Der Begründer des Festivals Perry Farrell entschied sich für den Namen Lollapalooza, nachdem er den Begriff in einem Kurzfilm der Three Stooges von Schauspieler Moe Howard gehört hatte. In einem Interview für den Rolling Stone 1994 antwortete er auf die Frage nach der Bedeutung: „Es bedeutet jemanden oder etwas Besonderes, Exzellentes oder Außergewöhnliches. Es kann auch riesiger Lutscher bedeuten.“[3]
Lollapalooza wurde erstmals 1991 von Perry Farrell als Abschiedstour seiner Band Jane’s Addiction organisiert. Als Partner bei Planung und Durchführung fungierten weitere Personen aus dem Bandumfeld, so der Schlagzeuger Stephen Perkins, Manager Ted Gardner, und die beiden Booking Agents der Band, Marc Geiger and Don Muller.[4][5]
Das Line-Up der Lollapalooza-Festivals war genreübergreifend und brachte z. B. 1991 so unterschiedliche Künstler wie Ice-T und die Nine Inch Nails zusammen. Im Gegensatz zu anderen Festivals tourte das Lollapalooza-Festival durch die USA und Kanada.
Ein weiteres Konzept des Festivals war die Einbeziehung von nicht-musikalischen Auftritten, z. B. von Freak-Shows wie dem Jim Rose Circus oder Shaolin-Mönchen. Außerdem gab es Kunstausstellungen, Virtual-Reality-Spiele und Informationsstände von politischen und ökologischen Nichtregierungsorganisationen.
Im Jahr 1996 stieg Farrell aus Protest gegen die „Verbannung“ alternativer Bands auf die kleinen Bühnen und die Buchung von Metallica aus der Produktion und Veranstaltung des Lollapalooza aus und verkaufte seine Rechte an die William Morris Agency.[6][7] Metallica als Headliner wurden 1996 laut dem Rolling Stone vom Publikum weitestgehend ignoriert.[8] Das Lollapalooza fand im Folgejahr 1997 vorerst letztmalig statt.
Als Headliner für 1998 wurde Farrells kurz zuvor wiedervereinigte Band Jane’s Addiction eingeplant. Doch als Farrell Anfang 1998 die Teilnahme absagte, sah sich die Buchungsagentur William Morris Agency außerstande, kurzfristig einen attraktiven Ersatz zu verpflichten und Ted Gardner, damaliger Miteigentümer von Lollapalooza, sagte die Festivalreihe komplett ab.[5][9]
2003 bis 2004
Eine Neuauflage der Festivalreihe für 2003 verlief wenig erfolgreich, da viele Besucher wegen hoher Kartenpreise und starkem kommerziellen Sponsoring fernblieben. Diese Entwicklung setzte sich fort, sodass die Festivals wegen schleppendem Vorverkauf im Juni 2004 komplett abgesagt wurde.[10]
Neustart 2005
Ab 2005 kaufte Farrell zusammen mit der Capital Sports & Entertainment LLC die Rechte am Lollapalooza, die ab diesem Zeitpunkt die Veranstaltung übernahm und das Festival mit geändertem Konzept und neuen Partnern wieder jährlich stattfinden ließ. Aus der Capital Sports & Entertainment LLC wurde 2007 die C3 Presents LLC, die das Festival fortführte.[11] Statt einer Festivalreihe in verschiedenen Städten, beschränkte man sich auf eine zwei- bzw. dreitägige Veranstaltung im Grant Park in Chicago. Von 2005 bis 2009 fand das Festival auf bis zu acht Bühnen mit bis zu 130 Bands (2007) statt. Bei den Bühnen kann sich für jede Bühne ein Sponsor einkaufen, die dann seinen Sponsorennamen bekommt. Das Festival findet bis heute jährlich im Grant Park in Chicago statt. Neben dem musikalischen Programm bietet das Festivalgelände verschiedene andere Areas für Lifestyle.[12] Seit 2011 wurde das Geschäftsmodell im Rahmen von Franchising auf weitere Städte wie Cerrillos (Chile), São Paulo, San Isidro (Buenos Aires) sowie seit 2015 auf Berlin und seit 2017 auf Stockholm und Paris ausgeweitet. Der Partner des deutschen Veranstalters ist die Live Nation Brand Partnership & Media GmbH, ein Tochterunternehmen der Live Nation Entertainment Inc. Im Jahr 2020 wurde das Festival aufgrund der COVID-19-Pandemie in den USA und 2020 sowie 2021 in Europa abgesagt.
Ticketpreise
In den ersten Jahren kosteten die Tickets für die Veranstaltungen in den USA und Kanada 31,50 US-Dollar. Bis zur Ausgabe 2020 stieg dieser Preis für die US-Veranstaltung auf 340 US-Dollar für die günstigsten bis hin zu 4200 US-Dollar für die teuersten Wochenendtickets.[13] Im Jahr 2023 kosteten die Tickets zwischen 385 und 4350 US-Dollar.[14] Die Wochenendtickets für die deutsche Ausgabe kosteten 2015 99 Euro,[15] im Jahr 2018 zwischen 129 und 289 Euro[16] und stiegen bis 2023 auf 179 bis 329 Euro.[17]
Kritik und Zwischenfälle
Der Musiker und ProduzentSteve Albini hat 1993 das Lollapalooza in einem Interview für die Kommerzialisierung alternativer Musikprojekte kritisiert:
„Lollapalooza is the worst example of corporate encroachment into what is supposed to be the underground. It is just a large scale marketing of bands that pretend to be alternative but are in reality just another facet of the mass cultural exploitation scheme. I have no appreciation or affection for those bands and I have no interest in that whole circle. If Lollapalooza had Jesus Lizard and the Melvins and Fugazi and Slint then you could make a case that it was actually people on the vanguard of music. What it really is is the most popular bands on MTV that are not heavy metal. – Lollapalooza ist das schlimmste Beispiel für das Eindringen von Unternehmen in den sogenannten Untergrund. Es handelt sich lediglich um eine groß angelegte Vermarktung von Bands, die vorgeben, alternativ zu sein, in Wirklichkeit jedoch nur eine weitere Facette des massenkulturellen Ausbeutungsplans sind. Ich hege weder Wertschätzung noch Zuneigung für diese Bands und habe kein Interesse an diesem ganzen Kreis. Wenn es bei Lollapalooza Jesus Lizard und die Melvins und Fugazi und Slint gäbe, dann könnte man argumentieren, dass es tatsächlich Leute waren, die an der Spitze der Musik standen. Was es wirklich ist, sind die beliebtesten Bands auf MTV, die kein Heavy Metal sind.“
Die Veranstalter des Lollapalooza wurden von verschiedenen Musikern, Buchungsagenturen, Clubbesitzern und Konzertveranstaltern für Vertragsklauseln kritisiert, die es den auftretenden Künstlern verboten, 180 Tage vor bis 90 Tage nach dem Festival im Umkreis von 300 Meilen bei anderen Veranstaltungen aufzutreten.[19] Dies führte Anfang 2010 zu einer kartellrechtlichen Untersuchung durch die Generalstaatsanwaltschaft von Illinois. Der Radiomoderator und MusikjournalistJim DeRogatis bezeichnete diese Klausel als „bei weitem die ungeheuerlichste“, da die Künstler insgesamt neun Monate lang im Umkreis von 300 Meilen rund um Chicago nicht auftreten dürfen.[20][21] Insidern zufolge ignorierten jedoch fast alle der für das Lollapalooza gebuchten Künstler diese Klausel.[22]
Farrell, der das Lollapalooza einst gründete, verließ 1996 desillusioniert von dem, was aus Lollapalooza geworden war, das Organisationsteam und verkaufte seine Rechte an die William Morris Agency. Aus seiner Sicht verkörperte die Tour, die einst ein leuchtendes Beispiel moderner Gegenkultur war, nun nur noch Mainstream.
Anfang 2016 gründete sich die BürgerinitiativeAnwohnerinitative Treptower Park gegen die Durchführung des Festivals 2016 in Berlin. Die Bürgerinitiative befürchtete Lärmbelästigung, Sicherheitslücken sowie Verkehrskollaps, Müllberge und zertrampelte Grünflächen durch immense Menschenmassen. Sie sammelte in einer Petition knapp 6500 Stimmen gegen das Festival und klagte erfolglos gegen die Veranstaltung. Im Verfahren wurden durch das Verwaltungsgericht bzw. durch die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt verschiedene Auflagen gemacht, wie beispielsweise Entschädigungen und Ersatzwohnraum für Anwohner zur Verfügung zu stellen. Laut einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative ist der Veranstalter diesen Auflagen nur in geringem Umfang nachgekommen. Im Nachgang gab es laut einem Bericht der Berliner Morgenpost „heftige Proteste wegen des Lärms und der Schäden an den Grünanlagen“.[23][24][25][26]
Im Jahr 2017 wurde die Veranstaltung aufgrund der Erfahrungen von 2016 und damit verbundenen behördlichen Auflagen an den Berliner Stadtrand auf brandenburgisches Gebiet nach Hoppegarten verlegt. In diesem Jahr wurde der Veranstalter im Nachhinein unter anderem von der Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt scharf kritisiert, da er im Vorfeld keine Vorsorge für eine sichere Heimreise der vielen tausend Besucher getroffen hatte. Dem Veranstalter und der Genehmigungsbehörde wurde in diesem Zusammenhang eine fahrlässige Planung vorgeworfen. Dies führte unter anderem dazu, dass laut Bundespolizei 40 Personen kollabierten und Kreislaufzusammenbrüche erlitten. Medien und Besucher urteilten, dass das Lollapalooza eine Imagepleite für Berlin sei. Zahlreiche Besucher zogen in den sozialen Netzwerken eine „katastrophale Bilanz“.[27][28]
Die Berliner Verkehrsbetriebe kritisierten 2018, dass vom Veranstalter noch immer kein Veranstaltungsticket für den Nahverkehr angeboten wird und schlug eine Pflicht für Veranstalter von Großevents vor. Der Berliner Lokalpolitiker Michael Efler kritisierte die Veranstalter für das nicht ausreichende Verkehrs- und Sicherheitskonzept sowie für das Nichteingehen auf die Wünsche der Anwohner.[29] Im selben Jahr erwirkte der Verbraucherzentrale-Bundesverband, über eine zuvor angestrengte Klage, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegen den Festivalveranstalter. Diese richtet sich gegen das unzulässige Erheben von Aufladegebühren für das bargeldlose Bezahlsystem Lolla Cashless.[30]
Der Konzertveranstalter und Autor Berthold Seliger bezeichnet das Lollapalooza-Festival 2019 in seinem Buch Vom Imperiengeschäft: Wie Großkonzerne die kulturelle Vielfalt zerstören als „Großevent unter dem Deckmäntelchen von Freiheit und Abenteuer, wo eigentlich nur Profitmaximierung betrieben wird“ und bei dem es den Veranstaltern weder um die Musiker noch um die Fans gehen würde.[31]
Auch in den Folgejahren wurde das Festival in Berlin kritisiert. Verschiedene Medien berichteten über genervte und bitter enttäuschte Fans sowie ein Line Up „zum Fremdschämen“ und eine „komplette Enttäuschung“.[32][33]
Im Jahr 2022 führte der Auftritt vom Goldman SachsCEODavid M. Solomon im Vorfeld zu Kritik und Boykottaufrufen durch andere DJs.[34] Im selben Jahr drohte eine Angestellte eines für das Festival beauftragten Sicherheitsunternehmens in einem gefakten Facebook-Beitrag mit einer „massiven Schießerei im Lollapalooza Grant Park um 18 Uhr“, um vorzeitig Dienstschluss zu bekommen und nach Hause geschickt zu werden.[35]
Bei den Festivalreihen kam es vor, dass einzelne Bands nicht an allen Einzelterminen teilnahmen.
1991
Eintägiges Festival mit insgesamt 26 Shows an 20 verschiedenen Veranstaltungsorten in den USA und Toronto, Kanada, zwischen dem 18. Juli und dem 28. August 1991 (u. a. drei Shows im Irvine Meadows Amphitheater, Irvine, Kalifornien)[36]
In diesem Jahr sollten ursprünglich Nirvana als Headliner fungieren. Die Band sagte ihre Teilnahme jedoch kurz vor dem Tod Kurt Cobains ab.
Einzelne Bands wie Green Day und Cypress Hill verzichteten auf einzelne Auftritte der Festivalreihe um beim Woodstock-II-Festival teilnehmen zu können.
1995
Eintägiges Festival mit 29 Shows an verschiedenen Veranstaltungsorten in den USA und Kanada zwischen dem 4. Juli und dem 18. August 1995.[40]