Share to: share facebook share twitter share wa share telegram print page

 

Pavillonstil

Die begrünte Promenade trennt die rechts und links davon angesiedelten Fachkliniken des Rudolf-Virchow-Krankenhauses in Berlin

Als Pavillonstil oder Pavillonbauweise wird eine Periode bei der Konzeption von Krankenhausbauten Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Diese Bauweise sollte eine Therapie im Krankenhaus in kleinen Gruppen von Patienten in grüner Umgebung ermöglichen.

Stilmerkmale und Hintergründe

Alle Gebäude sind in sich funktional relativ autark und liegen in einer parkähnlichen Umgebung. Diese dezentrale Struktur entstand mit Blick auf eine angenehme Atmosphäre zur Genesung des Patienten, entsprach genauso dem Autonomiebedürfnis von Chefärzten und Professoren der Zeit um 1900 und galt als modern, richtungweisend sowie unter hygienischen Aspekten vorteilhafter (die Bildung autarker Gebäudeinseln sollte der Ausbreitung von Krankheiten über das ganze Klinikareal entgegenwirken).

Beispiele

  • Royal naval hospital (1764), Plymouth, England
  • Hôpital de la Marine (ab 1782), Rochefort, Frankreich[1],[2].
  • Das 1854 eingeweihte Hôpital Lariboisière in Paris wurde nach den damaligen hygienischen Vorstellungen aus einzelnen Pavillons gebaut, um Ansteckungen zu vermeiden.
  • Am 1. Juli 1876 wurde die Provinzial-Irren-Anstalt Rittergut Altscherbitz unter Leitung von Köppe gegründet. Sie besteht heute als Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz in Schkeuditz vor den Toren Leipzigs fort. Insbesondere Köppes Nachfolger, Geheimrat Paetz, trieb die vom Gründungsdirektor begonnenen Innovationen voran, indem er weitere Pavillons errichten ließ und das Offen-Tür-System, das Wachsaalsystem sowie die Arbeitstherapie einführte.[3]
  • Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, 1885–1889 als Allgemeines Krankenhaus Eppendorf in Pavillonbauweise erbaut.
  • Das 1891 bis 1895 hauptsächlich nach Plänen von Paul Rowald errichtete städtische Nordstadtkrankenhaus in Hannover gilt als eine der ersten Kliniken in Pavillonbauweise.
Allgemeines Krankenhaus St. Georg in Hamburg-St. Georg. Gesamtansicht im Jahr 1902
  • Das 1896 eröffnete Landeskrankenhaus Klagenfurt, heute Klinikum Klagenfurt, wurde im Pavillonstil erbaut.
  • Allgemeines Krankenhaus St. Georg (seit 2005 Asklepios Klinik St. Georg) in Hamburg, eröffnet 1823, bis 1900 in Pavillonbauweise erweitert.
  • 1901 wurde das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden von Stadtbaurat Edmund Bräter in diesem Stil errichtet. Es steht heute unter Denkmalschutz.[4]
  • Das Rudolf-Virchow-Krankenhaus von 1906 war das letzte in diesem Stil erbaute Krankenhaus in Berlin.[5] Die Gebäude lagen alle an einer langen Allee. Fast jede Station verfügt über ein eigenes Gebäude, in dem jeweils Bettenhaus und Behandlungsräume vereint waren. Die Patienten sollten auf diese Weise in kleine Gruppen aufgeteilt werden, umgeben vom Grün des Krankenhausparks.
  • Die Heilanstalt Heidehaus in Hannover entstand 1907 zur Behandlung von Tuberkulosepatienten.
  • Die Niederösterreichische Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke „Am Steinhof“ (seit 2020 Klinik Penzing) in Wien-Penzing wurde nach Plänen von Otto Wagner und Carlo von Boog im Jahre 1907 eröffnet.
  • Im Jahr 1908 wurde die „Großherzogliche Landes-Irrenanstalt bei Alzey“ als staatliche Anstalt für Rheinhessen eröffnet, gebaut vom Großherzoglichen Hochbauamt Mainz unter Mitwirkung von Alexander Beer, heute Rheinhessen-Fachklinik Alzey.[6]
Lageplan der Landesirrenanstalt Teupitz zum Zeitpunkt der Eröffnung 1908

Weiterentwicklung

Bei späteren Bauten wurde das Trabantensystem bevorzugt, bei dem mehrere Stationen oder Kliniken in einem Haus zusammengefasst wurden. An diesem System wurde später bemängelt, dass es „mit einem blockartigen Hauptbau und den mehr selbständigen Abteilungen in Pavillonart mit jeweils dahinterliegenden Behandlungsflügeln“ viel zu lange Transportwege für die Patienten der einzelnen Abteilungen aufweise.[11]

Für ein modernes Krankenhaus ist der Pavillonstil wegen der teilweise isolierten Lagen und der langen Transportwege ohne Wetterschutz für Patientenbewegungen und Essensversorgung überholt. Zentrale OP- und Laboreinrichtungen erfordern eher eine horizontal oder vertikal netzartige Struktur der Bettenhäuser und Stationen.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Raymond Riveau : La naissance de l'hôpital maritime de Rochefort, In Rochefort 1666-1966, mélanges historiques, Ville de Rochefort, 1966, S. 145–154 (französisch).
  2. Anne Pétillot, Georges Fessy : Patrimoine hospitalier, éditions Scala, 2004 (französisch).
  3. Geschichte. In: skh-altscherbitz.sachsen.de. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  4. Geschichte. In: uniklinikum-dresden.de. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  5. Charité Campus Virchow-Klinikum (CVK). In: charite.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. Oktober 2010; abgerufen am 16. Februar 2023.
  6. 100 Jahre Rheinhessen Fachklinik Alzey, Gründungs- und Baugeschichte, Seite 38 bis 40
  7. Wolfgang Stumme: Die Geschichte der Krankenhäuser in Mainzy. In: regionalgeschichte.net. 29. Juli 2016, abgerufen am 16. Februar 2023.
  8. Städtebaulicher Essay zum LKH-Universitätsklinikum Graz
  9. Das LKH, "Weltwunder" für Graz
  10. 100 Jahre LKH-Universitätsklinikum Graz
  11. Aus der grünen Bibel. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1961 (online).
Kembali kehalaman sebelumnya


Index: pl ar de en es fr it arz nl ja pt ceb sv uk vi war zh ru af ast az bg zh-min-nan bn be ca cs cy da et el eo eu fa gl ko hi hr id he ka la lv lt hu mk ms min no nn ce uz kk ro simple sk sl sr sh fi ta tt th tg azb tr ur zh-yue hy my ace als am an hyw ban bjn map-bms ba be-tarask bcl bpy bar bs br cv nv eml hif fo fy ga gd gu hak ha hsb io ig ilo ia ie os is jv kn ht ku ckb ky mrj lb lij li lmo mai mg ml zh-classical mr xmf mzn cdo mn nap new ne frr oc mhr or as pa pnb ps pms nds crh qu sa sah sco sq scn si sd szl su sw tl shn te bug vec vo wa wuu yi yo diq bat-smg zu lad kbd ang smn ab roa-rup frp arc gn av ay bh bi bo bxr cbk-zam co za dag ary se pdc dv dsb myv ext fur gv gag inh ki glk gan guw xal haw rw kbp pam csb kw km kv koi kg gom ks gcr lo lbe ltg lez nia ln jbo lg mt mi tw mwl mdf mnw nqo fj nah na nds-nl nrm nov om pi pag pap pfl pcd krc kaa ksh rm rue sm sat sc trv stq nso sn cu so srn kab roa-tara tet tpi to chr tum tk tyv udm ug vep fiu-vro vls wo xh zea ty ak bm ch ny ee ff got iu ik kl mad cr pih ami pwn pnt dz rmy rn sg st tn ss ti din chy ts kcg ve 
Prefix: a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9