regierung in Zukunft enteignet werden und ihre lokalen Manager haftbar gemacht werden könnten, wenn sie die Geschäfte einstellen. Nun hat sich Henkel nach längerem Zögern vollständig aus Russland zurückgezogen. Beiersdorf hatte Mitte April erklärt, das Geschäft in Russland deutlich reduziert zu haben. Der Konzern wolle dort aber mit Produkten für den täglichen Bedarf präsent bleiben.[215] LuxusmarkenChanel hat 17 Läden in Russland geschlossen, Hermès seine drei Moskauer Boutiquen. LVMH hat seine 124 Läden geschlossen. Die rund 3500 russischen Mitarbeiter würden weiterhin bezahlt. Zur Unternehmensgruppe LVMH gehören allein 70 Modemarken, darunter Louis Vuitton, Christian Dior und Givenchy und weitere Luxusmarken wie etwa der Champagner-Hersteller Moët & Chandon und der Uhrmacher Hublot. Auch Kering hat vorübergehend seine Läden in Russland geschlossen. Grund seien die zunehmenden Sorgen mit Blick auf die derzeitige Situation in Europa, teilte der Eigentümer von Gucci und Yves Saint Laurent mit. Kering hat zwei Geschäfte und 180 Mitarbeiter in Russland.[216] Richemont kündigte an, seine etwa 12 Läden in Russland zu schließen. Dem Unternehmen gehören neben Cartier auch Montblanc, Piaget und Dunhill. Die Investmentfirma Jefferies schätzt den Luxusgütermarkt in Russland auf etwa neun Milliarden Dollar pro Jahr, das sind etwa neun Prozent des Umsatzes auf dem chinesischen Markt. ErnährungGleich vier große westliche Marken, die auch Russland teils über Jahrzehnte prägten, zogen sich auf einen Schlag zurück. Die McDonald’s Corporation schloss alle 847 Restaurants in Russland.[217][218] Die Coca-Cola Company, Starbucks und PepsiCo, Inc. stellten ihr operatives Geschäft in Russland ein.[219][220][221] Der Verkauf und die Herstellung von Softdrinks wie Pepsi, 7Up und Mirinda wird vorübergehend ausgesetzt. Zudem will der Konzern Investitionen sowie sämtliche Werbe- und Marketingaktivitäten in Russland stoppen.[219] Starbucks schloss seine über 100 Cafés.[218][219] Danone will die Produktion und den Vertrieb „von frischen Milchprodukten und Säuglingsnahrung aufrechterhalten, um den essenziellen Nahrungsmittelbedarf der örtlichen Bevölkerung weiterhin zu decken“, setzt aber alle Investitionen in Russland aus. Yum! Brands will den Betrieb aller KFC- und Pizza-Hut-Filialen einstellen.[222] Lindt & Sprüngli schloss seine acht Läden in Russland.[223] Dr. Oetker stoppte am 7. April sein gesamtes Russlandgeschäft.[224] Heineken will sein Eigentum in Russland an einen neuen Besitzer „übertragen“. Der zweitgrößte Brauereikonzern der Welt stoppte am 9. März seine Produktion sowie Werbung und den Verkauf seiner Produkte in Russland.[225][226] Der Schritt soll das Unternehmen etwa 400 Millionen Euro kosten. Die Gehälter der etwa 1800 Arbeitnehmer werden noch bis Ende 2022 gezahlt. Carlsberg, der drittgrößte Brauereikonzern der Welt, kündigte an, seine Produktion sowie Werbung und den Verkauf seiner Produkte zu stoppen mit Ausnahme seiner Brauereigruppe Baltika.[227] Im Februar 2023 hingegen benannte Prof. Sonnenfeld Carlsberg als Beispiel für die wenigen Firmen, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland ausweiten.[228] HandelIkea stoppte alle Ex- und Importe in und nach Russland und Belarus vorübergehend. Dasselbe gilt für die Produktion in Russland. Von dem Entschluss sind demnach 15.000 Angestellte betroffen.[229] Die Handelsketten Rewe, deren Tochter Penny sowie Aldi und der Discounter Netto des Edeka-Konzerns wollen keine Produkte mehr verkaufen, die in Russland hergestellt worden sind. Die von Karl-Erivan Haub (1960–2018) in Russland aufgebauten OBI-Märkte, heute 27 Baumärkte mit 4900 Mitarbeitern, wurden geschlossen. Am 13. April wurde bekannt, dass sein Bruder und Inhaber Christian Haub alle Filialen in Russland ohne Zahlung eines Kaufpreises auf einen namentlich nicht genannten neuen Inhaber überschrieben habe.[230] Amazon setzte den Versand von Einzelhandelsprodukten an Kunden mit Wohnsitz in Russland oder Belarus am 8. März aus.[231] Die Lebensmittelkonzerne Valio, Paulig und Fazer gaben am 7. März die Aufgabe des Russlandgeschäftes bekannt. Letzteres beschäftigte 2300 Mitarbeiter bei der Herstellung von Süßwaren.[232] Maschinenbau und TechnologieHitachi setzte Exporte nach Russland aus und stellte die Produktion vor Ort ein.[233] Auch der polnische Konzern Wielton stoppte die für ihn wichtigen Exporte nach Russland und schloss vorläufig sein Montagewerk bei Moskau.[234][235] Siemens kündigte im Mai 2022 an, dass sich der Konzern nach 170 Jahren vollständig vom russischen Markt zurückziehen werde.[236] Maschinen zur Lebensmittelproduktion dürfen weiterhin nach Russland exportiert werden. So sind etwa die Maschinen von Rondo Burgdorf mit wenigen Ausnahmen nicht von den Sanktionen betroffen.[237] Nach einer am 10. Oktober 2024 veröffentlichten Bericht der Tagesschau hatten eine Reihe von Maschinenbau-Unternehmen, die vor allem in Baden-Württemberg angesiedelt waren, trotz bestehender Sanktionen weiterhin Maschinen, die zum Teil direkt in der russischen Rüstungsindustrie eingesetzt wurden, nach Russland geliefert (z. B. Walter-Maschinenbau in Tübingen, Vollmer Werke in Bieberach, Fein GmbH aus Schwäbisch Gmünd, Firma Heller in Nürtingen, u. a. m.). Die Lieferungen gelangten über Zwischenhändler, z. B. in der Türkei, nach Russland. Sanktionsexperten vermuteten, dass die Firmen nicht unbedingt wüssten, dass ihre Produkte nach Russland gelangen, jedoch könnten sie es nach Ansicht dieser Experten durchaus sicherstellen, wenn sie es versuchen würden.[238] IT-SektorSAP, Oracle, Cisco Systems, IBM und Microsoft setzten ihr Geschäft aus,[239][240][241][242][243] sowie die Chiphersteller AMD, Intel und TSMC.[244] Am 4. März 2022 beendete Cogent Communications, ein bedeutender Betreiber von Internet-Backbone-Infrastruktur, seine Zusammenarbeit mit russischen Kunden.[245] Am 8. März stellte Amazon seine Onlinedienste Amazon Web Services für neue Kunden mit Sitz in Russland und Belarus ein.[231] Am 24. März hat T-Systems alle russischen Standorte in St. Petersburg, Woronesch und Moskau dauerhaft geschlossen.[246] VerkehrDie Bahn-Logistiktochter DB Schenker stellt Transporte von und nach Russland zu Land, Wasser und Luft ein.[247] Alstom setzte alle Lieferungen nach Russland aus.[248] LuftfahrtunternehmenFlugzeuge und Ersatzteile zur Flugzeugwartung sollen nicht mehr von der EU nach Russland verkauft werden.[249] Nach dem Einverständnis Irlands, dem Land mit den größten Flugzeugleasing-Anbietern, wurde die Lieferung und das Leasing von Flugzeugen, Hubschraubern und anderen Luftfahrzeugen in die Russische Föderation sowie deren Versicherung und Wartung per Ende März 2022 verboten. Das Verbot gilt nicht nur für neue, sondern auch für laufende Verträge; Leasingverträge besitzen meist Klauseln betreffend Rückgabe bei Sanktionen. Von knapp 1000 Verkehrsflugzeugen in Russland sind gut 500 im Ausland geleast.[250] Experten zufolge wird das Verbot von Reparaturen und Versicherungen aber auch diejenigen Flugzeuge festsetzen, welche die russischen Fluggesellschaften direkt besitzen und die in Russland registriert sind.[251] Airbus[252] und Boeing stellten die Lieferung von Ersatzteilen an russische Fluggesellschaften und die technische Unterstützung aufgrund einer EU-Anordnung ein. Die russischen Airlines sind großteils auf Flugzeuge der beiden Konzerne angewiesen[253], 75 % der Verkehrsflugzeuge Russlands sind aus EU-, US- oder kanadischer Produktion.[254] Beispielsweise stammten mit Stand 1. Februar 2022 von den insgesamt 186 Flugzeugen der Aeroflot 118 Maschinen von Airbus und 59 von Boeing.[255] Die Flughafenbetreibergesellschaft Fraport stellte alle Geschäftsaktivitäten am Flughafen Pulkowo in Sankt Petersburg ein.[256] SeeverkehrAm 1. März 2022 verbot das Vereinigte Königreich allen Schiffen, die unter russischer Flagge fahren, in Russland registriert sind oder von Russland kontrolliert würden, die Einfahrt in britische Häfen.[257] Die Sanktionen treffen nicht unbedingt nur die in den Sanktionen genannten Warengruppen. Weltweit nahmen mehrere Transporteure keine Buchungen mehr nach Russland an und stornierten bestehende Buchungen.[258] Bei Maersk werden nur noch Lebensmittel, medizinische und humanitäre Lieferungen transportiert.[259] Das Kreuzfahrtunternehmen TUI Cruises gab bekannt, St. Petersburg nicht mehr anzulaufen.[260] Automobile, Motorräder, ZubehörVolkswagen hat Exporte nach Russland mit sofortiger Wirkung gestoppt. Die Fertigung an den Standorten Kaluga und Nischni Nowgorod wurde bis auf Weiteres eingestellt. Fertig produzierte Fahrzeuge, die sich bereits in Russland befanden, wurden nicht mehr an dortige Händler ausgeliefert. Bei den VW-Töchtern Porsche und Škoda wurde die Produktion in Russland und die Fahrzeugauslieferungen dorthin ebenfalls beendet, die VW-Tochter Lamborghini zog sich ebenfalls zurück.[261][262][173][174] Ende Mai wurde bekannt, dass sich Porsche aus Russland komplett zurückzieht.[263] Renault, der eine Mehrheitsbeteiligung an Russlands größtem Autohersteller AwtoWAS hat, schränkte seine Aktivitäten in russischen Werken wegen logistischer Engpässe zunächst nur ein. Inzwischen wurde die Produktion in Moskau gestoppt.[264] Am 27. April wurde bekannt, dass Renault seine 68-prozentige Beteiligung an AwtoWAS für eine symbolische Summe verkauft.[265] Ford hat seinen Joint-Venture-Partner Sollers über das Aussetzen seines Russlandgeschäfts informiert. Das Joint Venture stellt das russische Vorzeige-Automodell Aurus Senat her, das auf besonderen Wunsch Putins entwickelt wurde.[266] Toyota stellte bis auf Weiteres die Produktion in seinem Werk im russischen St. Petersburg ein. Toyota produzierte vorwiegend für den russischen Markt das SUV-Modell RAV4 und den Camry. Als Begründung gab der Konzern Störungen der Lieferkette an. Stellantis (Opel) verlagerte seine Produktion von Lieferwagen aus Russland nach Westeuropa und legt weitere Investitionen auf Eis. Ab 19. April 2022 setzte Stellantis seine zuvor schon heruntergefahrene Produktion in Russland vollständig aus. Wegen der sich täglich verschärfenden Sanktionen und logistischer Schwierigkeiten werde die Produktion im Werk in Kaluga südlich von Moskau unterbrochen.[267] Continental stoppte seine Produktion und die Geschäfte in Russland. Außerdem wurde das Im- und Exportgeschäft mit Russland eingestellt. Am 19. April 2022 wurde bekannt, dass Continental seine Produktion in Russland wieder aufnimmt, da seinen Mitarbeitern und Führungskräften mit harten strafrechtlichen Konsequenzen gedroht worden war, wenn sie die lokale Nachfrage nicht bedienen würden.[268] Land Rover, Audi und Volvo, eine Tochter des chinesischen Fahrzeugkonzerns Geely, stoppten den Export nach Russland.[269][270][271] BMW verzichtete auf den Export seiner Autos nach Russland und plante, die Produktion in den dortigen Werken zu beenden.[272] Ferrari, Jaguar Land Rover, Aston Martin, General Motors, Harley-Davidson und ZF Friedrichshafen stellten den Verkauf von Produkten in Russland ein.[273][274] Mitsubishi erwog, die Produktion und den Verkauf seiner Autos in Russland einzustellen, da die Sanktionen zu Unterbrechungen in den Lieferketten führen könnten. Daimler Truck wollte seine Geschäftsaktivitäten in Russland und die Kooperation mit dem russischen Lkw-Hersteller KAMAZ mit sofortiger Wirkung einstellen. Mercedes-Benz, ehemals Daimler und früher Mutterkonzern der Daimler-Lkw-Sparte, beabsichtigte, ihre 15-prozentige Beteiligung an KAMAZ zu verkaufen. Zudem stellte der Konzern bis auf Weiteres den Export von Pkw und Vans nach Russland sowie die lokale Fertigung in Russland ein.[275] Mit Stand August 2023 hatte der Konzern auch die Bereitstellung von Software-Updates an seine früheren Vertragshändler und Vertriebspartner in Russland abgebrochen.[276] Chinesische und südkoreanische Hersteller wie Geely und Hyundai planten weiterhin Fahrzeuge in Russland zu vermarkten.[277] FinanzbrancheAuf Anfrage des Abgeordneten Pascal Meiser wurden laut Bundesfinanzministerium bisher in Deutschland rund 95,5 Millionen Euro an Geldern eingefroren. Diese Summe wurde von inländischen Kreditinstituten an die Deutsche Bundesbank gemeldet.[278] Anfang März wurde bekannt, dass sich Russlands größtes Bankhaus, die Sberbank aus dem europäischen Markt zurückzieht. Die Sberbank verwaltete Ende 2020 Vermögenswerte in Europa in Höhe von 13 Milliarden Euro. Die Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Sberbank in Moskau. In Deutschland ist die Sberbank Europe über eine rechtlich unselbstständige Zweigniederlassung tätig und tritt dort unter der Handelsmarke Sberbank Direct auf. Da die Kunden fast ausschließlich aus Deutschland stammen und über die deutsche Filiale der Sberbank Europe AG geführt werden, übernehme aufgrund internationaler Abkommen die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) im Auftrag und auf Rechnung der Einlagensicherung Austria (ESA) die operative Abwicklung des Entschädigungsverfahrens. Je Kunde sind über diese gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro geschützt. Die 35.000 Sberbank-Anleger erhalten eine Entschädigung. Von deren Einlagen in Höhe von einer Milliarde Euro seien 913 Millionen Euro durch die ESA gesichert, teilte der Bundesverband deutscher Banken (BdB) mit. Der Rückzug aus Europa betrifft laut der Bank jedoch nicht die Geschäftsaktivitäten des Instituts in der Schweiz.[91] VersicherungenDie Allianz und andere große Versicherer ziehen sich aus Russland zurück. Die Allianz schließt dort kein Neugeschäft mehr ab und fährt das bestehende Engagement „in geordneter Weise maßgeblich zurück“. Auch die schweizerische Zurich Insurance kündigte an, ihre Geschäfte in Russland auf Eis zu legen. Die Versicherungsmakler Willis Towers Watson, Marsh und Aon ziehen sich ebenfalls zurück. Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re legt sein Geschäft in Russland und Belarus auf Eis. Der Konzern zeichne bis auf Weiteres kein neues Geschäft mit russischen und belarussischen Kunden, unabhängig davon, ob diese sanktioniert seien oder nicht. Bestehendes Geschäft mit russischen Kunden werde nicht erneuert. Nach dem Konkurrenten Hannover Rück hat auch der weltgrößte Rückversicherer, die Münchener Rück, den Rückzug aus Russland beschlossen. Bestehende Verträge in Russland und Belarus sollen nicht erneuert werden. Das Neugeschäft hat Munich Re nach eigenen Angaben eingestellt. Ausnahmen davon gebe es nur, wenn von dem Rückzug „schützenswerte Personen oder Unternehmen negativ betroffen wären“ und es trotz der Sanktionen überhaupt möglich sei. BankenDas Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs und die Bank JPMorgan Chase begannen am 10. März damit, ihr Geschäft in Russland aufzulösen.[279] JPMorgans Aktivitäten in dem Land seien nun darauf beschränkt, Klienten bei der Bewältigung bestehender Verpflichtungen und Risiken zu unterstützen und sich um die Mitarbeiter dort zu kümmern. Die weltweit tätige Bank HSBC schraubt ihre Zusammenarbeit mit russischen Banken zurück, darunter die VTB. Die Deutsche Bank fährt das Geschäft in Russland herunter. Auch werde dort kein Neugeschäft mehr gemacht. „Gleichzeitig helfen wir unseren bestehenden nichtrussischen, internationalen Kunden dabei, ihren Geschäftsbetrieb im Land zu verringern.“ Die Commerzbank will ihr Neugeschäft in Russland stoppen. „Wir haben das Neugeschäft in Russland eingestellt, nur bestehende Transaktionen wickeln wir noch ab“. Die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) mit Sitz in Peking beschloss am 3. März 2022, alle Geschäfte mit Russland und Belarus einzustellen.[280] Bei der Fondsgesellschaft DWS tätigen aktiv verwaltete Publikumsfonds bis auf Weiteres keine neuen Investitionen in russische Wertpapiere. Union Investment setzt die Ausgabe sowie die Rücknahme von Fondsanteilen für den UniEM Osteuropa aus. Der Fonds der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken hatte Ende Januar ein Fondsvolumen von rund 100 Millionen Euro, wovon rund 60 Prozent in Russland investiert waren. Die Bank Nordea hat den Handel von Investmentfonds mit starkem Russland-Exposure ausgesetzt. Am 11. April 2022 verkaufte die französische Bank Société Générale ihr russisches Tochterunternehmen Rosbank an den russischen Oligarchen Wladimir Olegowitsch Potanin, der bereits über sein Unternehmen Interros eine Minderheitsbeteiligung an Rosbank hielt.[281] KreditkartenanbieterVisa, Mastercard und American Express haben ihre Geschäfte mit Russland am 6. März ausgesetzt. Für die Kunden der drei weltgrößten Kreditkartenanbieter bedeutet das: Sie können mit von russischen Banken ausgestellten Visa-, Mastercard- oder American-Express-Kreditkarten nur noch in Russland bezahlen. Karten, die bei nichtrussischen Banken ausgestellt wurden, funktionieren nicht mehr in Russland. Der Schritt soll auf Forderungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj am Tag zuvor in einer Zoom-Konferenz mit US-Abgeordneten zurückgehen. Mastercard will seine 200 Mitarbeiter in Russland weiterhin beschäftigen.[282][283] Zuvor hatten die Dienstleister bereits am 1. März 2022 russische Banken aus ihren Bezahlnetzwerken ausgeschlossen. Laut Zahlen von 2020 hatten alleine Visa und Mastercard drei Viertel der Kredit- und Debitkarten-Zahlungsvorgänge im Land durchgeführt. Der Bezahldienst PayPal stoppt seine verbliebenen Dienste in Russland. Davon betroffen sind unter anderem internationale Überweisungen. In Russland ausgegebene Karten werden seit dem 10. März im Ausland nicht mehr akzeptiert und ausländische Karten funktionieren in Russland nicht mehr, berichtet die Tageszeitung Kommersant. Die Moskauer Führung versprach daraufhin einen schnellen Ersatz durch ein eigenes Kreditkartensystem namens „Mir“ und den Umstieg auf chinesische UnionPay-Karten. Die meisten international tätigen Onlinehändler und deren Banken akzeptieren jedoch generell keine in Russland herausgegebenen Karten mehr. Ausländische Internetgeschäfte blockierten die Zahlungen aller in Russland herausgegebenen Karten, auch der von UnionPay. Russlandweit gibt es 500.000 Kreditkarten von UnionPay. Damit hat sich deren Zahl binnen eines Monats verzehnfacht.[284] WirtschaftsprüferDie großen Wirtschaftsprüfer KPMG und PwC trennen sich von ihrem Russland-Geschäft. Die bisherigen russischen Mitgliedsunternehmen schieden aus den globalen Verbünden aus, teilten die Buchhaltungskonzerne mit. Die großen Wirtschaftsprüfer agieren als globale Netzwerke aus örtlichen Firmen, die den dortigen Partnern gehören.[285] ebenso funktioniert für diese Banken Apple Pay und Google Pay nicht mehr.[286] Die Weltbank stellte am 2. März alle Projekte in Russland und in Belarus ein.[287] Am 5. März stellte PayPal den Dienst in Russland ein.[288] RatingagenturenDie US-Ratingagentur Fitch stoppt ihre geschäftliche Tätigkeit in Russland. Die Bewertung von Bonitäten und andere Dienstleistungen werden dort mit sofortiger Wirkung eingestellt. Die Big Four entschieden sich am 7. März, ihre Russland-Geschäfte abzukoppeln.[208] Flugverkehr und TourismusSperrung des Luftraums für russische FlugzeugeZahlreiche Länder Europas entschieden, dass russische Flugzeuge nicht mehr in ihren Luftraum einfliegen dürfen. Flugunternehmen kündigten an, Russland nicht mehr anzusteuern und den russischen Luftraum zu meiden.
Humanitäre Hilfsflüge sowie Notlandungen sind in den genannten Ländern nach Voranmeldung weiterhin erlaubt, teils auch diplomatische Flüge.[289] Unter die Ausnahmen fällt beispielsweise ein regelmäßiger Flug einer Il-76 der Volga-Dnepr Airlines zwischen Moskau-Domodedowo und Bratislava, der Kernbrennstoff zur Stromerzeugung liefert.[292] Am 27. Februar 2022 erklärte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Sperrung des Luftraums betreffe sämtliche Flüge russischer Flugzeuge und somit auch den geplanten Besuch von Russlands Außenminister Lawrow in Genf, wo er an einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrats teilnehmen wollte.[293] Per Veröffentlichung im EU-Amtsblatt war der gesamte Luftraum der EU für russische Luftfahrzeuge ab der Nacht zum 28. Februar gesperrt.[290] Bis zum 28. Februar 2022 hatten 36 Staaten ihren Luftraum für Flugzeuge russischer Luftfahrtunternehmen gesperrt, was Russland sukzessive erwiderte.[294] Fast 17.000 Touristen aus Russland und der Ukraine saßen Anfang März aufgrund gestrichener Flugverbindungen in der Dominikanischen Republik fest.[295] Serbien sowie Bosnien und Herzegowina schlossen ihren Luftraum nicht für russische Flugzeuge, sind aber durch EU-Staaten von Russland getrennt, sodass sie von russischen Fluggesellschaften nicht erreicht werden können. Air Serbia bot hingegen weiterhin Flüge zwischen Moskau-Scheremetjewo und Belgrad an. Sie erweiterte sogar ihr Angebot und nutzte hierfür die höhere Kapazität ihres einzigen Airbus A330, wenn das eigentlich für deutlich längere Strecken konzipierte Flugzeug nicht für die Verbindung nach New York benötigt wurde.[296] Nur rund zwei Wochen später wurde die Anzahl der Verbindungen wieder reduziert. Zuvor war es wiederholt zu Bombendrohungen auf den Flügen nach Russland gekommen.[297] Einstellung aller internationalen Verbindungen russischer LuftfahrtunternehmenDie Aeroflot-Gruppe, zu der auch Rossija und Aurora gehören, stellte zum 8. März alle internationalen Verbindungen – von denen sie nach den Sanktionen noch rund die Hälfte bedienen dürfte – ein, mit Ausnahme von Verbindungen mit Belarus. Als Gründe nennt Flightradar24, dass Landegebühren und Treibstoffkosten nicht mehr bezahlt werden könnten, aber auch die drohende Beschlagnahme der Flugzeuge durch deren oft ausländische Leasinggeber.[298] Flüge zwischen dem Kernland und Kaliningrad erfolgen entlang eines teils sehr schmalen Streifens außerhalb der 12-Seemeilen-Zonen (gut 22,2 km) der EU-Anrainer.[289] Entzug der Flugtauglichkeit, Verbot der Wartung und Ersatzteillieferung, Einstellung der Vermietung und des VersicherungsschutzesVon den rund 700 Flugzeugen westlicher Muster, die russische Fluggesellschaften betreiben, sind fast alle in Bermuda registriert.[299] Die dort zuständige Aufsichtsbehörde entzog am 13. März allen dort registrierten russischen Flugzeugen die Flugtauglichkeit. Außerdem hatte die EU angeordnet, dass Airbus die Leasingverträge mit Russland zu kündigen habe und der Versicherungsschutz bis Ende März 2022 einzustellen sei.[252] Am 14. März 2022 wurde in Russland ein Gesetz erlassen, das es erlaubt, Flugzeuge ausländischer Leasinggeber in Russland zu registrieren. Die Rückgabe der Flugzeuge an ihre Leasinggeber wird dadurch noch unrealistischer,[299] faktisch wurden Flugzeuge im Wert von rund 10 Milliarden Euro beschlagnahmt.[300] Es wurde ein Fall bekannt, in dem in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2022 ein 10 Monate alter Airbus A321-251neo (Kennzeichen: VP-BXT) in Kairo landete. Obwohl der Leasingvertrag durch SMBC Aviation Capital auf dem Hinflug gekündigt worden war und Ägypten der Kapstadt-Konvention beigetreten ist, verhinderte das Land nicht, dass SU401 ohne Flugtauglichkeit und Versicherungsschutz nach Russland zurückflog.[301][302][299] Versand und LogistikDer Logistikkonzern DHL stellte seinen Flugverkehr von und nach Russland zum 1. März 2022 aufgrund des gesperrten Luftraums ein.[303] Auch UPS und FedEx stellen Lieferungen nach Russland und in die Ukraine ein.[304] Die Reedereien Mærsk, MSC Mediterranian Shipping, Hapag-Lloyd, HMM und Ocean Network Express stellen ihre Aktivitäten von und nach Russland ein. COSCO ist der einzige große Anbieter, der Russland noch bedient.[305] Russischen und belarussischen Lastwagen wurde mit dem Sanktionspaket vom 8. April die Einfahrt mit den meisten Gütern in die EU verweigert.[306] Zwar waren Lebensmittel und Arzneiprodukt-Transporte davon ausgenommen, doch da die europäischen Spediteure die Beschlagnahme von Lastwagen in Russland befürchten mussten, wenn Russland Gegensanktionen verhängen würde, sahen sie von Fahrten nach Russland lieber ab. Russische Lebensmittelhersteller intervenierten beim Ministerpräsidenten, um wenigstens die Einführung dieser Gegensanktion zu verhindern: Russland führte 2021 Lebensmittel im Wert von 34,3 Milliarden US-Dollar ein, das entsprach 11,6 % aller Importe.[307] BoykottaufrufeEs kam zu Boykottaufrufen gegen Unternehmen, die ihr Russlandgeschäft fortsetzen, z. B. gegen Ritter Sport[308][309], Nestlé und Danone[310] sowie Auchan[310][311]. Die Firmen McDonald’s, Coca-Cola und Starbucks änderten ihr Russland-Engagement nach Boykottaufrufen.[312] Yale-Liste von WirtschaftsunternehmenAm Chief Executive Leadership Institute (CELI) der Yale School of Management, einer Abteilung der Yale University, wurde seit dem 28. Februar 2022 von einer Wissenschaftlergruppe um Jeffrey Sonnenfeld eine Liste von Unternehmen mit Informationen zu deren geschäftlichem Engagement in Russland (Yale CELI List of Companies Leaving and Staying in Russia) aufgebaut und laufend aktualisiert.[3] Im April 2022 wurde eine zusätzliche Website mit Zusatzinformationen und Such- und Sortiermöglichkeiten nach verschiedenen Kriterien eingerichtet.[313] BewertungsskalaDie Unternehmen sind entsprechend der Art ihres Engagements in Russland mit den fünf Noten (Grades) A, B, C, D und F beurteilt (die Note E ist nicht vergeben). Bewertete UnternehmenWährend die Yale-Liste in den ersten Monaten nach der Erstellung schnell wuchs, gab es von Juni 2022 bis Januar 2023 nur geringe Veränderungen in der Gesamtzahl der bewerteten Unternehmen und in der Aufteilung auf die einzelnen Notenstufen. Im Februar 2023 stieg die Zahl der bewerteten Unternehmen um beinahe 200. Am 1. Juni 2024 hatten von 1589 bewerteten Unternehmen 543 die Note A, 505 die Note B, 152 die Note C, 174 die Note D und 215 die Note F.[3]
Unternehmen in DeutschlandDie Yale-Liste erfasst nur einen kleinen Anteil der über 3000 Anfang des Jahres 2022 in Russland tätigen deutschen Unternehmen.[314] Im Jahr 2011 waren noch 6300 deutsche Unternehmen in Russland tätig.[314] Am 1. Juni 2024 wurden von der Yale-Liste 150 Unternehmen aus Deutschland erfasst, von denen 48 mit der Note A, 38 mit der Note B, 17 mit der Note C, 21 mit der Note D und 26 mit der Note F bewertet wurden.[3]
Unternehmen in ÖsterreichDie Yale-Liste erfasst nur einen kleinen Anteil der rund 500 im Jahr 2022 in Russland tätigen österreichischen Unternehmen.[315] Am 1. Juni 2024 wurden von der Yale-Liste 25 Unternehmen aus Österreich erfasst, von denen 5 mit der Note A, 3 mit der Note B, 2 mit der Note C, 7 mit der Note D und 8 mit der Note F bewertet wurden.[3]
Unternehmen in der SchweizDie Yale-Liste erfasst nur einen Teil der rund 200 in Russland tätigen Unternehmen aus der Schweiz, die überwiegend in den Sparten Lebensmittel, Pharma, Logistik, Bau und Rohstoffe tätig sind.[316] Am 1. Juni 2024 wurden von der Yale-Liste 59 Unternehmen aus der Schweiz erfasst, von denen 20 mit der Note A, 15 mit der Note B, 12 mit der Note C, 9 mit der Note D und 3 mit der Note F bewertet wurden.
Unternehmen in Liechtenstein
Rezeption der Yale-ListeViele Informationsmedien haben über die Yale-Liste berichtet, z. B.: Die Zeit[317], Welt[318], Spiegel[319], Stern[320], Handelsblatt[321], The Washington Post[322], Tagesschau[323], Der Standard[324], FAZ[325], Saarbrücker Zeitung[326], CBS News[327], Wirtschaftswoche[328], Merkur[329], Neue Zürcher Zeitung[330], The New York Times[331] und Yale Daily News[332]. In der Presse wird – bezogen auf die mit D und F bewerteten Unternehmen – auch von Hall of Shame[320][321][322], Halle der Schande[333][326], Liste der Schande[334][335][325], Schmäh-Liste[336] oder Pranger[323][324] gesprochen. Das russische Außenministerium sanktionierte Jeffrey Sonnenfeld, den Begründer der Yale-Liste, im Juni 2022 durch ein Einreiseverbot.[337]
In einem ausführlichen Artikel beschrieb und kommentierte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) den Einfluss der Yale-Liste auf die Diskussionen um die Russland-Sanktionen, an deren Beteiligung sich auch deutsche Wirtschaftsunternehmen aufgefordert sehen:
– Michael Rasch: Ukraine-Krieg: Warum deutsche Firmen trotzdem in Russland bleiben. In: Neue Zürcher Zeitung. 5. Mai 2022. Die NZZ befragte in Deutschland Ritter-Sport, Metro, GEA Group, Bayer und andere, die bereitwillig über ihre Gründe und Zwangslagen Auskunft gaben. Vor allem die Fürsorge für Mitarbeiter in Russland wurde genannt. Bayer wies auf Medikamente hin, die Patienten dringend benötigen, sowie auf Saatgut, Lebensmittelproduzenten auf Grundversorgung der Bevölkerung und die GEA Group auf „Maschinen für die lokale Produktion von Grundnahrungsmitteln, Milchprodukten und pharmazeutischen Anwendungen“ sowie deren Wartung. „Die Regierung der USA unterstreiche beispielsweise explizit die eigene Verpflichtung, die Verfügbarkeit von Grundnahrungsmitteln für das russische Volk nicht mit Sanktionen zu belegen, heisst es etwa von Globus.“ Keine – auch zitierte Schweizer Firmen – heißen in irgendeiner Form den Angriffskrieg gut. Auch wolle man sich keinen Enteignungen oder einer Vernichtung von Lieferketten aussetzen. Der Bericht der NZZ differenziert die Sachlage im Gegensatz zu den Hasskommentaren in Sozialen Medien.[338] Kultur, Sport und Bildung und WissenschaftMedienGoogle und Meta begannen auf ihren Plattformen YouTube und Facebook am dritten Kriegstag Werbung und Monetarisierung von Kanälen mehrerer russischer Staatsmedien zu unterbinden.[339] Microsoft erklärte, den Sender RT aus seinem App-Store zu entfernen und den Algorithmus der Suchmaschine Bing zu ändern, um Inhalte von RT und dem russischen Portal Sputnik in den Ergebnissen nach unten zu verschieben.[340] Sowohl Disney als auch Sony und Warner Bros. gaben am 1. März bekannt, auf unbestimmte Zeit keine Filme in Russland zu zeigen.[341][342] Meta gab am selben Tag bekannt, den Zugang zu RT und Sputnik auf Facebook in der Europäischen Union zu beschränken. Am Tag zuvor hatte die EU-Kommission ein Verbot von RT — Russia Today English, RT — Russia Today UK, RT — Russia Today Germany, RT — Russia Today France, RT — Russia Today Spanish und Sputnik in der EU angekündigt,[340] welches am 2. März in Kraft trat.[343] Am 10. März pausierte auch die The Walt Disney Company alle Aktivitäten in Russland.[344] Am 8. März sperrte Amazon seinen Prime-Video-Dienst für alle russischen und belarussischen Kunden.[231] Die Europäische Rundfunkunion gab bekannt, dass kein russischer Beitrag beim Eurovision Song Contest 2022 teilnehmen dürfe.[345] Nach dem Ausschluss russischer Nationalmannschaften von Wettbewerben beschloss der Videospielhersteller Electronic Arts, alle russischen Teams aus seinen Spielen der FIFA-Reihe und dem Eishockey-Spiel NHL 22 zu entfernen.[50] Der europäische Handelsverband für mediale Vermarkter European Group of Television Advertising, der auch deutsche Vermarkter wie Ad Alliance, das ZDF Werbefernsehen, Seven.One Media, Sky Media, El Catel Media, ARD Media oder die Regiocast angehören, brach alle Beziehungen nach Russland ab.[346] Am 3. März wurde bekannt, dass WWE seinen Streamingdienst WWE Network in ganz Russland gesperrt hat. TikTok schränkte den Zugang russischer Staatsmedien zu ihrer Plattform in der EU ein. Am 6. März gaben die Betreiber von TikTok bekannt, neue Inhalte sowie Streaming in Russland in ihrer App zu blockieren.[347] Die Betreiber von Netflix erklärten am selben Tag, den Streamingdienst in Russland einzustellen.[348] Strava gab am 11. März 2022 bekannt, all seine Dienste in Russland und Belarus auszusetzen.[349] SportverbändeAm 25. Februar strich die Formel 1 das geplante Rennen in Sotschi aus dem Rennkalender der Saison 2022.[350] In den Folgetagen wurde bekannt, dass die Formel 1 auch künftig keine Rennen mehr in Russland abhalten wird. Der Weltschachverband (FIDE) beschloss, die 2020 an Russland vergebene Schacholympiade 2022 nicht dort stattfinden zu lassen.[351] Am selben Tag gab der in der russischen Kontinentalen Hockey-Liga antretende finnische Verein Jokerit den Rückzug aus der laufenden Spielzeit und somit den Verzicht auf die Teilnahme an den Play-offs bekannt.[352] Ebenfalls an diesem Tag entzog die UEFA der Stadt Sankt Petersburg das Finale der UEFA Champions League 2021/22 am 28. Mai 2022 und verlegte das Spiel von der Gazprom-Arena in Sankt Petersburg in das Stade de France in Saint-Denis bei Paris.[353] Die World Squash Federation (WSF) gab bekannt, dass die an Sankt Petersburg vergebenen Weltmeisterschaften der Junioren im August 2022 einen neuen Ausrichter erhalten.[354] Am 28. Februar suspendierten die FIFA und die UEFA alle russischen Mannschaften von ihren Wettbewerben. Davon betroffen waren unter anderem die russische Nationalmannschaft, die sich im Qualifikationswettbewerb der Fußballweltmeisterschaft 2022 befand, als auch Spartak Moskau, der noch im UEFA Europa League Achtelfinale stand. Die Sponsorverträge zwischen dem russischen Unternehmen Gazprom und der UEFA wurde durch die UEFA aufgelöst.[355] Am gleichen Tag suspendierte die Internationale Eishockey-Föderation (IIHF) die russischen und belarussischen Nationalmannschaften und Vereine von der Teilnahme in allen Alterskategorien und an allen IIHF-Wettbewerben oder -Veranstaltungen.[356] Die Europäische Handballföderation (EHF) suspendierte alle Club- und Nationalmannschaften auf allen Ebenen.[357] Hingegen schloss der Internationale, der Europäische Taekwondoverband und der Internationale Schwimmverband (FINA) russische und belarussische Sportler nicht von seinen Veranstaltungen aus. Es würden aber keine Nationalflaggen gezeigt und Hymnen gespielt. Zudem würden keine Veranstaltungen in Russland und Belarus organisiert oder anerkannt.[358][359] Die Professional Squash Association (PSA) sagte sämtliche in Russland geplanten Turniere ihrer Tour ab und werde bis auf Weiteres auch keine Turniere dorthin vergeben.[360] Am 4. März schloss auch die European Squash Federation (ESF) alle Spieler und Mannschaften aus Belarus und Russland von der Teilnahme an ESF-Turnieren aus.[361] Die FIFA beschloss am 7. März, dass ausländische Spieler und Trainer bei Klubs in Russland und der Ukraine mit sofortiger Wirkung zu Vereinen außerhalb jener beiden Staaten wechseln dürfen.[362] Am 1. März schloss der Internationale Volleyballverband (FIVB) die russische Nationalmannschaft von der Volleyball-Weltmeisterschaft der Männer 2022 aus. Für das für August und September in Russland geplante Turnier wird ein neuer Veranstalter gesucht.[363] Darüber hinaus wurden alle russischen und belarussischen Volleyballnationalmannschaften, Volleyballvereine sowie Beachvolleyballspieler von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen.[364] Am gleichen Tag suspendierte die Internationale Eislaufunion alle russischen und belarussischen Sportler und Funktionäre von ihren Veranstaltungen.[365] Ebenso der Badminton-Weltverband (BWF), der Internationale Ski-Verband (FIS), der Internationale Kanuverband (ICF) und der Weltruderverband World Rowing.[366][367][368][369] Adidas löste am selben Tag seinen Sponsorenvertrag mit der russischen Nationalmannschaft auf.[370] In Übereinstimmung mit anderen Sportverbänden wurde der russische Rugbyverband vom Weltverband World Rugby suspendiert und die Nationalmannschaft von der Rugby Europe International Championships 2021/22 disqualifiziert, womit sie sich nicht mehr für die Weltmeisterschaft 2023 in Frankreich qualifizieren kann.[371][372] Zuvor war die Nationalmannschaft bereits vom europäischen Verband Rugby Europe suspendiert worden.[373] Der Leichtathletik-Weltverband World Athletics und der internationale Triathlon-Dachverband World Triathlon suspendierten ebenfalls alle russischen und belarussischen Sportler und Funktionäre von allen Veranstaltungen.[374][375] Der Welt-Radsport-Verband (UCI) suspendierte die Nationalmannschaften und Radsportteams aus Russland und Belarus für internationale Radrennen. Fahrer der beiden Länder dürfen aber unter neutraler Flagge weiter für internationale Radteams Rennen bestreiten.[376] Eine ähnliche Regelung gab der Internationale Dachverband von Automobilclubs und Motorsport-Vereinen (FIA) und der Tennisweltverband (ITF) bekannt.[377][378] Der Internationale Schieß-Verband (ISSF), die Internationale Biathlon-Union (IBU) und die Weltverbände für Klettern (IFSC), Ringen (UWW) und der Gewichtheber (IWF) schlossen ebenfalls alle russischen und belarussischen Sportler aus.[379][380][381][382][383] Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) versah am 2. März die russischen und belarussischen Sportler mit Sanktionen bei den Winter-Paralympics 2022, einen Ausschluss der Sportler gab es zunächst nicht.[384] Nach teils heftigen Protesten und Boykotterwägungen verschiedener nationaler Olympischen Komitees schloss das IPC am 3. März schließlich alle russischen und belarussischen Sportler von den Spielen aus.[385] Die Special Olympics World Winter Games 2023, welche in Kasan hätten stattfinden sollen, wurden abgesagt.[386] Die International Tennis Federation erklärte am 25. Februar, dass alle Turniere in Russland auf unbestimmte Zeit abgesagt seien. Ein ursprünglich für April im ukrainischen Wyschkowo geplantes M15-Turnier wurde verschoben.[387] Die internationalen Dachverbände des Tennis gaben in einer gemeinsamen Erklärung am 1. März folgende weitere Maßnahmen bekannt:[388]
Der Billard-Weltverband WCBS beschloss am 3. März, alle Sportler aus Russland und Belarus für offizielle Turniere zu sperren.[389] Die Sperre wurde am 15. Juli aufgehoben, fortan dürfen Russen und Belarussen unter neutraler Flagge an Wettbewerben teilnehmen.[390] Ab dem 7. März 2022 dürfen Sportler und Offizielle aus Russland und Belarus bis auf Weiteres nicht an Wettbewerben des Internationalen Turnerbundes (FIG) teilnehmen.[391] Die Schweizer Sportministerin Viola Amherd hat laut dem Tages-Anzeiger im April 2022 dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Thomas Bach einen Brief geschrieben, worin sie das IOC auffordert, dafür zu sorgen, dass internationale Sportverbände, z. B. UEFA, IBA und FIG, russische Funktionäre von ihren Ämtern ausschließen.[392] Am 20. April 2022 erklärten die Organisatoren des Tennisturniers von Wimbledon, dass Spieler und Spielerinnen aus Russland und Belarus nicht an den diesjährigen Wettbewerben teilnehmen dürfen.[393] Am 2. Mai 2022 erklärte die UEFA, dass Portugal den Platz der russischen Mannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2022 erhält sowie den Ausschluss der russischen Mannschaften aus der UEFA Nations League 2022/23, der UEFA Champions League 2022/23 und weiterer UEFA-Wettbewerbe. Ferner wurde die Bewerbung[394] des Russischen Fußballverbands (RFS) um die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2028 oder der Fußball-Europameisterschaft 2032 für unzulässig erklärt.[395] Private SportveranstalterDie World Triathlon Corporation verbannte am 3. März alle russischen und belarussischen Athleten von der Teilnahme an allen Ironman-Hawaii-Veranstaltungen im Jahr 2022, einschließlich der Weltmeisterschaft in Kailua-Kona im Mai.[396] Weitere VerbändeDie Fédération Internationale Féline (FIFe) hat am 1. März 2022 beschlossen, dass keine in Russland gezüchteten Katzen importiert und in keinem FIFe-Zuchtbuch außerhalb Russlands registriert werden dürfen sowie dass allen Katzen von Katzenausstellern, die in Russland leben, der Zutritt zu sämtlichen FIFe-Veranstaltungen außerhalb Russlands untersagt wird. Diese Einschränkungen sind bis zum 31. Mai 2022 gültig.[397] Bildung und WissenschaftDas Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) friert die Zusammenarbeit mit Russland ein.[398] Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) schränkt den wissenschaftlichen Austausch mit Russland ein.[399] Die Studienstiftung des deutschen Volkes beendet die Kooperation mit Russland.[400] Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) setzt die von ihr geförderten Forschungsprojekte zwischen Wissenschaftlern aus Deutschland und Russland aus.[401] Deutsche Hochschulen kappen ihre Verbindungen zu Russland.[402] Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beendete am 2. März seine Russland-Kooperationen.[403] Das Forschungszentrum Jülich stellt Kooperationen mit Russland und Belarus ein.[404] MuseenDie Staatlichen Kunstsammlungen Dresden unterbrechen institutionelle Aktivitäten mit staatlichen russischen Einrichtungen.[405] Russische ReaktionenDie russische Regierung kündigte Mitte März 2022 Ausgaben in Höhe von umgerechnet etwa neun Milliarden Dollar zum Wiederaufbau von Produktionsanlagen und Lieferketten an.[64] Die russische Staatsführung verkündete im März 2023 eine neue Strategie in der Sicherheits- und Außenpolitik, bei der westliche Staaten als Reaktion auf die Sanktionen als „existenzielle Bedrohung“ eingestuft sind.[406][407] Öl, Ölprodukte und GasEnde April 2022 kündigte Russland an, Polen ab dem 27. April nicht mehr mit Gas zu beliefern. Polen hatte zuvor mehrfach öffentlich erklärt, die Gaslieferungen entsprechend der Verträge nicht in Rubel zu bezahlen, wie von Russland gefordert.[408] Die im Staatsbesitz Russlands befindliche Firma Gazprom stellte die im Laufe des Sommers ohnehin schon reduzierten Erdgaslieferungen über die Pipeline Nordstream 1 am 2. September 2022 mit der Begründung von notwendigen, aber angeblich vom Westen blockierten Wartungsarbeiten ganz ein.[409] Am 1. Oktober 2022 beendete Gazprom die Belieferung Italiens mit Erdgas. Dieses Gas wurde bis dahin durch Österreich geleitet. Gazprom berief sich hierbei auf die mit Wirkung zum 1. Oktober 2022 von Österreich geänderten und seither für Gazprom inakzeptablen Geschäftsbedingungen für den Gastransit nach Italien. Österreich selbst erhielt weiter Gas;[410] im Dezember 2022 deckte es 71 % seines Gasbedarfs mit Importen aus Russland.[411] Russland liefert infolge der Sanktionen verstärkt Öl in die VR China, nach Indien, in die Türkei und auch nach Pakistan,[412] wo es wegen der durch die Sanktionen deutlich gesunkenen Verkaufspreise (im Januar 2023 nur noch durchschnittlich 49,48 Dollar/Barrel für die wichtigste russische Ölsorte „Urals“ = 60 % des im Vormonat erzielten Preises) gern und in größeren Mengen als bisher gekauft wird.[413] Wegen begrenzter Pipelinekapazitäten ist Russland dafür in erheblichen Maße auf Öltanker angewiesen.[414] Medien berichteten gegen Ende des Jahres 2022, dass es schon in Erwartung des Ölboykotts und -preisdeckels begann, etwa 100 meist 12 bis 15 Jahre alte und somit preisgünstig erhältliche Tanker zu kaufen, um nicht auf vom Westen betriebene oder versicherte Schiffe angewiesen zu sein und um sein Öl ohne westliches Preisdiktat zu den Empfängern transportieren zu können. Diese „Schattenflotte“ bestehe aus von Briefkastenfirmen gekauften Schiffen.[415][416] Dieser russlandinterne Graumarkt an Transport- und Versicherungskapazitäten werde teils auch durch staatliche Garantien gestützt.[417] Mit diesen Schiffen wird auch iranisches und venezolanisches Öl transportiert.[418] Am 1. Februar 2023 beendete Russland, vorläufig bis zum 1. Juli 2023 befristet, Öllieferungen in Länder und an Privatpersonen, die den Ölpreisdeckel unterstützen.[194] Russischen Ölexporteuren wurde verboten, Öl zu einem durch den Preisdeckel vorgegebenen Preis auszuführen.[419] Sie erhielten angesichts des Preisverfalls für russisches Öl zudem am 15. Februar 2023 die Anweisung, einen Rabatt von maximal 20 Dollar pro Barrel zu gewähren.[420] Mitte Mai 2023 wurde berichtet, dass Russland die Ankündigung von Februar, seine Ölförderung um 500 000 Barrel pro Tag zu kürzen, im April nur zu 40 % umsetzte.[424] Bei damaligen Weltmarkt-Ölpreisen von rund 70 bis 80 Dollar pro Barrel wollte Russland auf Einnahmen aus dem Ölexport nicht verzichten. Wegen seiner niedrigen Förderkosten kann es selbst bei Preisen bis zu 35 Dollar/Barrel hinunter und somit trotz des Preisdiktats durch den Ölpreisdeckel noch einen Deckungsbeitrag erzielen.[425] Es konnte seine Öleinnahmen im April 2023 im Vergleich zum Vormonat um 12 % steigern.[426] Russland gelang es weitgehend, sein von Westen boykottiertes Öl auf asiatische Märkte umzuleiten und seine Ölexporte dadurch nahezu stabil zu halten. Indien beispielsweise bezog im April 2023 37 mal soviel Öl aus Russland wie im Januar 2022.[427] Dieses Öl wird anstatt in US-Dollar in indischer Währung (Rupie) bezahlt. Da die Rupie nicht frei konvertierbar ist, verbleiben erhebliche Teile der aus dem Ölverkauf stammenden russischen Einnahmen, die aufgrund unzureichenden Bedarfs an Importen von Waren und Leistungen aus Indien nicht durch Gegengeschäfte ausgeglichen werden können, auf indischen Konten und tragen nicht zur Leistungsbilanz Russlands bei.[428] Von Mai 2022 bis April 2023 betrug das tägliche russische Exportvolumen mit nur geringen Schwankungen etwa 8 Millionen Barrel, im März und April 2023 waren es sogar 8,1 Mio. bbl/d[429] und damit soviel wie zuletzt im April 2020.[430] Russland war oder ist auf die asiatischen Importeure angewiesen. Diese haben die Marktmacht, Preisnachlässe durchzusetzen. Russland setzte statt auf hohe Preise auf große Förder- und Exportmengen, votierte deshalb beim OPEC+-Gipfel Anfang Juni 2023 in Wien gegen von Saudi-Arabien zur Anhebung der Weltmarktpreise angestrebte Förderkürzungen[431] und verdrängte Saudi-Arabien als bisher größten Öllieferanten der VR China.[432] Von Januar bis Juli 2023 importierten EU-Staaten mehr als 50 % des aus Russland exportierten Flüssigerdgases (rund 40 Prozent mehr als im Jahr 2021) und zahlten Russland dafür 5,3 Milliarden Euro. Die EU verhängte kein Embargo gegen Flüssigerdgas aus Russland.[433] Auf den von der G7 durchgesetzten Höchstpreis für russisches Rohöl reagierte Russland im Jahr 2023 mit einer Reduzierung der Förderung, sodass der Preis für russisches Rohöl über den Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel stieg.[434] Andere RohstoffeSeverstal erklärte am 2. März 2022, keinen Stahl mehr in die EU zu liefern.[435] Umgehungen des EmbargosAllgemeinDie Warenströme nach Russland konnten durch die Sanktionen nicht gestoppt werden. Teilweise wurden sie über Staaten, die sich den Sanktionen nicht angeschlossen hatten, umgeleitet. Der Handel Russlands mit jenen Staaten ist infolge der Sanktionen deutlich gewachsen, mit der Türkei um mehr als 100 %.[436][437] So stiegen deutsche Exporte in Ex-Sowjetrepubliken infolge der Sanktionen um bis zu 950 % an.[438] Während (Stand Mai 2023) Fahrzeugexporte aus der EU nach Russland in den vorangegangenen Monaten um 80 % zurückgingen, stiegen diese Exporte nach Kasachstan im gleichen Zeitraum um 268 % an.[427] In den ersten sieben Monaten des Jahres 2022 rasant gestiegene westliche Warenexporte in Nachbarländer Russlands (z. B. Armenien, Kirgistan) lassen auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Umgehungsversuche des Embargos vermuten.[439] Bis zum Frühjahr 2024 erreichten die russischen Importe annähernd das Vorkriegsniveau, weil Russland die meisten sanktionierten Waren aus der EU aus anderen Märkten bezog bzw. die EU-Waren über die Volksrepublik China, Türkei (Verdreifachung der Exporte nach Russland) und Armenien (Verzehnfachung der Exporte) bezog.[440] ElektroniksektorNachgewiesen wurde auch, dass in Deutschland gemeldete Unternehmer, die westliche Elektronik zuvor direkt nach Russland verkauften, die Sanktionen umgingen, indem sie in Ex-Sowjetrepubliken wie Kasachstan und Georgien[437] lieferten, von wo wiederum weiter nach Russland exportiert wurde.[441] Recherchen des ARD-Fernsehmagazins Monitor haben im Februar 2023 ergeben, dass Russland Zugang zu Halbleitern, Computer-Chips und anderen Bauteilen aus Deutschland hat, obwohl das durch die Sanktionen verhängte Embargo dies verhindern sollte. Den Recherchen zufolge umgeht mindestens ein deutsches Unternehmen die Sanktionen indirekt, indem es die sanktionierten Technologien in die Türkei verkauft, wo sie von einem dort im Jahr 2022 gegründeten Unternehmen nach Russland weiterverkauft werden. Die Recherchen haben ebenfalls ergeben, dass nach Beginn des russischen Angriffskrieges das Exportvolumen der Türkei im Bereich „Halbleiter und elektronische Schaltkreise“ von rund 300.000 US-Dollar im Jahr 2021 auf mehr als 86 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 angestiegen ist.[442] HolzIn Österreich bearbeitete die Staatsanwaltschaft mehrere Fälle, in denen bei aus z. B. Kasachstan und Kirgistan importiertem Holz russische Lieferanten vermutet wurden. Auffällig waren hierbei Holzsorten wie die Sibirische Lärche, die in Kirgistan überhaupt nicht wachsen und dennoch von dort geliefert wurden.[443] Öl und ÖlprodukteIm Februar 2023 verdichteten sich Hinweise, dass Öl und Ölprodukte aus Russland in großem Stil über Drittländer wie die Türkei und Indien in die EU gelangen. Die Öllieferungen Russlands an die Türkei waren auffälligerweise 2022 doppelt so groß wie 2021. Es wird angenommen, dass aus russischem Öl in der Türkei hergestellte Ölprodukte in großem Stil in den Westen weiterverkauft wurden und werden. Beispielsweise beorderte Shell seit dem 5. Dezember 2022 (Beginn des Verbots russischer Öl- und Ölproduktlieferung auf dem Seeweg in die EU) 600 000 Barrel türkische Raffinerieprodukte in die Niederlande; die gesamte EU bezog seither 20 Millionen Barrel solcher Produkte aus der Türkei.[444] Indiens Ölimporte aus Russland stiegen von Januar 2022 bis April 2023 auf das 37-fache, während die Ölprodukt-Exporte (z. B. Diesel und Flugzeugtreibstoff) Indiens in die EU auf das 6,7-fache stiegen.[427] Für Schiffsladungen ins Ausland, die nicht durch den Preisdeckel sanktioniert waren, konnte Russland während eines vorübergehenden, globalen Ölpreishochs im September 2023 einen Spitzenwert von 83 Dollar/Barrel erzielen.[445] Russische Handelsdaten aus dem Jahr 2023 zeigten, dass Russland in 99 % der Fälle mehr mit seinem Öl verdient, als der westliche Preisdeckel eigentlich erlauben sollte.[446] Einem Medienbericht aus dem Wall Street Journal zufolge hat sich der Haupthandelsstandort für russisches Öl von Genf nach Dubai verlagert.[447] Russische SchattenflotteMit dem Begriff „Schattenflotte“ wird im engeren Sinne eine Flotte von Tankern bezeichnet, die im Auftrag Russlands, jedoch unter fremder Flagge, Öl und Ölprodukte russischen Ursprungs transportiert und dabei die verhängten Embargos umgeht.[448] Dies geschieht nach Angaben von Greenpeace oft unter Missachtung international anerkannter Seefahrts-Sicherheitsstandards.[449] Die Umweltschutzorganisation zählte (mit Stand Oktober 2024) 192 bis dahin nicht sanktionierte Tanker mit einem Alter von über 15 Jahren zur Schattenflotte. Alle darin aufgelisteten Schiffe sind überaltert, viele weisen technische Mängel auf, waren zeitweise mit ausgeschaltetem automatischem Identifizierungssystem unterwegs, oder es wurde Ladung auf See an andere Tanker übergeben bzw. von ihnen übernommen.[450] Im Vorgriff auf den seit dem 5. Dezember 2022 geltenden Ölpreisdeckel soll Russland laut einem Bericht der Financal Times schon bis Anfang Dezember jenen Jahres über 100 alte Tanker angekauft haben. Ein Teil dieser Tanker stamme aus nahestehenden Staaten wie Iran oder Venezuela, die ebenfalls mit Sanktionen des Westens belegt sind. Diese angeschafften Schiffe seien damals meist 12 bis 15 Jahre alt gewesen und wären in einigen Jahren verschrottet worden.[451] Die Schattenflotte soll (mit Stand Anfang 2025) auf 1400 Schiffe angewachsen sein. Häufig sind diese unzureichend oder gar nicht versichert, fahren unter der Flagge kleiner Staaten[452] und gehören oft wechselnden Eigentümern bzw. zu undurchsichtigen Eigentümerstrukturen.[453][454] Im weiteren Sinn bezieht sich der Begriff Schattenflotte jedoch auch auf eine Reihe ziviler russischer Handels-, Fischerei- oder Forschungsschiffe, die durch die russische Regierung für Spionage und Sabotage genutzt werden.[454][455][456][457] Umladungen von Schiff zu Schiff auf offener SeeIm April 2023 wurde aufgrund von Satellitenbildern berichtet, dass im Lakonischen Golf Umladungen von Öl von kleinen auf große Tanker stattfinden. Die kleinen Tanker können die russischen Schwarzmeerhäfen gut anlaufen, die großen werden für den weiten Weg nach China und Indien, wohin russisches Öl jetzt meist verkauft wird, benötigt. Immer öfter würden die Transponder auf jenen Schiffen ausgeschaltet[458] oder mit spezieller Software gefälschte Positionen (die in einigen Fällen mittels Satellitenbildern aufgedeckt wurden) übermittelt.[459] Es werden Schiffe der russischen Schattenflotte hinter diesen Vorgängen vermutet, da westliche Reedereien das Öl nur noch zu den Bedingungen des Ölpreisdeckels transportieren dürfen.[460] Spionage und SabotageRussland nutzt seit der zunehmenden Spannung mit europäischen Staaten in Folge der Ukraine-Invasion zivile Schiffe, z. B. Fischtrawler, Yachten und Tanker zur Funküberwachung und Spionage.[461][462] Damit setzten russische Behörden eine Praxis aus dem Kalten Krieg fort: die Trawler der Fischereiflotte der UdSSR waren vielfach mit SIGNIT- und ELNIT-Gerätschaften ausgestattet und dienten zur Auskundschaftung militärischer und ziviler westlicher Schiffe und als Plattform für verdeckte Operationen.[463] Am 25. Dezember 2024 überquerte der von St. Petersburg kommende, unter der Flagge der Cookinseln fahrende und mit Benzin beladene Tanker Eagle S das Unterseekabel Estlink 2 im Finnischen Meerbusen. Zur gleichen Zeit beobachtete das Unternehmen Fingrid einen drastischen Leistungsabfall auf dem Kabel. Die finnische Küstenwache brachte die Eagle S, bei der ein Anker fehlte, daraufhin auf, geleitete sie in finnische Küstengewässer und finnische Behörden gingen an Bord. Laut Lloyd’s List soll zeitweise eine umfangreiche Ausrüstung zur Fernmeldeaufklärung auf dem Schiff mitgeführt worden sein. Der Stromverbrauch der Funküberwachungstechnik sei so hoch gewesen, dass das Bordstromnetz mehrfach ausfiel. Die Geräte wurden demnach auf der Brücke oder im monkey island genannten, höchsten zugänglichen Punkt des Schiffes betrieben und hätten zur Überwachung der Kommunikation von NATO-Schiffen und -Flugzeugen gedient. Bedient seien sie von russischen, türkischen oder indischen Funkoffizieren worden, schreibt die Zeitung.[464] Bei der Untersuchung der Eagle S durch finnische Behörden wurden solche Geräte allerdings nicht gefunden.[465] Des Weiteren wird vermutet, dass der Anker abriss, weil er mit dem Ziel, die Estlink 2-Leitung zu beschädigen, absichtlich über den Meeresgrund geschleift worden sein soll sowie, dass die Eagle S zur russischen Schattenflotte gehört.[466] siehe auch Hauptartikel: Estlink-2-Vorfall in der Ostsee 2024 GeldverkehrAm 28. Februar 2022, dem Tag des Inkrafttretens des Ausschlusses bedeutender russischer Banken vom SWIFT-Zahlungssystem, verbot Wladimir Putin per Dekret den Transfer von Devisen ins Ausland; zudem müssen Erträge in Devisen zu 80 % in Rubel getauscht werden.[467] Die russische Zentralbank beschloss zur Stabilisierung des Rubels den Leitzins von 9,5 % auf 20 % anzuheben.[468] Am 1. März 2022 schränkte Russland die Ausfuhr von ausländischem Bargeld auf maximal (umgerechnet) 10.000 Dollar ein.[469] Am 8. März 2022 setzte Russland den Devisenhandel bis September 2022 aus.[470] Am gleichen Tag drohte Andrei Turtschak, Generalsekretär von Einiges Russland, damit, ausländische Firmen, die sich als Reaktion auf die Invasion zurückgezogen hatten, zu verstaatlichen. Dies sei eine extreme Maßnahme, aber man werde nicht hinnehmen, in den Rücken gestochen zu werden.[471] Am 18. April 2022 gab die Russische Notenbankchefin Elwira Nabiullina bekannt, dass im Frühjahr und Sommer russische Hersteller nach neuen Partnern und Logistikmöglichkeiten suchen oder auf die Herstellung von Produkten früherer Generationen umsteigen müssten. Die Exporteure müssten sich nach neuen Abnehmern umschauen. Die Hauptprobleme wären die Importbeschränkungen und die schwieriger gewordene Logistik im Außenhandel. Auch die Exportbeschränkungen dürften sich zunehmend bemerkbar machen. Eine Phase des Strukturwandels und der Suche nach neuen Geschäftsmodellen müsse beginnen. Gegen die vom Westen verhängte Blockade russischer Gold- und Devisenreserven seien rechtliche Schritte geplant. Durch die ausländischen Sanktionen wurden etwa 300 der insgesamt rund 640 Milliarden Dollar großen Gold- und Devisenreserven eingefroren. Die Zentralbank erwäge, den Verkauf von Devisenerlösen durch Exporteure flexibler zu gestalten (Zwangsumtausch in Rubel).[472] Russland und Iran schlossen Anfang 2023 ein Abkommen zur grenzüberschreitenden Harmonisierung der Überweisungs- und Kommunikationssysteme von 106 russischen und 52 iranischen Banken, um die Folgen des beide Länder betreffenden SWIFT-Ausschlusses (der Iran war bereits 2018 aus SWIFT ausgeschlossen worden) zu umgehen.[473] Twitter, YouTube, InstagramAm 26. Februar 2022 wurde Twitter (jetzt X) in Russland gesperrt.[474] Facebook wurde teilweise ebenfalls blockiert.[475] Am 4. März schränkte die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor die Informations- und Pressefreiheit in Russland weiter ein. Sie beschränkte den Zugriff auf Websites westlicher Medien (darunter die Deutsche Welle und Radio Swoboda) und russischer Medien, wie Meduza, die ins Exil gezwungen worden war.[476] Russland blockierte YouTube, Facebook und Twitter für russische Internetnutzer.[403] Die Benutzung des Tor-Netzwerks, mit dem Sperrungen von Websites umgangen werden können, wurde durch die russischen Behörden erschwert, indem sie den einfachen Zugriff darauf blockierten.[477] Twitter gab hingegen am 8. März im Zuge der Zensurmaßnahmen seinen Dienst im Tor-Netzwerk frei.[478] Am 12. März wurde auch der bei Russen sehr beliebte Dienst Instagram blockiert. Instagram hatte in Russland fünfmal so viele Benutzer wie Facebook.[479] Am 21. März kam es zum Verbot von Facebook und Instagram durch die russische Justiz.[480] NGOsMit der Begründung, sie hätten gegen Gesetze verstoßen, ordnete Russland im April die Schließung[481] von 15 ausländischen NGOs an, meist deutsche Organisationen,[482] darunter:
FlugverkehrAm 28. Februar 2022 wurde der russische Luftraum für Luftfahrtunternehmen eben jener 36 Staaten gesperrt, die zuvor ihren Luftraum für russische Luftfahrtunternehmen gesperrt hatten.[294] Die russischen Fluggesellschaften S7 Airlines, Aeroflot, Rossija und Aurora stellten ab dem 5. März bzw. 8. März alle internationalen (exkl. Belarus) Flugverbindungen ein.[483][484] Bei Unternehmen, die Russland Flugzeuge geleast haben (laut Dachverband, der IBA-Group, betrifft dies jedes zweite kommerzielle Flugzeug in Russland), gibt es zudem die Befürchtung, dass Russland aus dem Kapstadt-Vertrag aussteigen könnte, um den Flugverkehr nach dem Verbot gegen Erneuerung bzw. Weiterführung von Leasingverträgen in der Luftfahrt nach dem 28. März 2022 sicherzustellen.[485] Unfreundliche StaatenMit Datum 5. März 2022 verfügte der Ministerpräsident, dass russische Verpflichtungen gegenüber Gläubigern in Ländern, die auf einer Liste „unfreundlicher Staaten“ stehen (Australien, Albanien, Andorra, Vereinigtes Königreich, Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Island, Kanada, Liechtenstein, Mikronesien, Monaco, Neuseeland, Norwegen, Südkorea, San Marino, Nordmazedonien, Singapur, USA, Taiwan, Ukraine, Montenegro, Schweiz und Japan) in Rubel zu einem von der Zentralbank festgelegten Kurs beglichen werden müssen. Außerdem müssen die Gläubiger ein Verrechnungskonto bei einer russischen Bank einrichten.[486][487] Infolge der Sanktionen kündigte Russland an, den Verkauf von russischem Erdgas an „unfreundliche Staaten“ (dazu gehören fast alle europäischen Länder einschließlich der Schweiz, die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und Südkorea) nur noch gegen Bezahlung in russischem Rubel zu erlauben. Die Ankündigung löste einen Kursanstieg des Rubels aus.[488] Einreisesperren und AusweisungenMitte März 2022 verhängte Russland Einreisesperren gegen US-Präsident Joe Biden und Kanadas Premierminister Justin Trudeau sowie zahlreiche kanadische und US-amerikanische Regierungsmitglieder.[489] Am 23. März 2022 wies Russland als Reaktion auf die Ausweisung von russischen UN-Diplomaten aus US-amerikanischem Staatsgebiet mehrere US-amerikanische Diplomaten aus.[490] Im Mai 2022 verhängte das russische Außenministerium Einreiseverbote gegen Japans Regierungschef Fumio Kishida und 62 weitere Beamte, Journalisten und Professoren wegen einer angeblichen „antirussischen Kampagne“. Zuvor hatte sich Japan an Sanktionen beteiligt. Die Einreiseverbote folgten jedoch auch vor dem Hintergrund des Kurilenkonflikts.[491] Im Juni 2022 erweiterte das russische Außenministerium die Liste der durch Einreiseverbote sanktionierten amerikanischen Staatsbürger, darunter Jill Biden, die Ehefrau von US-Präsident Joe Biden, die Tochter von Joe Biden, Jeffrey Sonnenfeld, der Begründer der Yale-Liste, und mehrere Professoren.[492] Stornierungen und AusfuhrbeschränkungenAls Reaktion auf den Ausschluss der russischen Teilnahme vom Eurovision Song Contest 2022 verließen mehrere russische Medien die Europäische Rundfunkunion.[493] Am 24. März stornierte Russlands Weltraumbehörde Roskosmos Satellitenstarts für europäische Unternehmen.[490] Russland kündigte zudem an, dass russische Wissenschaftler im Jahr 2022 nicht an internationalen Konferenzen teilnehmen würden.[494] Mehrere russische Influencerinnen zerschnitten aus Protest via Instagram ihre teuren Chanel-Taschen und gaben bekannt, dass sie sich durch den Rückzug der Luxusmarke Chanel diskriminiert fühlten. OligarchenAwen und Fridman kündigten an, gegen die Verhängung der Sanktionen gerichtlich vorzugehen. Fridman forderte, Oligarchen „stärker zu integrieren und zu versuchen, sie dazu zu bringen, Stellung zu beziehen“.[495] Sie wurden am 10. April 2024 vom EU-Gericht von der Sanktionsliste gestrichen.[496] Trotz der Sanktionen sollen Oligarchen wie Boris Rotenberg und sein Bruder Arkadi Rotenberg Wege gefunden haben, ihre internationalen Geschäfte weiterzuführen, auch mithilfe der Deutschen Bank. Dies wurde aufgedeckt durch die FinCEN Files.[497][498] Einige russische Oligarchen versuchten unter anderem ihre Yachten in die Malediven oder die Türkei zu steuern, um einer Konfiskation der Yachten in anderen Ländern zu entgehen.[499] Abramowitsch verlegte zwei Yachten in die Türkei, Usmanow seinen Jet im Wert von etwa 300 Mio. Euro am 28. Februar vom Münchner Flughafen nach Usbekistan.[500] In Deutschland wurden im April und im Mai 2022 die Yachten Dilbar und Luna festgesetzt. Sie gehören der Schwester von Alischer Usmanow bzw. Farchad Achmedow.[501] BildungssystemDie Russische Föderation wird sich aus dem Bologna-Hochschulsystem zurückziehen.[502] Das Russische Bildungsministerium rät von einem Studentenaustausch mit Europa im Rahmen des Erasmus-Programms ab.[503] Auswirkungen der Sanktionen in RusslandEine Studie von Gaur et al. (2023) zeigt, dass Sanktionen russische Unternehmen zwar anfänglich wirtschaftlich belasten, dieser Effekt aber mit der Zeit nachlasse: Russische Unternehmen passten sich durch Strategien wie Umstrukturierung und staatliche Unterstützung an und milderten so die Auswirkungen der Sanktionen; langfristig führten gezielte Sanktionen nicht zu einem dauerhaften wirtschaftlichen Schaden, da die Unternehmen effektive Anpassungsstrategien entwickeln, wodurch die beabsichtigte Wirkung der Sanktionen abgeschwächt werde, so die Autoren.[504] Mehrere europäische Finanzminister erklärten 2024 in einem gemeinsamen Beitrag, dass das Wachstum des russischen BSP durch Fiskalstimuli bei der Umstellung auf Kriegswirtschaft zurückzuführen sei.[505] Im Jahr 2023 wuchs Russlands BIP um 3,6 Prozent. Dies bestätigten auch westliche Wirtschaftsexperten.[506] Der IWF war noch zu Beginn des Jahres 2023 von einem Wachstum von 0,7 % ausgegangen.[507] Kriegswichtige Industrien wuchsen in den Jahren 2022 und 2023 (jedoch zulasten der zivilen Wirtschaft, die schrumpfte) um 35 % und machten 40 % des Wachstums der russischen Wirtschaft aus.
Laut Gabriel Felbermayr (Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, ehemaliger Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft) haben die Sanktionen ihre Wirkung in Russland Stand April 2023 aus verschiedenen Gründen nur bedingt entfaltet. So seien Warenströme nach Russland nicht gestoppt, sondern über Staaten, die sich den Sanktionen nicht angeschlossen hätten, umgeleitet worden.[436] Tatsächlich wuchs der Handel Russlands mit Nicht-EU-Staaten infolge der Sanktionen deutlich; unter anderem mit der Volksrepublik China, aber insbesondere auch mit der Türkei (um mehr als das Dreifache) und Armenien (um mehr als das Zehnfache). Bis zum Frühjahr 2024 hatten die russischen Importe so annähernd das Vorkriegsniveau erreicht.[440] Die Sanktionen stellten laut Felbermayr kein umfassendes Embargo dar, lediglich bestimmte Warengruppen unterlägen einem Lieferstopp. Die russische Wirtschaft sei auch nicht vollständig vom Interbankensystem SWIFT abgekoppelt worden, weil die EU weiterhin Gas aus Russland beziehe.[436] Schon nach der Annexion der Krim hatten westliche Sanktionen Russland mit Kosten von rund 50 Mrd. $ jährlich belastet; allerdings erlauben die immer vielfältigeren Kryptowährungen die Umgehung der Finanz-Sanktionen.[508]
Am 9. März 2022 sah die Ratingagentur Fitch Russland mit einer Abstufung seiner Bonität auf dem Devisenmarkt mit der Note C nur einen Schritt vor dem Staatsbankrott,[509] im Juni 2022 stellte Moody’s den Zahlungsausfall Russlands bei Staatsschulden in Fremdwährung fest.[510] Der Moskauer Börsenhandel blieb nach Verhängung der Sanktionen fast einen Monat geschlossen und eröffnete danach nur wieder sehr beschränkt.[511]
Laut The Guardian hat Russland seine Einkünfte durch den Verkauf fossiler Energien an die EU in den ersten zwei Monaten des Ukraine-Kriegs verdoppelt, und dies trotz eines kleineren Verkaufsvolumens.[512] Der Stern erklärte, Putin habe aufgrund der erhöhten Preise in den ersten vier Monaten des Jahres 2022 netto 96 Milliarden Dollar Gewinn erzielt, mehr als dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum.[513] Einige Wirtschaftsdaten von Zollbehörden, Zentralbank und Energieministerium wurden von Russland nicht mehr veröffentlicht.[514] Die Importe waren möglicherweise im Mai 2022 auf ein Niveau gefallen, das seit 20 Jahren nicht mehr so tief war.[515] Dennoch hatte der russische Staatshaushalt im Jahr 2022 mehr Geld eingenommen als im Vorjahr.[516] Stand April 2023 waren die russischen Umsätze mit Pipelinegas in Europa um 85 Prozent eingebrochen.[517] Mit Stand April 2023 förderte Russland zwar wieder soviel Öl, wie vor dem Krieg, seine Einnahmen daraus waren aber im Vergleich zum April des Vorjahres um ein Viertel gesunken.[426] Wenige Tage nach Verhängung verschärfter US-Sanktionen gegen die russische Öl- und Energiebranche Anfang 2025 wurden 65 Tanker, die mit russischem Öl und Ölprodukten beladen zumeist asiatische Häfen ansteuerten, von diesen abgewiesen.[518]
Das Verbot, Waffen und Hochtechnologie in das Land zu liefern, hat nach Ansicht einer internationalen Expertengruppe das Angriffspotential Russlands reduziert; so sei in Russland ein Mangel an moderner Militärtechnik (u. a. Kampfpanzer der neuesten Generation und Präzisionsgeschosse) entstanden. Nach Ansicht der Expertengruppe könnten die Auswirkungen in Russland noch deutlicher ausfallen, wenn die Vorschläge der Expertengruppe, bestimmte weitere Sanktionen zu erlassen, umgesetzt würden.[517] Laut The Telegraph sank die Auslieferungsrate von modernen Su-57-Kampfflugzeugen an das russische Militär zwischen 2023 und 2024 deutlich.[519] Frontelligence Insight kam in einer Analyse zu demselben Schluss und machte dafür die westlichen Sanktionen verantwortlich.[520]
Die Zahl der Touristen in Russland war im Jahr 2022 mit 200.000 im Vergleich zu den Jahren vor 2020 (vor der Pandemie kamen etwa 5 Millionen Touristen nach Russland) um mehr als 90 % niedriger.[521]
Repressionen bedeuteten für Russland wahrscheinlich eine Verschärfung der Abwanderung von jungen und hoch qualifizierten Arbeitskräften. Seit dem Amtsantritt Putins sind nach Zahlen einer Studie des Osteuropainstituts der Freien Universität Berlin zwischen 1,6 und 2 Mio. Personen aus Russland abgewandert, darunter Dissidenten.[522] Nach einer Umfrage, die auch in Russland für Aufsehen sorgte, sagten im Jahr 2019 insgesamt 44 % der 18–24-Jährigen, sie würden ihr Land gerne verlassen.[523] Seit Kriegsbeginn wurden größere Ausreisebewegungen aus St. Petersburg nach Helsinki dokumentiert, da Ausreisende von dort weiterfliegen können.[524] Georgien meldete Mitte März 2022 insgesamt 25.000 russische Einwanderer seit Start der Invasion.[525] Außerdem arbeiteten nach einer Studie der ILO 2017 mindestens eine halbe Million Ukrainer in Russland.[526] Da 1,5 Mio. Tadschiken in Russland arbeiten, strahlen die Sanktionen gegen Russland auch nach Zentralasien aus. In Tadschikistan machen Rücküberweisungen ins Heimatland 26,9 % des BIP aus, in Kirgisien sogar 30,4 %.[527][528] Die russischen Löhne stiegen im Jahr 2023 im Durchschnitt um 7,6 Prozent. Die Erhöhung der Löhne, die einen Kreditvergabe- und Immobilienpreisanstieg in Russland zufolge hatte, fußt unter anderem auf einem Fachkräftemangel.[506] Auch die Unternehmen in anderen Branchen hatten die Löhne erhöhen müssen, um attraktiv zu bleiben.[440]
Thomas Gomart, Leiter des Instituts IFRI, geht wegen des Konflikts und der Reaktionen darauf von einer Vertiefung der Bildung von Blöcken in politischer Hinsicht aus und betrachtet vor allem eine Annäherung zwischen Russland und China als wahrscheinlich. Das geschehe auch durch wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit.[529] Hierdurch könnte sich Russland auch stärker der chinesischen Technosphäre annähern.[530]
Laut dem russischen Elitenforscher Andrei Jakowlew, der russischen Ökonomin Alexandra Prokopenko und dem russischen Oppositionellen Ilja Jaschin haben die Sanktionen teilweise das Gegenteil von dem erreicht, was sie bewirken sollten. Da die Aktiva der russischen Geschäftsleute in der EU eingefroren sind, können russische Unternehmer weder ihre russischen Vermögen noch ihre Geschäfte in die EU verlagern. Es fehle somit bei den Sanktionen eine Exit-Option und die Möglichkeit für russische Geschäftsleute, Russland durch Kapitalflucht zu schaden. Anstelle einer Spaltung der russischen Eliten in Staat und Wirtschaft habe es ein Zusammenrücken gegeben, weil selbst Kriegsgegner unter den Eliten sanktioniert worden waren und wegen der personengebundenen EU-Sanktionen gezwungen waren, nach Russland zurückzukehren und mit dem russischen Staat zusammenzuarbeiten.[531][532][533] Laut EU sind rund 260 Mrd. Euro russische Vermögenswerte beschlagnahmt; die Zinsen darauf werden zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte, der Verteidigungsindustrie und des Wiederaufbaus der Ukraine verwendet.[534] Auswirkungen der Sanktionen auf andere LänderNach Einschätzung von Experten der Vereinten Nationen wird der Ukraine-Krieg auch die Lage von Millionen notleidenden Menschen weltweit und besonders in Syrien weiter verschlechtern, da ungefähr ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens in der Ukraine und Russland angebaut wird.[535] Zu den wichtigsten Abnehmerländern der Ukraine gehören u. a. Ägypten, Indonesien, Bangladesch, Pakistan, Türkei, Tunesien, Marokko, Jemen und auch der Libanon. Auch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bezieht 50 % seines Weizenbedarfs aus Russland und der Ukraine.[536] Im März 2022 verzeichnete der von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen seit 1990 veröffentlichte Food Price Index ein Rekordniveau der Lebensmittelpreise.[537] Die Internationale Energieagentur (IEA) gab im April weitere 120 Millionen Barrel an Rohölreserven frei, um die Folgen des Krieges an den Märkten abzumildern.[137] Mit dem Ende der Durchleitung großer Mengen Erdgas von Russland in Richtung Westen zum Jahreswechsel 2024/25 verlor die Ukraine 85 % der Einnahmen, die sie bislang durch die Benutzung ihres Gaspipelinenetzes erzielte. Zur Kompensation erhöhte sie die Netznutzungsgebühren für inländische Gaskunden, welche die bisher restlichen 15 % beisteuerten, mit Wirkung zum 1. Januar 2025 drastisch, auf etwa das Vierfache.[538] In Moldawien, das auf das durch die Ukraine gepumpte russische Gas angewiesen war, wurde Anfang Dezember 2024 angesichts des bevorstehenden Gasmangels der Energienotstand ausgerufen. Hintergrund ist, dass der Großteil des Stroms in Moldawien mit einem in Transnistrien befindlichen Gaskraftwerk gewonnen wird.[539] Eine leistungsfähige Anbindung ans europäische Stromnetz besteht nicht; Moldawien bekommt lediglich über eine kleinere Leitung Strom aus Rumänien.[540] Gasprom legte allerdings, ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 2025, den mit Moldawien bestehenden Gasliefervertrag wegen angeblicher Zahlungsrückstände auf Eis.[539] In Moldawien gab es seit dem Ende der russischen Gaslieferungen Stromabschaltungen und massive Ausfälle von Wohnhausheizungen.[541] Der Slowakei, die sehr auf russisches Gas für den Eigenverbrauch angewiesen war, entgehen seit dem 1. Januar 2025 zudem etwa 500 Millionen Euro/Jahr, die sie bislang für die Durchleitung des aus der Ukraine kommenden russischen Gases nach Mittel- und Westeuropa einnahm.[542] Ihr Ministerpräsident Fico drohte der Ukraine mit einem Stop slowakischer Stromlieferungen und einer schlechteren Behandlung der in der Slowakei etwa 130 000 untergekommenen ukrainischen Flüchtlinge.[543] In Europa insgesamt betragen die Mehrkosten infolge des Boykotts oder Ausfalls russischer Gasliefererungen etwa 60 bis 70 Milliarden €.[543] Siehe auch
Weblinks
Belege
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