Deutsch-Israelische Gesellschaft
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft e. V. (Abkürzung DIG; auch hebräisch ʾAgudat-ha-Yedidut-Germaniah-Yisraʾel) ist eine Organisation in Deutschland, in der sich gemäß ihren Leitsätzen „Freunde Israels in überparteilicher Zusammenarbeit zusammenfinden, um in Solidarität mit dem Staat Israel und seiner Bevölkerung zu wirken.“[1] GeschichteDie Gesellschaft ist aus den Deutsch-Israelischen Studiengruppen (DIS) hervorgegangen, die seit 1957 an der Freien Universität und der Kirchlichen Hochschule in West-Berlin sowie an acht Universitäten der Bundesrepublik Deutschland existierten. Die DIS an der Kirchlichen Hochschule war stark von ihrem Rektor, dem Theologieprofessor Rolf Rendtorff, geprägt. Im Sommer 1963 begann er zusammen mit Gleichgesinnten verschiedene Bundestagsabgeordnete von der Notwendigkeit einer Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zum Staat Israel zu überzeugen.[2] Aus diesen Politikerbegegnungen entstand schließlich die Idee zur Gründung einer „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ (DIG). Am 21. März 1966 erfolgte in Bonn die offizielle Gründung, etwa ein Jahr nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel. Durch Aufrufe zu humanitärer Hilfe während des Sechstagekrieges wurde die DIG bundesweit bekannt. Zwischen 1967 und 1973 wurde durch Gründung von Arbeitsgemeinschaften die auf zentrale Aufgaben ausgerichtete Arbeit durch regionale Aktivitäten ergänzt. Im Jahr 1990 beschlossen die Mitglieder der in diesem Jahr gegründeten Gesellschaft DDR-Israel mit Wirkung zum 31. Januar 1991 den Beitritt zum Verein. 2020 wurde Michaela Engelmeier in das neu geschaffene Amt der Generalsekretärin berufen.[3] Durch das neue Amt soll die Arbeit der DIG professionalisiert und ausgeweitet werden.[4] Mit etwa 6000 Mitgliedern (Stand 2021) und 53 regionalen Arbeitsgemeinschaften ist die DIG deutschlandweit vertreten. Diese organisieren in Eigenverantwortung Veranstaltungen wie Vorträge, Seminarveranstaltungen, Ausstellungen, Konzerte, Studienreisen und spezielle Jugendveranstaltungen. Ziele
– Satzung, § 2 PräsidiumPräsidentPräsident ist seit 2022 Volker Beck, Gründungspräsident war Gerhard Jahn.
Weitere PräsidiumsmitgliederVizepräsidenten sind Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen), Marcus Faber (FDP), Jürgen Hardt (CDU), Michelle Müntefering (SPD), Anna Staroselski, Vincent David Wolff. Schatzmeister ist seit 2015 Hermann Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen). Beisitzer sind Yoram-Illy Ehrlich, Constantin Ganß, Aras-Nathan Keul, Alexandra Kurth, Jörg Rensmann, Angelika Scherb.[5] Von der DIG verliehene AuszeichnungenErnst Cramer MedailleDie nach dem jüdischen Publizisten Ernst Cramer benannte Medaille würdigt seit 2013 Persönlichkeiten in Israel und Deutschland, die sich in besonderer Weise um die bilateralen Beziehungen beider Länder verdient gemacht haben.
FriedenspreisVon 2001 bis 2010 verlieh die Gesellschaft insgesamt viermal den mit 5.000 Euro dotierten Friedenspreis der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Preisträger waren:
EhrennadelVerdiente Mitglieder und Persönlichkeiten für die Arbeit des Vereins erhalten auf Vorschlag die Ehrennadel der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Zu den Ausgezeichneten gehört unter anderem Marianne Karmon, ehemalige Vorsitzende der Israelisch-Deutschen Gesellschaft in Jerusalem und der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Israel. Junges ForumAllgemeinesDas Junge Forum Deutsch-Israelische Gesellschaft (Abkürzung JuFo DIG) ist die Plattform für Mitglieder von 14 bis 35 Jahren. Bundesvorsitzende waren bzw. sind:
In bundesweiten Aktivitäten fördert das Junge Forum den Austausch zwischen jungen Menschen in Israel und Deutschland. Dabei sollen insbesondere diejenigen einbezogen werden, die selbst im jeweils anderen Land gelebt haben und ihre Erfahrungen in die deutsch-israelischen Beziehungen einbringen wollen. AktivitätenEin jährliches deutsch-israelisches Sommerlager findet im Rahmen des Sommerlagerprogramms der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste statt. Für mehrere Wochen arbeiten junge Israelis und Deutsche zusammen, lernen und erleben Geschichte zu einem jährlich wechselnden Thema:
„Israelpedia“ ist ein jährlich stattfindendes JuFo-Seminar und gewährt jährlich jungen Menschen einen tieferen Einblick in ein Thema, das mit Israel, den deutsch-israelischen Beziehungen oder dem Nahen und Mittleren Osten in Verbindung steht. Neben politischen, historischen und gesellschaftlichen Workshops werden Exkursionen, kulturelle Veranstaltungen und Vernetzungstreffen organisiert.
Die Deutsch-Israelische Zukunftswerkstatt gibt jungen Menschen, die Israel bzw. Deutschland intensiver kennen gelernt haben, die Möglichkeit, Projekte zu entwickeln und sich für die deutsch-israelischen Beziehungen zu engagieren. So sollen neue Wege für Gegenwart und Zukunft ausprobiert und beschritten werden. Die letzte Zukunftswerkstatt fand 2015 in Berlin statt.
2019 veranstaltete das Junge Forum die erste Deutsch-Israelische Studentenkonferenz in Frankfurt am Main.[9] Auch Vertreter der Nationalen Studentenunion Israels nahmen teil. Mit RCDS, Juso-Hochschulgruppen, Grünen Hochschulgruppen sowie dem fzs wurde eine Resolution zur Verurteilung der BDS-Bewegung verabschiedet.[10] GliederungenDas Junge Forum ist vor Ort in Regionalgruppen und Hochschulgruppen aktiv, die mit eigenen Veranstaltungen und Aktivitäten präsent sind. Regional- und Hochschulgruppen bestehen derzeit in 28 Städten, darunter Augsburg, Bamberg, Berlin, Erlangen, Frankfurt am Main, Freiburg, Hamburg, Hannover, Kiel, Leipzig, Nürnberg und Stuttgart (Stand: November 2020). KontroversenEinige örtliche Gliederungen der DIG kritisierten die umstrittene, in etwa hundert Städten gezeigte Ausstellung „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“.[11] Die Ausstellungsmacher warfen der DIG und anderen Kritikern vor, dass sie nicht den Diskurs suchen würden, sondern lediglich die Ausstellung unterbinden wollten. Allerdings sprach bei der Eröffnung der Ausstellung in Osnabrück sogar der örtliche DIG-Vorsitzende Hans-Gert Pöttering (CDU) ein Grußwort.[12] Zur Ausstellung in Bremen erklärte der örtliche DIG-Vorsitzende Hermann Kuhn gegenüber der taz, dass die von ihr vorgenommene einseitige Schuldzuweisung „der Idee eines friedlichen Nebeneinanders nicht zuträglich“ sei. Die Organisatoren der Ausstellung, darunter Detlef Griesche von der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, warfen ihren Kritikern Verhinderungsversuche hinter den Kulissen vor. Griesche behauptete sogar, der Protest sei „von Israel geleitet und gelenkt“, räumte aber die Einseitigkeit der Ausstellung ein.[13] Kuhn bezeichnete Griesches Vorwürfe als „Lüge“ und warf ihm auch unter Bezug auf eine von Griesche 2014 organisierte Demonstration mit antiisraelischen Hetzparolen Antisemitismus vor.[14] Der Berliner DIG-Vorsitzende Jochen Feilcke (CDU) konnte sich 2010 mit einer Rücktrittsforderung an den DIG-Vizepräsidenten Dirk Niebel (FDP) nicht durchsetzen und trat daraufhin selbst zurück. Niebel hatte bei einer Dienstreise nach Israel eine als undiplomatisch empfundene und später von ihm zurückgenommene Äußerung gemacht, als er privat in den von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gazastreifen einreisen wollte, um ein Klärwerk zu besichtigen. Israelische Stellen verhinderten den nicht abgesprochenen Ausflug und begründeten dies damit, dass die Hamas derartige Besuche für Propaganda ausnutzen würde. Niebel verzichtete auf eine Wiederkandidatur und machte Zeitgründe geltend; die Kritik habe ihm den Abschied aber leichter gemacht.[15][16] Nachdem DIG-Präsident Robbe 2014 die Bewilligung von 300.000 EUR Bundeszuschüssen erreichen konnte, kam es verbandsintern zu Konflikten, da aufgrund der daran gebundenen Nachweisauflagen die regionalen Arbeitsgemeinschaften, die den Hauptanteil der DIG-Aktivitäten schulterten, nunmehr bei allen finanzwirksamen Entscheidungen von der Bundesleitung abhängig gewesen wären. Hinzu kam ein Konflikt zwischen Robbe und dem DIG-Schatzmeister Stephan J. Kramer. Außerdem trat im Frühjahr 2015 die langjährige DIG-Geschäftsführerin in den vorzeitigen Ruhestand, so dass das DIG-Mitgliedermagazin ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2015 nicht erschien. Zudem sahen unter den lokalen DIG-Repräsentanten „einflussreiche Neider“ eine aufgrund Robbes Vermittlung vom Bund finanzierte Jubiläumsausstellung als „kostspieligen Profilierungsversuch“ ihres Präsidenten, womit man die Chance zur „Vermittlung eines empathisch-differenzierten Israelbildes in der teilweise israelphoben deutschen Öffentlichkeit“ verpasste. 2015 stellte Robbe sein Amt zur Verfügung. In der Hauptversammlung am 15. November 2015 wurde Königshaus zum Nachfolger gewählt.[17][18] Knapp ein Jahr später wurde in der Satzung eine vereinsrechtlich zulässige und für die Arbeitsgemeinschaften akzeptable Autonomie der Arbeitsgemeinschaften verankert.[19] WeblinksCommons: Deutsch-Israelische Gesellschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
|