Edward Albee wurde zwei Wochen nach seiner Geburt vom wohlhabenden[2] Betreiber eines Vaudeville-Theaters adoptiert[3] und wuchs so in der bunten Atmosphäre des Tingeltangels auf. Aufgrund der zahlreichen Reisen mit seinen Eltern musste Albee mehrfach die Schule wechseln; ein Studium am Trinity College in Hartford (Connecticut) brach er 1946 nach anderthalb Jahren ab. Schon in der frühen Kindheit faszinierte Albee das Geschehen auf der Bühne; sein Vater, der am Keith-Albee-Theatre-Circuit beteiligt war, unterstützte seine frühe Neigung zum Theater. Als Zwölfjähriger verfasste Albee 1940 sein erstes Bühnenwerk, die erotischeFarceAliqueen,[4] und entdeckte seine Homosexualität.
Albee selber bedauerte, nicht Klavierspielen gelernt zu haben. In seiner Jugend wäre er trotz seiner Theaterleidenschaft gern Komponist geworden. Als Ersatz für die Musik schrieb er bis 1945 neben mehreren Kurzgeschichten, einem weiteren Theaterstück sowie einem 538-seitigen Roman (The Flesh of the Unbelievers, 1944) vor allem zahlreiche Gedichte, von denen eines 1945 in der texanischen Zeitschrift Kaleidoscope veröffentlicht wurde.[5]
Mit 20 Jahren ging er nach New York City ins Greenwich Village und schlug sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs durch. Außerdem erhielt er ein Legat, das seine Großmutter mütterlicherseits für ihn ausgesetzt hatte, in kleineren Raten ausbezahlt.[6]
Im Rahmen seiner diversen Gelegenheitstätigkeiten war Albee unter anderem auch ein Jahr lang für den New Yorker Sender WNYC tätig, wo er das Musikprogramm ausrichtete. Daneben verfasste er weiterhin Gedichte und begann einen zweiten Roman, den er jedoch nicht vollendete. Während eines mehrmonatigen Italienaufenthaltes arbeitete er 1952 in Florenz an einem weiteren Roman, der jedoch ebenso unveröffentlicht blieb wie die Sammlung seiner lyrischen Texte.[5]
Das Schreiben von Theaterstücken wurde für Albees literarische Tätigkeit erst prägend, als er über 30 Jahre alt war. Kurz zuvor hatte Thornton Wilder, dem er seine Gedichte vorgelegt hatte, ihm dazu geraten, für die Bühne zu arbeiten.[7]
Großen Erfolg hatte Albee bereits mit seinem Erstlingswerk Die Zoogeschichte. 1958 geschrieben und von Samuel Beckett beeinflusst, kann man es zu den ersten US-amerikanischen Stücken des absurden Theaters zählen. Da in den Vereinigten Staaten zunächst niemand das Stück spielen wollte, fand die Uraufführung am 28. September 1959 am Schiller-Theater in West-Berlin in der Übersetzung Pinkas Brauns statt. „Der Erfolg von Berlin machte Albee die Bühne in New York frei.“[8] Die Erstaufführung in den Vereinigten Staaten folgte am 14. Januar 1960 am Provincetown Playhouse in Greenwich Village und brachte es auf mehr als 500 Aufführungen. Mit Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, das am 13. Oktober 1962 am Billy Rose Theater in New York uraufgeführt wurde, etablierte sich Albee dann auch am Broadway. Es wurde sein meistgespieltes Stück und 1966 mit Elizabeth Taylor und Richard Burton auch verfilmt.[9]
Im Oktober 1963 wurde Albees Bühnenfassung von The Ballad of the Sad Café, eine Adaption der gleichnamigen Erzählung von Carson McCullers, am Martin Beck Theater in New York uraufgeführt. Für dieses Stück erhielt Albee zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Anta Award, den New York Drama Critics Award und den Antoinette Perry (Tony) Award.[10]
Albee bekannte sich stets offen zu seiner Homosexualität[11] und lebte ab 1971 mit seinem Partner Jonathan Thomas zusammen, bis dieser im Jahr 2005 an Blasenkrebs starb. Albee starb im Alter von 88 Jahren in seinem Haus in Montauk, New York.
Werke
Bühnenstücke
U = Uraufführung; DSE = deutschsprachige Erstaufführung
1973: Empfindliches Gleichgewicht (A delicate balance) – Regie: Tony Richardson
Hörspiele
Eine Reihe von Albees Bühnenstücken wurde auch im deutschsprachigen Raum als Hörspiel-Fassungen gesendet, so Der Tod von Bessie Smith, Die Zoogeschichte, Ehetheater, Wer hat Angst vor Virginia Woolf? und Zuhören.
Vertonungen
William Flanagan (1923–1969): Song for a Winter Child für Singstimme und Klavier (1964)
William Flanagan: The Lady of Tearful Regret für Koloratursopran, Bariton, Flöte, Klarinette, Klavier und Streichquartett (hrsg. 1977)
Helmut M. Braem: Edward Albee (= Friedrichs Dramatiker des Welttheaters, Band 63). Friedrich Verlag, Velber bei Hannover, 1968, DNB456171878.
Taschenbuchausgabe: Helmut M. Braem: Edward Albee. Von Henning Rischbieter ergänzte Ausgabe (= Dramatiker des Welttheaters). Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), München 1977, ISBN 3-423-06863-9.
Ronald Hayman: Contemporary Playwrights – Edward Albee. Heinemann Verlag, London 1971, ISBN 0-435-18409-1.
Herbert Rauter: Edward Albee. In: Martin Christadler (Hrsg.): Amerikanische Literatur der Gegenwart in Einzeldarstellungen (= Kröners Taschenausgabe. Band 412). Kröner, Stuttgart 1973, ISBN 3-520-41201-2, S. 488–505.
↑„(...) wird (...) von einem New Yorker Millionärsehepaar adoptiert und nach dem neuen Großvater, Mitbesitzer einer Kette von Vaudeville-Theatern, benannt. Das Waisenkind wächst so in einem äußerst exklusiven Milieu auf (...)“ – Werner Reinhart: Albee, Edward. In: Bernd Engler, Kurt Müller (Hrsg.): Metzler Lexikon amerikanischer Autoren. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2000, ISBN 3-476-01654-4, S.13–16, hier S. 13.
↑Seine natürlichen Eltern sind Albee nicht bekannt. Albee selber gibt als Zeitpunkt der Adoption an einigen Stellen zwei Wochen nach der Geburt, an anderen Stellen auch eine Woche nach der Geburt an. Vgl. Helmut M. Braem: Edward Albee, S. 7.
↑Helmut M. Braem: Edward Albee, S. 7 f. Ronald Hayman: Contemporary Playwrights – Edward Albee. S. IX. Siehe auch Herbert Rauter: Edward Albee, S. 503 f.
↑ abHelmut M. Braem: Edward Albee, S. 8. Ronald Hayman: Contemporary Playwrights – Edward Albee. S. IX f.
↑Helmut M. Braem: Edward Albee, S. 8. Ronald Hayman: Contemporary Playwrights – Edward Albee. S. IX.
↑Helmut M. Braem: Edward Albee, S. 9. Herbert Rauter: Edward Albee, S. 504.
↑Willi Winkler: Die Tränen im Eisfach. Durch sein Ehekriegs-Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ wurde Edward Albee weltbekannt. Mit 88 Jahren ist er gestorben. In: Süddeutsche Zeitung, 19. September 2016, S. 9.
↑Helmut M. Braem: Edward Albee, S. 10–12. Ronald Hayman: Contemporary Playwrights – Edward Albee. S. X f.
↑Randy Shulman, Todd Franson: Who’s Afraid of Edward Albee? Metro Weekly, 10. März 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. April 2014; abgerufen am 18. September 2016 (englisch).