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Allylisothiocyanat

Strukturformel
Strukturformel von Allylisothiocyanat
Allgemeines
Name Allylisothiocyanat
Andere Namen
  • Allylsenföl
  • ätherisches Allylsenföl
  • 3-Isothiocyanato-1-propen
Summenformel C4H5NS
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche Flüssigkeit mit stechend scharfem bis tränenreizendem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 57-06-7
EG-Nummer 200-309-2
ECHA-InfoCard 100.000.281
PubChem 5971
Wikidata Q419406
Eigenschaften
Molare Masse 99,16 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,02 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−80 °C[1]

Siedepunkt

151 °C[1]

Dampfdruck
  • 5,21 hPa (20 °C)[1]
  • 9,09 hPa (30 °C)[1]
  • 15,3 hPa (40 °C)[1]
  • 25,1 hPa (50 °C)[1]
  • 50 hPa (65 °C)[1]
Löslichkeit

schlecht in Wasser (2 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Brechungsindex

1,5306 (20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226​‐​301​‐​310​‐​330​‐​315​‐​319​‐​335​‐​410
P: 210​‐​280​‐​304+340​‐​310​‐​332+313​‐​337+313​‐​309+310[1]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Allylisothiocyanat (AITC) ist ein organischer ungesättigter Stoff, der der Gruppe der Allylverbindungen mit der Formel H2C=CH–CH2–R zugeordnet werden kann. Gleichzeitig kann er als Ester der unbeständigen Isocyansäure HN=C=S angesehen werden.

Vorkommen

Allylisothiocyanat kommt frei in der Natur nicht vor. Es bildet sich bei der enzymatischen Umsetzung des Senfölglycosids Sinigrin, das mit einem Gehalt von über 95 % Hauptbestandteil des Senföls des Schwarzen Senfs (Brassica nigra) ist. Es wird daher auch als Allylsenföl bezeichnet. Die Freisetzung der Verbindung erfolgt durch eine Hydrolyse bei der Nahrungsaufnahme oder Verarbeitung z. B. durch Kochen. Allylisothiocyanat ist – neben anderen Inhaltsstoffen – verantwortlich für den scharfen Geschmack von Senf, Meerrettich und Wasabi.

Allylisothiocyanat (unten, blau markiert) bildet sich bei der Hydrolyse von Sinigrin,[3] einem Pflanzeninhaltsstoff (z. B. von Knoblauchsrauke oder von Schwarzem Senf).

Geschichte

Erste Synthesen der Verbindung wurden von den Chemikern O. Billeter[4] und G. Gerlach[5] im Jahr 1875 beschrieben.[6]

Darstellung und Gewinnung

Die technische Herstellung von Allylisothiocyanat erfolgt durch die Umsetzung von Allylchlorid mit Kaliumthiocyanat.[7]

Weiterhin kann die Verbindung leicht durch eine Isomerisierung von Allylthiocyanat durch Erhitzen bzw. Destillation erhalten werden.[8]

Chemisch hergestelltes Allylisocyanat wird auch als Synthetisches Senföl bezeichnet.

Eigenschaften

Allylisothiocyanat ist ein farbloses bis schwach gelbliches, wasserdampfflüchtiges und optisch inaktives Öl von stechendem Geruch. Es ist schwer wasserlöslich, aber mischbar mit den organischen Lösungsmitteln Ethanol, Diethylether und Benzol. Allylisothiocyanat ist sehr reaktiv. Bereits von kaltem Wasser wird es binnen weniger Minuten zu Allylamin hydrolysiert. Es ist empfindlich gegen Licht, Luft, Wärme und Schwermetalle. Bei längerem Stehen zerfällt es unter Bildung einer orangerot gefärbten Substanz.[9]

Verwendung

  • Mutagenes Insektengift
  • Keimhemmungsmittel für Weizen, Erbsen, Raps, Salat (Lebensmittelprodukte wie z. B. Japanische Tubenmeerrettiche)
  • Aroma für Lebensmittel, z. B. Fruchtsenfsauce
  • Synthese von Kampfstoffen
  • Krebsbekämpfung: In einer Studie war Senfsamenpulver in vitro hochwirksam gegen Blasenkrebs-Zellen. Da Allylisothiocyanat mit dem Urin ausgeschieden wird, scheint eine Anwendung des Pulvers in vivo bei Blasenkrebs vielversprechend.[10]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Allylisothiocyanat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. November 2024. (JavaScript erforderlich)
  2. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-12.
  3. Jonathan Clayden, Nick Greeves, Stuart Warren, Peter Wothers: Organic Chemistry, Oxford University Press, 2001, ISBN 978-0-19-850346-0, S. 1367–1368.
  4. O. Billeter: „Über organische Sulfocyanverbindungen“ in Ber. Deutsch. Chem. Ges. 8 (1875) 462–466.
  5. G. Gerlach: Ueber Pseudopropyl- und Allyrhodanür in Liebigs Ann. Chem. Pharm. 178 (1875) 80–91, doi:10.1002/jlac.18751780106.
  6. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 13 pdf.
  7. F. Romanowski; H. Klenk: Thiocyanates and Isothiocyanates, Organic, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2012; doi:10.1002/14356007.a26_749.
  8. Smith, P.A.S.; Emerson, D.W.: The Isomerization of Alkyl Thiocyanates to Isothiocyanates in J. Am. Chem. Soc. 82 (1960) 3076–382, doi:10.1021/ja01497a025.
  9. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 1: A–Cl. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1979, ISBN 3-440-04511-0, S. 141.
  10. Arup Bhattacharya, Yun Li, Kristina L. Wade, Joseph D. Paonessa, Jed W. Fahey, and Yuesheng Zhang: Allyl Isothiocyanate-Rich Mustard Seed Powder Inhibits Bladder Cancer Growth and Muscle Invasion. In: Carcinogenesis. 32. Jahrgang, Nr. 1, Januar 2011, doi:10.1093/carcin/bgq202.
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