Share to: share facebook share twitter share wa share telegram print page

 

Überbesetzung

Überbesetzung liegt im Personalwesen von Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung vor, wenn die Anzahl der vorhandenen Arbeitsplätze oder Planstellen niedriger ist als die tatsächlich besetzten. Gegensatz ist die Unterbesetzung.

Allgemeines

Überbesetzung und das Pendant Unterbesetzung sind Schwachstellen in der Arbeitsorganisation. Während bei der Unterbesetzung zu wenig Personal vorhanden ist, gibt es bei der Überbesetzung zu viel Personal. Ausgangspunkt ist jeweils der Stellenplan, der eine bestimmte Sollstärke für das Personal vorgibt:[1] Überbesetzung entsteht meist, wenn im Stellenplan Stellen gestrichen werden, aber die betroffenen Arbeitskräfte (etwa wegen Kündigungsschutz) noch vorhanden sind (Kostenremanenz).

Überbesetzung im Sozialismus

Eine weitere Ursache der Überbesetzung gab und gibt es in sozialistischen Staaten, die aus propagandistischen Gründen keine Arbeitslosigkeit zeigen wollten: Eines der größten Probleme der nach sowjetischem Muster in der DDR aufgebauten Kombinate war deren personelle Überbesetzung, die sogenannte verdeckte Arbeitslosigkeit.[2] Diese Fehl- und Überbesetzung zeigte sich allgemein in sozialistischen Staaten nicht nur in Kombinaten, sondern in der gesamten Wirtschaft und Verwaltung. Die verdeckte Arbeitslosigkeit durch Überbelegung wurde 1991 in der DDR auf mindestens 1,4 Millionen Menschen geschätzt.[3] In den volkseigenen Betrieben der DDR bestand ein Personalüberhang von ca. 15 %, der zum einen einer durch Organisations- und Planungsmängel bedingten Überbesetzung des Personalbestandes geschuldet war und zum anderen auch durch soziale und politische Aufgaben (unter anderem Kindergärten, Kliniken, Ferienheime, Bibliotheken) entstanden war.[4] Von einer personellen Überbesetzung bei DDR-Kommunen konnte im Gegensatz zu den anderen Verwaltungsebenen dagegen keine Rede sein.[5]

Sonstige Fachgebiete

Im Gerichtswesen dürfen einem Spruchkörper mehr Richter (Beisitzer) zugeteilt werden als zur Verhandlung und Entscheidung einer Sache erforderlich sind.[6] Überbesetzt ist demnach ein Spruchkörper, wenn ihm mehr Richter (Beisitzer) zugeteilt sind als für im Urteilsverfahren zu treffende Entscheidungen erforderlich. Die seit langem praktizierte Überbesetzung von Spruchkörpern wird von der herrschenden Meinung, nach der Neufassung des § 21g GVG und der Rechtsprechung bis auf zwei Ausnahmen für zulässig erachtet.[7] Hierdurch können auch krankheitsbedingte Vertretungsfälle innerhalb des Spruchkörpers bewältigt werden.[8] Bei Strafprozessen muss der Einwand, die Strafkammer sei unter Verletzung von § 76 Abs. 2 GVG unterbesetzt oder überbesetzt, entsprechend § 222b Abs. 1 StPO bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten zur Sache geltend gemacht werden; eine fehlerhafte Besetzung einer Strafkammer mit drei Berufsrichtern kann mit der Revision angegriffen werden.[9]

Eine Überbesetzung kann sich auch in Handel und Bankwesen als Überversorgung zeigen. Filialunternehmen des Handels (vor allem im Einzelhandel; englisch overstored) und Filialbanken (englisch overbanked) kennen die Überbesetzung als das Missverhältnis zwischen den vorhandenen Filialen und der in ihrem Einzugsgebiet vorhandenen kaufkräftigen Bevölkerung. Geht dort die Bevölkerung deutlich zurück (etwa durch Konversion), muss die Anzahl der Filialen ebenfalls sinken; bleibt sie gleich, liegt Überbesetzung vor.

In der Psychoanalyse ist die Überbesetzung die „zusätzliche Besetzung einer bereits besetzten Vorstellung, Wahrnehmung, etc.“[10]

Wirtschaftliche Aspekte

Personelle Überbesetzung führt zu geringerer Arbeitsproduktivität. Nach Berechnungen der OECD lag im Jahre 1991 die Produktivität in der DDR – auch wegen der Fehl- und Überbesetzung – bei 28,5 % derjenigen westdeutscher Betriebe.[11] Die Personalkosten sind selbst bei Vollbeschäftigung höher als sie sein müssten, entsprechend fallen bei den überbesetzten Stellen Leerkosten an. Die Personalaufwandsquote ist überdurchschnittlich hoch. Die Überbesetzung verringert die Gewinne (oder erhöht die Verluste) und erhöht die Gewinnschwelle. Überbesetzung birgt zusätzliche Beschäftigungsrisiken in sich, weil selbst bei Vollbeschäftigung nicht alle Leerkosten in Nutzkosten umgewandelt werden können. Die Überbesetzung steht unter dem Zwang, durch Personalabbau Kostensenkungen vornehmen zu müssen.[12] Sie ist nur vertretbar, wenn eine Nachfragesteigerung erwartet wird, die durch überbesetztes Personal aufgefangen werden kann.

Folgen für die Mitarbeiter

Das wachsende Arbeitsleid durch Unterforderung und hiermit verbundene Langeweile kann zu abnehmender Arbeitsmotivation, Stress, Fehlzeiten, Fehlproduktion mit verbundenen Fehlmengen und Fehlerkosten oder Burn-out bei von der Überbesetzung betroffenen Mitarbeitern führen, weil sie dauerhaft einer zu niedrigen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind.

Einzelnachweise

  1. Peter R. Preißler, Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, 2008, S. 196
  2. Carsten Dierks, Die Transformationsfalle: Die Rolle von Auslandsinvestitionen im Systemwandel, 2002, S. 53
  3. o. V., Beschäftigungsabbau, 1991, S. 16
  4. Joachim Gürtler/Wolfgang Ruppert/Kurt Vogler-Ludwig: Verdeckte Arbeitslosigkeit in der DDR. Institut für Wirtschaftsforschung, München 1990, S. 25 u. 43, ISBN 3-88512-115-8
  5. Frank Berg/Martin Nagelschmidt/Hellmut Wollmann, Kommunaler Institutionenwandel, 1996, S. 34
  6. Volker Erb (Hrsg.), Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz: Großkommentar, Band 10, 2010, § 21c Rn. 10 ff.
  7. BVerfGE 95, 322
  8. Christoph Sowada, Der gesetzliche Richter im Strafverfahren, 2002, S. 261
  9. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005, Az.: 3 StR 488/04 = NStZ 2005, 465
  10. Jean Laplanche/Jean-Bertrand Pontalis, Das Vokabular der Psychoanalyse, Band II, 1973, S. 543
  11. OECD, Deutschland, 1991, S. 21
  12. Rainer Haeckel, Ermittlung des Personalbedarfs, 1992, Vorwort
Kembali kehalaman sebelumnya


Index: pl ar de en es fr it arz nl ja pt ceb sv uk vi war zh ru af ast az bg zh-min-nan bn be ca cs cy da et el eo eu fa gl ko hi hr id he ka la lv lt hu mk ms min no nn ce uz kk ro simple sk sl sr sh fi ta tt th tg azb tr ur zh-yue hy my ace als am an hyw ban bjn map-bms ba be-tarask bcl bpy bar bs br cv nv eml hif fo fy ga gd gu hak ha hsb io ig ilo ia ie os is jv kn ht ku ckb ky mrj lb lij li lmo mai mg ml zh-classical mr xmf mzn cdo mn nap new ne frr oc mhr or as pa pnb ps pms nds crh qu sa sah sco sq scn si sd szl su sw tl shn te bug vec vo wa wuu yi yo diq bat-smg zu lad kbd ang smn ab roa-rup frp arc gn av ay bh bi bo bxr cbk-zam co za dag ary se pdc dv dsb myv ext fur gv gag inh ki glk gan guw xal haw rw kbp pam csb kw km kv koi kg gom ks gcr lo lbe ltg lez nia ln jbo lg mt mi tw mwl mdf mnw nqo fj nah na nds-nl nrm nov om pi pag pap pfl pcd krc kaa ksh rm rue sm sat sc trv stq nso sn cu so srn kab roa-tara tet tpi to chr tum tk tyv udm ug vep fiu-vro vls wo xh zea ty ak bm ch ny ee ff got iu ik kl mad cr pih ami pwn pnt dz rmy rn sg st tn ss ti din chy ts kcg ve 
Prefix: a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9