Der Sohn eines Musikers begann zunächst ein Architekturstudium, nahm dann aber – gemeinsam mit Gustaf Gründgens – privaten Schauspielunterricht bei Louise Dumont in Düsseldorf, wo er auch sein Theaterdebüt gab. Später gab er an, durch Besuche im KölnerHänneschen-Theater, einem Puppentheater, für den Beruf des Schauspielers begeistert worden zu sein.[1] Engagements an die Hamburger Kammerspiele unter Erich Ziegel und nach Berlin folgten. Dort fand er 1930 den Weg zum Film, in dem er schnell zu einem gefragten Charakterkomiker aufstieg. Kemps Spezialität waren skurrile Alltagsmenschen mit leicht verschmitztem Humor, denen oft dominante Frauenrollen (u. a. Lucie Englisch) zur Bildung eines Buffo-Paares gegenübergestellt wurden. In diesem Charakterfach bewies Kemp eine große Bandbreite, die vom biederen Kleinbürger bis zum tragikomischen Träumer reichten. Er spielte in PabstsDie Dreigroschenoper (1931), Fritz LangsM (1931), im Opernfilm Die verkaufte Braut (unter der Regie von Max Ophüls) und die Titelrolle in Charleys Tante (1934). Seine Vielseitigkeit konnte er auch in Reinhold SchünzelsAmphitryon – Aus den Wolken kommt das Glück (1935) unter Beweis stellen, in dem er sowohl den feinfühligen und der menschlichen Rasse überdrüssigen Götterboten Mercurius als auch den ungepflegten, ungebildeten und unverständigen Diener Sosias verkörperte. Seinen dominant-weiblichen Widerpart übernahm Fita Benkhoff, die andere Doppelrolle des Amphitryon und Jupiter selbst Willy Fritsch. Kemp stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[2]
Die Nachkriegsjahre boten Kemps schauspielerischem Talent nur wenig Herausforderungen, die Rollen wurden kleiner. Am 13. August 1953 starb Paul Kemp, gerade erst 57 Jahre alt, in der Bonner Universitätsklinik an den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs. In seiner Trauerrede sagte Schauspielerkollege Albrecht Schoenhals:
„Ein Lachen ist gestorben! Paulchen Kemp ist nicht mehr! Als ‚Paulchen‘ formte er einen Teil der fröhlichen Seite der deutschen Seele mit. Es gab Kritiker, die ihn zwischen den großen Clown Grock und den herrlichen Komiker Charlie Chaplin stellten. Aber er hatte seinen eigenen Rang. Über seiner Komik war der Humor gelagert, der aus dem Herzen kam und im Herzen mündete: das reife und weise und gütige Lächeln eines ganzen Menschen, der im Grunde sehr ernst war.“
Kemps efeubewachsenes Grab befindet sich auf dem Burgfriedhof der Godesburg; den Grabstein ziert ein Relief Kemps und der Schriftzug „Filmschauspieler“.
1978 wurde die Bachstraße in Bad Godesberg, in der sich sein Elternhaus befindet, nach Paul Kemp benannt.[3]
1930 Theater am Nollendorfplatz. Vicki Baum Menschen im Hotel (Uraufführung). Regie: Gustaf Gründgens. Rolle: Kringelein, Buchhalter mit Sybille Binder, Tibor von Halmay, Margarethe Köppke
1930 Theater am Nollendorfplatz. Arnold Zweig Der Streit um den Sergeanten Grischa. Regie: Alekseij Granovskij. Rolle: Hermann Sacht mit Hermann Thimig, Dagny Servaes
1930 Komödie, Berlin. George Bernhard Shaw Soll man heiraten?. Regie: Karl-Heinz Martin. Rolle: Collins mit Heinz Rühmann, Elsa Wagner, Gustaf Gründgens, Max Gülstorff, Ida Wüst
1930 Komödie, Berlin. Mischa Spoliansky Wie werde ich reich und glücklich? (Uraufführung). Regie: Erich Engel. Rolle: Ein Standesbeamter mit Dolly Haas, Oscar Karlweis, Blandine Ebinger
1930 Kammerspiele des Deutschen Theaters, Berlin. Molière Die Schule der Frauen. Regie: Hans Deppe. Rolle: Ein Notar mit Hans Brausewetter, Max Gülstorff, Lore Anne Mosheim
1930 Deutsches Theater, Berlin. William Shakespeare Ein Sommernachtstraum. Regie: Max Reinhardt. Rolle: Squenz, Zimmermann mit Vilma Degischer, Otto Wallburg, Else Elster
1930 Deutsches Theater, Berlin. Ferdinand Bruckner Elisabeth von England (Uraufführung). Regie: Heinz Hilpert. Rolle: Gresham mit Agnes Straub, Adolf Wohlbrück, Gustaf Gründgens
1931 Deutsches Theater, Berlin. Carl Zuckmayer Der Hauptmann von Köpenick (Uraufführung). Regie: Heinz Hilpert. Rolle: Wabschke, Zuschneider mit Werner Krauß, Ilse Fürstenberg, Eduard von Winterstein
1931 Theater am Kurfürstendamm, Berlin. Ilse Langner Die Heilige aus den USA. Regie: Ludwig Berger. Rolle: Hiram Craft mit Agnes Straub, Brigitte Horney, Egon Friedell
Literatur
Paul Kemp: Blühendes Unkraut. Heiteres aus meinem Leben. Zeichnungen von Franziska Bilek. Bonn, Athenäum-Verlag, 1953.
Jürgen Küpper: Im Dienst der heiteren Muse. Vor 50 Jahren starb Paul Kemp. Stationen eines rastlosen Künstlerlebens. In: Godesberger Heimatblätter. 41, 2003, ISSN0436-1024, S. 148–163.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 353.