Ambrosius von MailandAmbrosius von Mailand (* 339 in Trier; † 4. April 397 in Mailand) wurde als römischer Politiker zum Bischof von Mailand gewählt. Er ist einer der vier lateinischen Kirchenlehrer der Spätantike der Westkirche, war der jüngere Bruder der Heiligen Marcellina und Satyrus und trägt seit 1295 den Ehrentitel Kirchenvater. LebenPräfektAmbrosius stammte aus einem vornehmen Elternhaus der römischen Senatsaristokratie, war aber nicht getauft, was in der Spätantike allerdings nicht selten war. Sein Vater Aurelius Ambrosius war Präfekt der Gallia Narbonensis. Ambrosius war nach dessen frühem Tod in Rom für die Beamtenlaufbahn vorgesehen und wurde demgemäß juristisch ausgebildet. An der Stelle, an der er der Überlieferung nach mit seiner Schwester, der heiligen Marcellina, damals gelebt haben soll, steht heute die Kirche Sant’Ambrogio della Massima. 365 erlangte er eine der begehrten Zulassungen als Anwalt bei Gericht und diente schließlich in Sirmium unter dem Prätorianerpräfekten Sextus Petronius Probus, einem der führenden Männer seiner Zeit. Ambrosius vertrat seine Rechtsfälle so geschickt, dass Probus ihn 370 zu seinem Beisitzer berief.[1] Etwa 372/73 wurde er von diesem mit der Präfektur der Provinz Aemilia-Liguria (Ämilien und Ligurien) betraut.[2] Der Sitz der Provinz war Mailand, das damals auch als eine Kaiserresidenz diente. Der Weg zum BischofDas Bistum Mailand war, wie die übrige damalige Kirche, tief zerstritten zwischen Trinitariern und Arianern. Als 374 (nach dem Tode des Arianers Auxentius von Mailand) eine Bischofswahl anstand, ging der allseits beliebte und geachtete Präfekt persönlich in die Basilika, wo die Wahl stattfinden sollte, um in dieser Krisensituation einen wahrscheinlichen Aufruhr zu verhindern. Seine Ansprache wurde der Überlieferung nach durch den Zwischenruf eines Kindes Ambrosius episcopus! („Ambrosius soll Bischof werden!“) unterbrochen, woraufhin er einstimmig zum Bischof gewählt wurde. Ambrosius wirkte in dieser Lage als geeigneter Kandidat, weil er den Trinitariern als ihr Sympathisant bekannt war, aber auch den Arianern wegen seiner theologischen Neutralität als Politiker akzeptabel erschien. Er selbst stimmte jedoch energisch gegen seine Wahl, wobei es sich allerdings um einen literarischen Topos handelt. Er sah sich in keiner Weise auf ein solches Amt vorbereitet: Er war als Katechumene noch in der Vorbereitung auf die Taufe. Erst auf kaiserliche Intervention hin gab Ambrosius nach. Innerhalb einer Woche empfing er die Sakramente der Taufe und der Weihe zum Diakon und zum Priester, so dass seiner Bischofsweihe nichts mehr im Weg stand. Gemäß Paulinus[3] und Rufinus[4] nahm Ambrosius erst nach einer relatio an Kaiser Valentinian I. die Wahl an; schließlich befand er sich ja in kaiserlichem Dienst, den er nicht ohne Rücksprache quittieren konnte. Studien und LiturgieAmbrosius erwarb sich theologische Grundlagen, studierte die Bibel und griechische Autoren wie Philo, Origenes, Athanasius und Basilius von Caesarea, mit dem er auch im Briefwechsel stand. Das neu erworbene Wissen wandte er als Prediger an, wobei er insbesondere das Alte Testament auslegte. Dabei waren ihm seine früher erworbenen Kenntnisse in Rhetorik und in Griechisch, die damals im weströmischen Reich selten wurden, von großem Vorteil. In der Liturgie führte er den nach ihm benannten ambrosianischen Gesang ein. Sein Charakter, seine Predigten und Bibelauslegung beeindruckten den Rhetoriker Augustinus von Hippo, der das Griechische nicht beherrschte, so sehr, dass dieser sich Ostern 387 von ihm taufen ließ, wobei der Überlieferung nach das gregorianische Te Deum als Wechselgesang entstand. Kampf gegen den ArianismusEntgegen den Erwartungen der Arianer setzte sich Ambrosius erfolgreich für die nizänische Richtung ein. In seinen langjährigen Kämpfen gegen die Arianer, die besonders den Hof Kaiser Valentinians II. in Mailand dominierten, wandte Ambrosius abwechselnd theologische und politische Methoden an. Zunächst nutzte er seinen Einfluss, um die Arianer in der illyrischen Kirchenverwaltung zurückzudrängen: 381 sorgte er auf der Regionalsynode von Aquileia für die Absetzung des illyrischen Bischofs Palladius und dessen Presbyters Secundinus. Als die Arianer beim Kaiserhof vorstellig wurden, um in Mailand zumindest eine Kirche vor den Toren der Stadt zugesprochen zu bekommen, schaltete sich Ambrosius ein und mobilisierte seine Anhängerschaft in der Mailänder Bevölkerung. Diese Art des „zivilen Ungehorsams“, im autokratischen Römischen Reich der Spätantike ein unerhörter Affront, rechtfertigte er damit, dass in religiösen Dingen nicht der Kaiser, sondern die kirchlichen Amtsträger zu entscheiden hätten. Insbesondere die Kaisermutter Justina zeigte dagegen Sympathien für die arianische Seite, konnte sich aber gegen den selbstbewusst auftretenden Ambrosius nicht durchsetzen.[5] 382 (oder 383) gelang es Ambrosius außerdem Gratian dazu zu bewegen, den Titel Pontifex Maximus abzulegen und die Staatszuwendungen an die heidnischen Tempel einzustellen. Auch im Streit um den Victoriaaltar blieb er gegenüber Quintus Aurelius Symmachus siegreich, der Altar wurde aus der römischen Curia entfernt. Um 387 überzeugte Ambrosius seinen Freund Gaudentius von Brescia, das Bischofsamt anzunehmen. Wie auch Ambrosius selbst hatte Gaudentius ursprünglich Bedenken, die Bischofswürde zu übernehmen. 390 berief Ambrosius eine norditalienische Bischofssynode ein, die, wie schon zuvor Papst Siricius, die Lehren Jovinians verurteilte. Jovinian hatte die höhere Verdienstlichkeit eines Lebens nach den Evangelischen Räten sowie die immerwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter geleugnet. Einflussnahme auf Kaiser Theodosius I. zugunsten der Kirche388 verhinderte Ambrosius die von Kaiser Theodosius I. verfügte Bestrafung eines Bischofs, der eine Menge in Kallinikon am Euphrat zu einem Pogrom und zum Niederbrennen der dortigen Synagoge aufgehetzt hatte. Theodosius verstand den Gewaltausbruch zunächst als ordnungspolitisches Problem, als einen Aufruhr, den der römische Staat selbstverständlich nicht dulden könne. Der Kaiser wollte die christlichen Brandstifter daher für ihre Tat zur Verantwortung ziehen; er schonte den verantwortlichen Bischof, verlangte von diesem aber den Wiederaufbau der zerstörten Synagoge. Ambrosius hingegen forderte nun brieflich, dass alle Plünderer und Gewalttäter straffrei ausgehen sollten. Er interpretierte den Vorgang als Konflikt zwischen Christentum und Judentum, bei dem sich der Kaiser selbstverständlich nicht auf die Seite der Juden stellen könne; insbesondere sei es völlig inakzeptabel, von der Kirche den Wiederaufbau der zerstörten Synagoge zu verlangen:
Der Brief blieb zwar zunächst ohne Erfolg, doch zwang der angesehene Bischof den Kaiser anschließend zum diplomatischen Einlenken, indem er ihn öffentlich im Gottesdienst kritisierte und sich weigerte, die Kommunion zu vollziehen, bevor der Kaiser nicht eingelenkt habe.[7] Der Vorgang zeigt, wie Ambrosius sein Bischofsamt gezielt dazu nutzte, um in seinem Sinne auf den getauften Kaiser Einfluss zu nehmen. Theodosius musste schließlich nachgeben. Zwar stellte der Kaiser nicht die Rechtmäßigkeit seines ursprünglichen Urteils in Frage, da dies einem völligen Gesichtsverlust gleichgekommen wäre, aber ließ im Sinne des antiken Herrscherideals Milde und Gnade gegenüber den christlichen Gewalttätern walten, die straffrei blieben. Obwohl der Schutz der Juden im Römischen Reich noch einmal gesetzlich ausdrücklich bekräftigt wurde,[8] wurde die Synagoge in Kallinikon nicht wieder aufgebaut. Damit war ein Präzedenzfall geschaffen, der im Zweifelsfall Interessen der christlichen Religion über das Recht stellte und den bis dahin selbstverständlichen kaiserlichen Rechtsschutz für die Juden sowie insgesamt die Autorität des römischen Herrschers als Wahrer des inneren Friedens auszuhöhlen drohte.[9] Politisches Wirken390 zwang Ambrosius Theodosius unter Androhung der Exkommunikation sogar zur öffentlichen Reue für das Massaker von Thessaloniki. Diese Aktion ist allerdings nicht zu vergleichen mit dem Bußgang Heinrichs des Vierten nach Canossa, auch wenn einige Autoren von Streitschriften im elften Jahrhundert beide Ereignisse vergleichen – bei Heinrich ging es um einen Machtkampf zwischen Kaiser und Papst, bei Theodosius um die seelsorgerliche Frage, ob der Kaiser über eine eindeutige Sünde erhaben sei oder wie alle anderen in dieser Lage auch dafür Buße tun müsse (der Kaiser ist in der Kirche, nicht über der Kirche). Der Kaiser selbst nutzte die Gelegenheit, um sich symbolisch als reuiger Sünder darzustellen und so sein Ansehen wieder zu festigen. Ambrosius engagierte sich nicht nur in kirchenrechtlichen Angelegenheiten, sondern war durch seine herausgehobene Stellung als Bischof der Residenz Mailand auch politisch gefordert. So trat er dem Usurpator Magnus Maximus, der Italien von Gallien her bedrohte, als Botschafter Valentinians II. entgegen. Die theodosianischen Dekrete, die im Jahre 391 das Christentum in der trinitarischen Form zur Staatsreligion erhoben, sind vermutlich maßgeblich durch Ambrosius beeinflusst. Bei der Erhebung des Eugenius verhielt sich Ambrosius diesem gegenüber distanziert, nicht zuletzt aufgrund Eugenius’ Förderung der alten Kulte (wenn auch manche Quellenaussagen sicherlich übertrieben sind). TodAmbrosius starb nach einem Episkopat von 23 Jahren am Vorabend von Ostern 397. Sein Nachfolger im Bischofsamt wurde Simplicianus. Er selbst wurde in der nach ihm benannten Basilika Sant’Ambrogio bestattet und verehrt. Von Ambrosius existiert mit dem Mosaik in der Kirche Sant’Ambrogio eines der wenigen halbwegs realistischen Porträts eines Kirchenmannes der Antike (siehe Bild oben); die leichte Verschiebung des linken Auges wurde durch die Untersuchung seines Leichnams bestätigt. TheologieIn seiner Bibelauslegung verwendete Ambrosius philonische Vorlagen und wandte die von Origenes in Alexandria entwickelte exegetische Methode der Allegorese an, die dem Bibeltext eine dreifache Bedeutung gibt: den wörtlichen Sinn, den moralischen Sinn und den mystischen Sinn. Als Theologe hat Ambrosius weniger eigene Gedanken entwickelt als die Texte der östlichen Kirchenväter für die lateinische Welt interpretiert – kirchengeschichtlich ein wesentlicher Faktor zur theologischen Entwicklung der westlichen Kirche, da praktisch alle großen Theologen vor Ambrosius aus dem Osten kamen bzw. in griechischer Sprache geschrieben haben. Ein Hinweis auf seine Bedeutung für die katholische Kirche ist, dass Ambrosius über zwanzig Mal im Katechismus der Katholischen Kirche zitiert wird (nur übertroffen von Augustinus und Thomas von Aquin). Von Zeitgenossen wurde sein Beitrag zur Theologie unterschiedlich beurteilt. Hieronymus schreibt, dass Ambrosius ein Vogel sei, der sich mit fremden Federn schmücke und aus gutem Griechisch schlechtes Latein mache. Augustinus dagegen erklärt, dass die Abhandlung über den Heiligen Geist in einfachem Stil geschrieben sei, da das Thema nicht sprachliche Schönheit verlange, sondern Argumente, die den Verstand seiner Leser bewegen. Die Ambrosianische Liturgie kennt die Fußwaschung als Sakrament. Siehe auch: Ambrosianischer Ritus HeiligenverehrungDer heilige Ambrosius ist der Schutzpatron der Städte Mailand und Bologna, der Krämer, Imker, Wachszieher und Lebkuchenbäcker, der Bienen, Haustiere und des Lernens. Seine Attribute sind Bienenkorb, Buch und Geißel. Sein Gedenktag in der armenischen, katholischen, anglikanischen und orthodoxen Kirche sowie in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika und der Lutherischen Kirche – Missouri-Synode ist der 7. Dezember (Tag seiner Weihe zum Bischof), in anderen evangelischen Kirchen, wie den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der 4. April (Todestag, wird auch in der orthodoxen Kirche begangen). Die Verehrung des Heiligen als Schutzpatron der Imker erklärt sich aus einer Überlieferung, der zufolge sich in der Kindheit des Heiligen ein Bienenschwarm auf seinem Gesicht niedergelassen haben soll. Die Bienen seien in den Mund des Kindes gekrochen und hätten es mit Honig genährt. Dies wurde als Zeichen Gottes und ein Hinweis auf eine große Zukunft des Kindes gedeutet. Bienen werden wegen ihres seit jeher wertvollen Honigs und wegen des Wachses, des über Jahrhunderte einzigen Materials für die Kerzenherstellung, im Gesang des Exsultet geehrt und gelten sowohl als Christussymbol wie als Symbol der geweihten Jungfrauen und des Fleißes. In Österreich ist der 7. Dezember wegen des Gedenktags des Heiligen auch Tag des Honigs. Die dem Gedenktag am 4. April entsprechende Bauernregel lautet:
Werke und Überlieferung
Die erste Gesamtausgabe wurde von Johann Auerbach in 3 Bänden (Basel 1492) besorgt. Als beste vollständige Ausgabe gilt die Mauriner-Ausgabe von J. du Frische und N. de Nourry in 2 Bänden (Paris 1686–1690)
Von Ambrosius stammen auch die lateinischen Texte einiger Hymnen und Kirchenlieder, die bis heute in der katholischen und evangelischen Kirche gesungen werden: z. B.
Der Überlieferung nach sollen Augustinus und Ambrosius gemeinsam das Te Deum getextet und komponiert haben. Als Augustinus als Erwachsener das Sakrament der Taufe empfing, soll Ambrosius diesen Hymnus angestimmt und Augustinus versweise darauf geantwortet haben. Literatur
WeblinksWikisource: Ambrosius – Quellen und Volltexte (Latein)
Wikiquote: Ambrosius von Mailand – Zitate
Commons: Saint Ambrose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Anmerkungen
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