Share to: share facebook share twitter share wa share telegram print page

 

Übergroße Koalition

Unter einer übergroßen Koalition wird in der Politikwissenschaft eine Koalition verstanden, an der mehr Parteien beteiligt sind, als für eine Regierungsmehrheit benötigt werden – im Gegensatz zu einer minimalen Gewinnkoalition, an der gerade so viele Parteien beteiligt sind, wie für eine Regierungsmehrheit benötigt werden, und zu einer Minderheitsregierung.

Solche Koalitionen kommen vor allem in Konkordanzdemokratien wie etwa der Schweiz vor, bei denen das politische Verständnis darauf beruht, möglichst viele oder alle Parteien in den legislativen Prozess einzubinden. In Konkurrenzdemokratien hingegen sind übergroße Koalitionen eher unüblich. Sie tauchen dort am ehesten bei technokratischen Übergangsregierungen in Notzeiten auf, damit diese parteipolitisch nicht gebunden sind, aber auch, wenn einfache Regierungsmehrheiten nicht mehr ausreichen, sondern größere Mehrheiten – zum Beispiel für Verfassungsänderungen – benötigt werden, oder bei relativ undisziplinierten Fraktionen, bei denen zu knappe Mehrheiten ein starkes Risiko des Scheiterns bergen.

In der Bundesrepublik Deutschland gab es auf nationaler Ebene bisher nur unter Konrad Adenauer übergroße Koalitionen. In der zweiten Legislaturperiode (1953–1957) fehlte der CDU/CSU nur ein Mandat zur absoluten Mehrheit an Abgeordneten, sie bildete dennoch eine Koalition mit der FDP, der DP und dem GB/BHE. In der dritten Legislaturperiode (1957–1961) verfügten die Unionsparteien über die absolute Mehrheit, setzten aber die Koalition mit der DP fort.

Auf Länderebene waren in der Anfangszeit der Bundesrepublik übergroße Koalitionen nicht unüblich und wurden als Konzentrationsregierungen bezeichnet. Die vorerst letzten derartigen Koalitionen gab es 1962 in Bayern, als die CSU zwar eine knappe absolute Mandatsmehrheit erreichte, aber trotzdem eine Koalition mit der Bayernpartei einging, und in Hessen, wo die SPD, ebenfalls mit einer absoluten Mehrheit versehen, die Koalition mit dem BHE (nun GDP) fortsetzte, sowie in Hamburg, wo von 1957 bis 1966 und noch einmal von 1970 bis 1974 eine übergroße sozialliberale Koalition amtierte. Auch die SPD-geführten Regierungen in Bremen waren bis 1967 in der Regel übergroße Koalitionen, zum Schluss ebenfalls sozialliberale.

Erst 2021 kam es wieder zu einer übergroßen Koalition. In Sachsen-Anhalt amtiert seit 2021 eine von CDU, SPD und FDP („Deutschland-Koalition“) gestellte Landesregierung. CDU und SPD alleine hätten eine Sitzmehrheit von lediglich einem Mandat im Landtag, daher wurde die rechnerisch mögliche schwarz-rote Koalition um die FDP erweitert.

In einigen österreichischen Bundesländern ist die Bildung übergroßer Konzentrationsregierungen durch das entsprechende Landesrecht (Proporz) vorgeschrieben.

Bei der Regierungsbildung nach der Nationalratswahl in Österreich 2024 wurde aufgrund der geringen Mehrheit einer möglichen Zweierkoalition aus Volkspartei und Sozialdemokratischer Partei von nur einem Mandat die Einbeziehung eines dritten Partners angestrebt und entsprechende Sondierungsgespräche aufgenommen,[1] von denen sich die NEOS jedoch schließlich zurückzogen.[2]

Einzelnachweise

  1. Sieben Wochen nach Wahl: ÖVP, SPÖ und NEOS sondieren weiter. In: news.ORF.at. Österreichischer Rundfunk, 13. November 2024, abgerufen am 14. November 2024.
  2. Koalitionsverhandlungen in Österreich gescheitert. In: Tagesschau. Norddeutscher Rundfunk, 3. Januar 2025, abgerufen am 3. Januar 2025.
Kembali kehalaman sebelumnya


Index: pl ar de en es fr it arz nl ja pt ceb sv uk vi war zh ru af ast az bg zh-min-nan bn be ca cs cy da et el eo eu fa gl ko hi hr id he ka la lv lt hu mk ms min no nn ce uz kk ro simple sk sl sr sh fi ta tt th tg azb tr ur zh-yue hy my ace als am an hyw ban bjn map-bms ba be-tarask bcl bpy bar bs br cv nv eml hif fo fy ga gd gu hak ha hsb io ig ilo ia ie os is jv kn ht ku ckb ky mrj lb lij li lmo mai mg ml zh-classical mr xmf mzn cdo mn nap new ne frr oc mhr or as pa pnb ps pms nds crh qu sa sah sco sq scn si sd szl su sw tl shn te bug vec vo wa wuu yi yo diq bat-smg zu lad kbd ang smn ab roa-rup frp arc gn av ay bh bi bo bxr cbk-zam co za dag ary se pdc dv dsb myv ext fur gv gag inh ki glk gan guw xal haw rw kbp pam csb kw km kv koi kg gom ks gcr lo lbe ltg lez nia ln jbo lg mt mi tw mwl mdf mnw nqo fj nah na nds-nl nrm nov om pi pag pap pfl pcd krc kaa ksh rm rue sm sat sc trv stq nso sn cu so srn kab roa-tara tet tpi to chr tum tk tyv udm ug vep fiu-vro vls wo xh zea ty ak bm ch ny ee ff got iu ik kl mad cr pih ami pwn pnt dz rmy rn sg st tn ss ti din chy ts kcg ve 
Prefix: a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9