Otto Flake (* 29. Oktober1880 in Metz, Deutsches Reich; † 10. November1963 in Baden-Baden) war ein deutscherSchriftsteller. Flake gehörte neben Carl Einstein, Robert Müller und Robert Musil zu den wichtigsten expressionistischen Vertretern einer reflektiven Prosa, die Narration und Reflexion ineinandersetzten. Obzwar er nach 1945 zu Lebzeiten eine Wiederentdeckung erfuhr, ist er heute weitgehend vergessen. Zu den wichtigsten Dokumenten der Unterströmung des modernen Romans gehören der Großstadtroman Die Stadt des Hirns aus dem Jahre 1919 und Ja und Nein von 1920 mit ihrem Helden Lauda.
Flake wurde am 29. Oktober 1880 in Metz geboren. Er besuchte das Gymnasium in Colmar und studierte anschließend Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Straßburg. Dort gehörte er zur Künstlergruppe Das jüngste Elsaß (auch Der Stürmerkreis).
Seine ersten beruflichen Stationen waren Paris und Berlin, wo er als regelmäßiger Mitarbeiter der Neuen Rundschau tätig war und später zu den auflagenstärksten Autoren der Weimarer Republik gehörte. In dieser Zeit unternahm er zahlreiche Reisen, über die er in seiner Essaysammlung Das Logbuch berichtet hat (publiziert 1917 bei S. Fischer). Unter anderem traf er bei einem Besuch in Konstantinopel auf Friedrich Schrader und Max Rudolf Kaufmann, beide damals bekannt für ihre Übersetzungen moderner türkischer Literatur und zahlreiche Beiträge über osmanische Kultur im Feuilleton der Frankfurter Zeitung.[1]
Von 1907 bis 1911 war Otto Flake mit der Ärztin und Sozialistin Minna Flake geb. Mai verheiratet, das Paar hatte einen 1908 geborenen Sohn, Thomas.
1920 legte er eine deutsche Übersetzung des berühmten Romans von Honoré de Balzac, Verlorene Illusionen, vor.[3] Im selben Jahr erkannte er zeitgleich mit Eduard KorrodiHermann Hesses Urheberschaft des Demian.[4] Seit 1928 lebte er nach seiner Ausweisung aus Südtirol (wo er am Ritten lebte) mit seiner Familie in Baden-Baden, wo er mit Ivo Puhonny bekannt wurde. Dessen Tochter Doris illustrierte Flakes Märchenbuch Der Straßburger Zuckerbeck (1933).
„Ganz fremd ist Flake, ich weiß es, ganz isoliert mit dieser seiner Art in unserer neueren Literatur, aber notwendig, sehr notwendig, denn er beweist den Deutschen, denen Dichtung fast immer eins ist mit Dämmerung, am besten, dass Kunst auch Klugheit sein kann und zwar Klugheit mit Kraft.“
Nationalsozialismus
1933 unterschrieb Flake wie 87 weitere deutsche Schriftsteller eine Ergebenheitsadresse an Adolf Hitler, das Gelöbnis treuester Gefolgschaft, worum ihn sein Verleger Samuel Fischer ersucht hatte, um dessen Verlag zu unterstützen (Fischer galt nach den Kategorien der Nazis als Jude). Zudem war Flakes fünfte Ehefrau in der Terminologie der Nazis eine „Halbjüdin“, und er glaubte, auch sie dadurch zu schützen. Für diese Unterschrift wurde er unter anderem von Thomas Mann, Bertolt Brecht und Alfred Döblin scharf kritisiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach Kriegsende 1945 wurde Flake von der französischen Besatzungsmacht in den Kulturrat von Baden-Baden berufen, der mit der Durchführung von Ausstellungen und Vorträgen betraut war. Als gebürtiger Lothringer setzte er sich für die Aussöhnung von Deutschen und Franzosen ein. Als Autor wurde er nach 1945 zunächst kaum mehr wahrgenommen und schrieb unter Pseudonym. 1954 erhielt Otto Flake den Johann-Peter-Hebel-Preis des Landes Baden-Württemberg. Im Jahr 1958 setzte sich der junge Rolf Hochhuth nachdrücklich für den vergessenen Flake ein, worauf bei Bertelsmann mehrere Titel des verarmten und depressiven Autors neu aufgelegt wurden und in 28 Monaten sich rund 1 Million Exemplare verkauften.[6]
Am 10. November 1963 starb Otto Flake in Baden-Baden. Sein Nachlass befindet sich in der Stadtbibliothek Baden-Baden und im Deutschen Literaturarchiv Marbach.[7][8]
Otto Flake war fünfmal verheiratet, davon zweimal mit der Mutter seiner Tochter. Die Tochter Eva Maria Seveno starb am 21. Februar 2010 im Alter von 89 Jahren in der Nähe von Lübeck.[9]
Friedrich Sieburg beschreibt Flake als Moralisten mit dem Drang, die menschliche Natur zu bilden, [...] als Prophet, dem man nicht glaubte, Lehrer, dem man nicht folgte.[10] In der DDR wurde Flakes Das Ende der Revolution (1920) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[11]
Alexandre Dumas: Die Kameliendame. Roman. Deutsche Übertragung von Otto Flake, 1907
Alain-René Lesage: Der hinkende Teufel. Roman. Übers. v. G. Fink. Illustriert von Fritz Fischer. Neu hrsg. u. eingel. von Otto Flake. 1910
Benjamin Constant: Adolf. Aus den Papieren eines Unbekannten. Übersetzt und eingeleitet von Otto Flake. 1910
Michel de Montaigne, Gesammelte Schriften. Historisch-kritische Ausgabe mit Einleitungen und Anmerkungen unter Zugrundelegung der Übertragung von Johann Joachim Bode, hrsg. von Otto Flake und Wilhelm Weigand. 8 Bände. 1911
Mirabeau: Mirabeaus Briefe an Sophie aus dem Kerker von Vincennes. Deutsch. Mit einer Einleitung von Otto Flake
Peter de Mendelssohn: Zu Otto Flakes 100. Geburtstag. (Nachwort in Es wird Abend.) Fischer TB, 1980, S. 609–614
Ferruccio Delle Cave (Hg): Die Unvollendbarkeit der Welt. Ein Symposium. (über Flake) Edition Rætia, Bozen 1992
Friedrich Sieburg: Otto Flake und die Deutschen. Nachwort in: Otto Flake: Schloß Ortenau. Sommerroman. Old Man. Drei Romane. S. Fischer, Frankfurt 1974 ISBN 978-3-10-021103-3 S. 777–781
Michael Farin (Hrsg.): Otto Flake. Annäherungen an einen Eigensinnigen. Baden-Badener Bibliotheksgesellschaft, 1985
Gerd Stockebrand: Otto Flake und der literarische Expressionismus. Phil. Diss. Würzburg 1988
Michael Farin, Raoul Schrott (Hrsg.): Otto Flake und Dada: 1918–1921 (= Vergessene Autoren der Moderne; Bd. 56). Universität-Gesamthochschule Siegen, 1993
↑Die Streifzüge mit den beiden beschreibt er im Kapitel "Aus Konstantinopel": Über Schrader: „Er war seit seiner Jugend im Lande und kannte es besser, viel besser als irgendein Türke – so gut, wie nur ein Deutscher mit philologischen Neigungen und deutscher Hingabe an fremde Zustände ein Land kennen kann. Er war ein vollständiger Gelehrter, der alle Sprachen und alle Literaturen dieses Reiches beherrschte, ein Kenner der Geschichte und der Kultur der vergangenen Jahrhunderte. Statt Journalist in Konstantinopel müsste er Professor an einer Universität sein.“ – Otto Flake, 1914, Aus Konstantinopel: Neue Rundschau, 15. Jg., Bd. 2, S. 1666–1687 (Zitat auf S. 1678f.). Max Rudolf Kaufmann erwähnt Flake im Zusammenhang mit seinem Istanbul-Aufenthalt als "jungen Schweizer Journalisten" in seiner Autobiographie "Es wird Abend".
↑Otto Flake: Es wird Abend. Eine Autobiographie. S. 230–231. S.Fischer, Frankfurt 1980
↑Inhalt: Caramba; Die Prophezeiung; Zwischen den Schlachten; Barmherzigkeit, Lehrgeld, Bruder, Momente
↑ein früher experimenteller Roman; gilt manchen als ein wichtiger expressionistischer Roman der deutschen Literatur. Auszug siehe 1922
↑hier beschreibt Flake sein Verhältnis zu Expressionismus und Dadaismus
↑enthält: Zwischen den Schlachten, Der Gepard, Der Knabe, Bruder, Die Kaiserin, Byk
↑Auszug daraus als Die Scheidung 1929. Wieder im Sammelband, zus. mit "Schloss Ortenau" und "Old Man" bei S. Fischer, 1974, ISBN 978-3-10-021103-3. Kurzes Nachwort Friedrich Sieburg
↑Dieses Buch war der Anlass dafür, dass seine Bücher nicht mehr in reichsweite Bibliotheken aufgenommen werden durften. Es war zwar nicht verboten, doch wurde Flake jetzt weitgehend totgeschwiegen
↑Dem Titel nach eine Unterstützung der deutschen Eroberung des Elsass. Titeleien stammen nicht notwendig vom Autor eines Buches
↑auch im Sammelband von 3 Romanen, siehe Sommerroman
↑Aufsatz über Flake von Willi Drost; zwei Beiträge von Flake. Bibliographie
↑Spätere Aufl. im Bertelsmann Lesering o. J. mit zusätzl. Nachwort S. 475–478 über den Roman-Anlass
↑häufige Auflagen, einige mit Nachwort des Verf., Meine badischen Romane, dieses in drei Versionen (1936, 1947, 1959); zum Beispiel in: Bertelsmann Lesering 1959 und o. J. (1975)