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Ehelicher Beischlaf

Als ehelichen Beischlaf versteht man den Geschlechtsverkehr zwischen Ehegatten. In einigen Kulturen gilt das vollzogene Beilager als Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Eheschließung.

Situation in Deutschland

Im Jahre 1966 sah der Bundesgerichtshof den engagierten ehelichen Beischlaf unter Berücksichtigung des damals für die Ehescheidung geltenden Schuldprinzips als Ehepflicht an:[1]

„Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (...) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet. (...) Deshalb muss der Partner, dem es nicht gelingt, Befriedigung im Verkehr zu finden, aber auch nicht, die Gewährung des Beischlafs als ein Opfer zu bejahen, das er den legitimen Wünschen des anderen um der Erhaltung der seelischen Gemeinschaft willen bringt, jedenfalls darauf verzichten, seine persönlichen Gefühle in verletzender Form auszusprechen.“

Dort ging es aber nicht um eine einklagbare Pflicht, sondern nur um die Frage, ob die Frau der Scheidung widersprechen durfte. Da das Schuldprinzip 1977 zu Gunsten des Zerrüttungsprinzips aufgegeben und Scheidungen erheblich erleichtert wurden, ist das Engagement beim Beischlaf bei einer Scheidung nicht mehr zu erörtern.[2]

Das Bürgerliche Gesetzbuch legt in § 1353 BGB fest (Fassung seit Einführung der gleichgeschlechtliche Ehe am 1. Oktober 2017):

„Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.“

Als körperliche Gemeinschaft dient die Ehe auch zur Befriedigung des Geschlechtstriebs unter wechselseitiger Rücksichtnahme auf Gesundheit und psychische Disposition.[3] Eine aus der Geschlechtsgemeinschaft resultierende Verpflichtung zum Beischlaf bleibt umstritten, da ein Urteil auf „Herstellung des ehelichen Lebens“ nach § 120 Abs. 3 FamFG nicht vollstreckbar wäre. Das Amtsgericht Brühl beschnitt jedoch in einem Fall aus dem Jahre 2000 wegen Verweigerung des ehelichen Beischlafs gemäß § 1579 Nr. 7 BGB den Unterhalt.[4] Die eheliche Treue, also die „Ausschließlichkeit der Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten“ wird als Ehepflicht angesehen (vgl. Ehebruch). Das Zeugen von Kindern wird nicht mehr als der eigentliche Ehezweck und somit auch nicht mehr als Verpflichtung angesehen. Aber auch Abreden über die Empfängnisverhütung entfalten in der Ehe keine Rechtsbindungswirkung. Das Erzwingen des ehelichen Beischlafs ist seit 1997 als Vergewaltigung nach § 177 StGB strafbar (vorher war es als einfache Nötigung strafbar).

Situation in Frankreich

In Frankreich, wo das Schuldprinzip bei der Scheidung noch eine Rolle spielt, wurde einer Frau wegen Verweigerung ihrer ehelichen Pflichten die Schuld für die Scheidung zugesprochen. Sie habe „in schwerer und wiederholter Weise ihre ehelichen Pflichten in einer Art und Weise verletzt, die ein weiteres Zusammenleben (für ihren Gatten) unannehmbar gemacht“ habe. Laut Medienberichten will sie, unterstützt durch feministische Organisationen, Klage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einreichen. Dieser habe eine derartige Interpretation der „ehelichen Pflichten“ 1995 aufgegeben.[5]

Situation in Afghanistan

Präsident Hamid Karsai unterzeichnete ohne parlamentarische Debatte am 2. April 2009 ein Gesetz zur Regelung des Familienlebens unter den Schiiten in Afghanistan, das laut Meldungen in der europäischen Presse in Artikel 132 „Ehefrauen dazu verpflichtet, sich mindestens einmal in vier Tagen den sexuellen Forderungen ihres Mannes zu unterwerfen“.[6] Das Gesetz wurde auch in Afghanistan scharf kritisiert.

Die Bedeutung des ehelichen Beischlafes in der katholischen Kirche

„Zur Leistung der ehelichen Pflicht (Beischlaf) ist man an sich unter schwerer Sünde gehalten, wenn der andere Teil ernstlich darum bittet ...“, so Heribert Jone 1949.[7] Die Fähigkeit zum Vollzug des ehelichen Beischlafs ist nach dem Eherecht der katholischen Kirche eine Voraussetzung für die Gültigkeit der Ehe. Nach der Rechtsprechung der Rota Romana wird die Ehe dann gültig vollzogen, wenn mit der Kopulation ein Samenerguss verbunden ist. Eine totale Penetration des männlichen Gliedes in die Scheide der Frau ist nicht zwingend gefordert. Es reicht, dass der Mann wenigstens „auf irgendeine Weise, wenn auch unvollkommen“ in die Scheide eindringt und unmittelbar in ihr einen wenigstens teilweisen Erguss auf natürliche Weise erbringt.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. November 1966, Az. IV ZR 239/65 (NJW 1967, 1078–1080)
  2. Christian-Alles Evolution: „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt“ (BGH zu Sex als Ehepflicht, 1966). In: Alles Evolution. 24. Juni 2015, abgerufen am 17. Dezember 2022.
  3. Dieter Henrich: Familienrecht. 5. Auflage, 2009, ISBN 978-3-406-59378-9
  4. NJWE-FER 2000, 51, zitiert nach Anne Sanders: Die Verletzung ehelicher Pflichten und ihrer Folgen.
  5. Rudolf Balmer: Scheidungsprozess in Frankreich: „Eheliche Pflicht“ zum Sex. In: Die Tageszeitung: taz. 18. März 2021 (taz.de [abgerufen am 17. Dezember 2022]).
  6. Beischlaf in Afghanistan gesetzlich geregelt - News Ausland: Asien & Ozeanien. tagesanzeiger.ch, 6. April 2009, archiviert vom Original am 6. April 2009; abgerufen am 17. Dezember 2022.
  7. Heribert Jone Katholische Moraltheologie, unter besonderer Berücksichtigung des Codex Iuris Canonici sowie des deutschen, österreichischen und schweizerischen Rechtes. Schöningh, Paderborn 1949, Ziff. 754
  8. Rota Romana 16. Dezember 2003 coram Ioanne Baptista Defilippi, RRDec. 95 (2003) 783-805, Entscheidungsgründe [1]
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