Die Vertreter sind einzellige, langgestreckte Kieselalgen. Die Zellen haben die für Kieselalgen typische Schale aus zwei Theken. Die Schale ist in Seitenansicht zumeist rechteckig, selten auch sigmoid. In Schalenansicht ist sie schiffchenförmig oder linealisch, kann in der Mitte auch leicht eingeschnürt sein. Im Querschnitt sind die Zellen rautenförmig. Die Raphen verlaufen – unüblich für pennate Kieselalgen – nicht in der Mitte der Schale, sondern zum Rand versetzt. Die Raphen von Ober- und Unterschale sind dabei diagonal entgegengesetzt. Die Zellen enthalten ein oder zwei langgestreckte, seitenständige Plastiden, die durch Fucoxanthin goldbraun gefärbt sind. Die Plastiden reichen von der Seite her in beide Schalenebenen. Die Zellen sind 30 bis 500 Mikrometer lang.
Die ungeschlechtliche Fortpflanzung erfolgt durch die typische Zweiteilung der Kieselalgen. Geschlechtliche Fortpflanzung erfolgt durch Anisogamie, wobei pro Zelle zwei Gameten, selten nur einer, gebildet werden. Im Anschluss erfolgt während der Auxosporenbildung die Zellvergrößerung.
Vorkommen
Die Vertreter der Gattung Nitzschia leben auf verschiedenen Substraten in fließenden und stehenden Gewässern, auch in Brackwasser und Meerwasser. Einige Arten leben auch als Plankton.
Heterotrophe Arten
Als Ausnahme innerhalb der Kieselalgen umfasst die Gattung eine Reihe von Arten, die die Fähigkeit zur Photosynthese sekundär aufgegeben haben. Diese „apochloritischen“ Arten sind also auf organische Kohlenstoffquellen angewiesen, ihre Ernährung ist heterotroph. Die apochloritischen Arten besitzen weiterhin Plastiden, diese sind allerdings nicht mehr grün gefärbt, sondern farblos. Die Arten wurden auf verrottendem Seegras und Algen, meist in Mangrovensümpfen, gefunden. Obwohl die Befunde darauf hindeuten, dass der Verlust der Photosynthesefähigkeit innerhalb der Gattung nur einmal stattgefunden hat, sind die Ergebnisse nicht eindeutig. Rein heterotrophe Kieselalgen sind auf einige Arten der Gattung Nitzschia und eine einzige Art der verwandten Gattung Hantzschia beschränkt, zahlreiche andere Arten sind allerdings mixotroph.[5]
Mikrofossilien
Die von E. O’Meara 1876 als Terebraria kerguelensis beschriebenen Mikrofossilien wurden von Grethe Rytter Hasle 1965 ebenfalls in die Gattung Nitzschia gestellt; diese Zuordnung ist jedoch nicht allgemein akzeptiert.[6][7]
Im Jahr 2019 gaben Kensuke Toyoda et al. die Entdeckung eines ssRNA-Virus mit positiver Polarität bekannt, das den Stamm N. reversa KT30 infiziert.
Das bislang vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) noch unbestätigte Virus (Stand 1. Januar 2025) mit Bezeichnung „Nitzschia reversa RNA virus“ (NitRevRNAV)[11][15] ist unbehüllt, sein Kapsid hat ikosaedrische Symmetrie mit einer Größe von 30 nm.[11]
Sein Genom hat eine Größe von etwa 9.000 nt (Nukleotiden) und es gibt zwei Offene Leserahmen (Open Reading Frames, ORFs).[15]
Diese Merkmale ähneln stark denen der bisher bekannten Kieselalgen-RNA-Viren, so dass NitRevRNAV von den Autoren vorläufig als neues Mitglied der Gattung Bacillarnavirus in der Familie Marnaviridae (Ordnung Picornavirales) angesehen wurde.[11]
Marine Kieselalgenviren wie NitRevRNAV können die kann die Artenvielfalt (Diversität) dieser Algengruppe in ihrer natürlichen Umgebung stark beeinflussen. Sie sind daher von besonderem Interesse der multidisziplinären Forschung geweckt.[11]
Anmerkungen
↑Nitzschia reversaW. Smith, 1853 ist gelistet in der AlgaeBase[10] und der Taxonomie des NCBI, gilt in der WoRMS aber als Synonym für Nitzschia lorenziana var. incertaGrunow in Cleve & Grunow, 1880; dabei gelten dort die folgenden Varianten als unsicher:
Nitzschia reversa f. crassiorElenkin, 1914
Nitzschia reversa f. parva(Van Heurck) Bukhtiyarova, 1995
Nitzschia reversa f. reversaW. Smith, 1853
Nitzschia reversa var. majorGrunow, 1862
↑Der Name Nitzschia elongata ist doppelt vergeben: Nitzschia elongataHassal, nom. illeg., 1845 als Kieselalgendpezies und der Plattwurmspezies Nitzschia elongata (Nitzsch, 1826) Johnston, 1865[4]
Karl-Heinz Linne von Berg, Michael Melkonian u. a.: Der Kosmos-Algenführer. Die wichtigsten Süßwasseralgen im Mikroskop. Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09719-6, S. 224.
↑Anastasiia Onyshchenko, Elizabeth C. Ruck, Teofil Nakov, Andrew J. Alverson (2019): A single loss of photosynthesis in the diatom order Bacillariales (Bacillariophyta). American Journal of Botany (early view, preprint) doi:10.1002/ajb2.1267
↑
E. O’Meara: Contributions to the Botany of H.M.S. ‘Challenger.’ XXVIII. On the Diatomaceous Gatherings made at Kerguelen's Land by H. N. Moseley, M.A., H.M.S. ‘Challenger.’. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Band 15, Nr. 82, März 1876, S. 55–59; doi:10.1111/j.1095-8339.1876.tb00222.x, Epub 5. Januar 2009.