Knopp erreichte mit seinen Dokumentationen ein breites Publikum und erhielt dafür mehrere Auszeichnungen, sowohl im Inland als auch im Ausland.[1] Viele von ihm verantwortete Fernsehbeiträge werden bis heute regelmäßig gesendet. Kritiker werfen Knopp vor, geschichtliche Zusammenhänge zu stark vereinfacht dargestellt oder durch „emotionalisierende“ Zeitzeugeninterviews die Rolle der Deutschen im Zweiten Weltkrieg teils verharmlost zu haben.[2]
Knopp wollte nach eigener Aussage schon immer zum Fernsehen, wollte aber erst den Weg über die Printmedien gehen. Er entschied sich für den Burda-Verlag, der ihm imponierte.[8] Nach einem Jahr ging Knopp zur Welt am Sonntag und später zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung.[9] Dort lernte er Dieter Stolte, den damaligen ZDF-Programmdirektor, kennen, der ihn 1978 zum ZDF holte.[10]
Beim ZDF übernahm Knopp 1980 die wöchentliche Sendereihe Fragen zur Zeit. Ab 1984 leitete er die ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, deren Gründung er initiiert hatte und die er im ZDF als eigenständigen Programmbereich verantwortete. Dort wurden seit den 1980er Jahren zeitgeschichtliche Fernsehreihen und Dokumentationen wie Hitler – Eine Bilanz, Unser Jahrhundert – Deutsche Schicksalstage, Hitlers Helfer, Holocaust und Die Deutschen produziert. Auch die von Knopp moderierten wöchentlichen Geschichtssendungen Damals (bis 2000) und History (bis 2013) wurden von seiner Redaktion verantwortet. Zu den Fernsehdokumentationen veröffentlichte Knopp auch regelmäßig Begleitbücher und -DVDs, von denen einige zu Bestsellern wurden.
Als Professor
Knopp lehrte Journalistik an der Universität Gießen und an der Gustav-Siewerth-Akademie in Weilheim-Bierbronnen, einer umstrittenen, von 1988 bis 2014 bestehenden katholischen Privathochschule. Von dieser wurde Knopp 1994 zum Professor ernannt. Laut Vorlesungsverzeichnis hatte Knopp einen Sitz im Senat der Akademie und war Leiter eines von insgesamt vier Fachbereichen.[11] Er gehörte auch dem Freundeskreis der Akademie an, bei deren Festveranstaltungen er als Moderator auftrat, ehe der Hochschule 2013 die staatliche Anerkennung entzogen wurde.
Aschaffenburger Gespräche und „Unsere Geschichte. Das Gedächtnis der Nation“
Knopp initiierte die Aschaffenburger Gespräche, eine Reihe von Podiumsdiskussionen zu Themen der Zeitgeschichte, die er von 1978 bis 2008 organisierte und leitete. Diese Diskussionen wurden aufgezeichnet und vom ZDF und von Phoenix ausgestrahlt.[12] Seit 2010 ist Knopp Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Unsere Geschichte. Das Gedächtnis der Nation, der sich zur Aufgabe gemacht hat, „Erinnerungen von Zeitzeugen filmisch festzuhalten und auch künftigen Generationen verfügbar zu machen“. Seit Oktober 2011 ist ein „Jahrhundertbus“ in Deutschland unterwegs, in dem Zeitzeugen zu ihren Erinnerungen befragt werden.[13] Knopp ist zudem Berater des 2016 eröffneten Museums The Wall Museum East Side Gallery.[14]
Ruhestand
Am 3. Februar 2013 beendete Knopp mit Erreichen der Altersgrenze seine Arbeit als Leiter des ZDF-Programmbereichs Zeitgeschichte.[15] In der Presse wurde er zu diesem Zeitpunkt als „Deutschlands bekanntester Historiker“ bezeichnet.[16]
Privates
Knopp lebt in Mainz, ist in zweiter Ehe mit einer ungarischen Lehrerin verheiratet und hat aus beiden Ehen jeweils zwei Kinder.[17] An Weihnachten 2018 erlitt Knopp in seinem Ferienhaus in Florida eine lebensgefährliche Gehirnblutung. Er musste viermal operiert werden und lag wochenlang auf der Intensivstation. Inzwischen hat er sich von dieser lebensbedrohlichen Erkrankung erholt und arbeitet wieder an neuen Buchprojekten.[18]
Arbeitsweise und Zielgruppe
Das ZDF etablierte historische Dokumentationen zur besten Sendezeit und erreicht damit ein breites Publikum. Knopp hat diese Entwicklung maßgeblich geprägt. Sein Stil wird mit dem Kofferwort „Histotainment“ (eine Begriffsbildung analog zu „Edutainment“ und „Infotainment“) beschrieben.[19][20] Knopp selbst stellt seine Arbeit unter das Motto „Aufklärung braucht Reichweite“.[21][22] Die Produktionen aus Knopps Redaktion werden von ZDF Enterprises auch international erfolgreich vermarktet.
In Thomas Leifs Buch Leidenschaft: Recherche wird die Auseinandersetzung zwischen dem Journalisten Thomas Schuler und Guido Knopp als Beispiel für Komplikationen bei Recherchen angeführt. Schuler hatte im Jahr 2000 Knopps Professorentitel als unseriös eingestuft, da er von der Gustav-Siewerth-Akademie verliehen wurde, deren Führungspersonal laut Schuler unter anderem mit der rechten Organisation Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis verbunden sei. Gegen diesen Artikel klagten Personen der Gustav-Siewerth-Akademie, und obwohl Schuler vor Gericht gewann, veröffentlichte die Berliner Zeitung den Artikel daraufhin vorsichtshalber nicht in ihrem öffentlich verfügbaren Archiv.[24]
Peter Kümmel fasst US-amerikanische und deutsche Kritiken an Knopps Dokumentationen so zusammen: Knopps Filme funktionierten wie „Rollenspiele, mit deren Hilfe sich die Deutschen mit ihren Großvätern versöhnen könnten.“ Die Filme würden das „Wir“-Gefühl mehr ansprechen als die Fakten. Erinnerung sei bei ihm empathisch geladen und daher zu wohlwollend.[25] Die verharmlosenden oder emotionalisierenden Zeitzeugeninterviews würden historisch brisante Tatsachen verdecken, kritisiert Evelyn Finger die Dokureihe Die Kinder der Flucht des ZDF aus dem Herbst 2006.[26] Es sei entpolitisierend, Einzelschicksale zu zeigen und die historische Beurteilung zu verschweigen, wenn mit dem Anspruch aufgetreten werde, eine ganze Epoche darzustellen. So erwähne Knopp in seiner Einleitung dieser Trilogie mit keinem Wort die von deutschen Armeen über Polen, die Sowjetunion und weitere Teile Europas gebrachten Vertreibungen, als „Umsiedlung“ genannten Massenmorde, individuelle Angst, Schmerzen, Hunger und heute oft verdrängte Lasten. Auch diese nicht zu vergessen hieße nicht, sie gegenseitig aufzurechnen.[27]Michael Jeismann vertrat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hingegen die Ansicht, dass ein Extra-Hinweis auf den Vernichtungskrieg des Deutschen Reichs im Osten unnötig sei und dass sich aus den Einzelinterviews relevante Erkenntnisse ergäben. Die Erkenntnisse seien allerdings kein Verdienst Knopps, sondern des Regisseurs Hans-Christoph Blumenberg.[28]
Jenseits der Kritik in den Feuilletons finden sich nur wenige geschichtswissenschaftliche Veröffentlichungen zu den Produktionen der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte. Eine umfassende Auseinandersetzung liefert z. B. Oliver Näpel in der Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, der die Funktionen und Wirkung der unterschiedlichen Bausteine von Knopps Dokutainment-Sendungen, mit Hauptaugenmerk auf den Sendereihen zur NS-Zeit, systematisch aufarbeitet.[29]Wulf Kansteiner bescheinigt Knopp zwar, dass die gesprochenen Kommentare und Botschaften korrekt seien. Der „visuelle Sog“ der teils nachgestellten und mit Ton unterlegten Szenen überlagere jedoch oftmals den Off-Kommentar, schaffe eine raffinierte Identifikationsmöglichkeit etwa mit einem Militäridol und lasse die gegensätzlichen Perspektiven von Tätern und Opfern außen vor.[30]
Kontrovers wird in den Medien und der Fachwelt auch die Frage der Autorschaft diskutiert.[31] Jede Dokumentation oder Sendereihe entstand durch einen in seiner Größe wechselnden Stab aus Koautoren, wissenschaftlichen Beratern und Editoren. Dies trifft nach Knopps eigener Aussage auch auf die Begleitbücher zu seinen Sendungen zu.[32] Auch Zeitzeugen spielen in den Dokumentationen als Mitwirkende eine große Rolle. Oft war Knopp nur Initiator, aber nicht an der Durchführung beteiligt. Allerdings zeichnet er als Redaktionsleiter verantwortlich für den größten Teil der Dokumentationen. Darüber hinaus hat sich sein Name im Laufe der Zeit zu einem Markenzeichen entwickelt, das für eine ganz eigene Form historischer Dokumentationen steht – ein Starkult, der durch einen eigenständigen ästhetischen Stil zwar weltweiten Erfolg, aber eben keine eindeutige Autorenschaft garantiert.[32][33][34]
Sonstiges
Ein Lied mit dem Titel Guido Knopp, in dem sich der deutsche Liedermacher und Kabarettist Rainald Grebe humoristisch mit Knopps Wirken auseinandersetzt, wurde 2005 veröffentlicht.[35]
Einigungsdebatte und Einigungsaktion in SPD und USPD 1917–1920 unter besonderer Berücksichtigung der „Zentralstelle für Einigung der Sozialdemokratie“. DissertationUniversität Würzburg, Philosophische Fakultät, Fachbereich II – Neuphilologien, Geschichte, Kunstgeschichte, 1975, OCLC3885233.
Holokaust, mit Alexander Berkel, Bertelsmann, München 2001, ISBN 3-442-15152-X.
Hitlers Kinder, mit Stefan Brauburger, Christian Deick, Jörg Müllner, Ricarda Schlosshan, Stephan Wiehler. Goldmann, München 2001, ISBN 3-442-15121-X.
Die Deutschen: vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert, mit Stefan Brauburger, Peter Arens, Friederike Dreykluft … Bertelsmann, München 2008, ISBN 978-3-570-00942-0.
Die Deutschen: von Karl dem Großen bis Rosa Luxemburg, mit Stefan Brauburger, Peter Arens, Carl Dietmar … Bertelsmann, München 2010, ISBN 978-3-570-10035-6.
Die Deutschen im 20. Jahrhundert: vom Ersten Weltkrieg bis zum Fall der Mauer, mit Alexander Berkel … Bertelsmann, München 2008, ISBN 978-3-570-00976-5.
Der Wettlauf zum Südpol: Das größte Abenteuer der Geschichte. Bertelsmann, München 2011, ISBN 978-3-570-10078-3.
Der Zweite Weltkrieg: Bilder, die wir nie vergessen, mit Claudia und Mario Sporn. Edel, Hamburg 2014, ISBN 978-3-8419-0262-7.
Schampus für alle. ALDI – eine deutsche Geschichte. Fischer Krüger, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-8105-3078-3 (in Zusammenarbeit mit Mario Sporn).
Der Erste Weltkrieg: Historische Bilder und die Geschichten dahinter, Verlag Edel Germany GmbH, Hamburg 2022, 1. Auflage, ISBN 978-3-8419-0836-0.
Putins Helfer. Die Hintermänner der russischen Diktatur. Quadriga, Köln 2023, ISBN 978-3-86995-132-4.
Hörspiele
Zwölf Jahre – Hitler und sein Reich. Hörspiel mit G. Knopp u. a. Edition I: Hitler und sein Volk 1933–1939. 8 CDs. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003, ISBN 3-455-30313-7.
Zwölf Jahre – Hitler und sein Reich. Hörspiel mit G. Knopp u. a. Edition II: Die Deutschen und der Krieg 1939–1943. 8 CDs. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003, ISBN 3-455-30328-5. Die für 2004 angekündigte Edition III: Zusammenbruch und Neuanfang 1943–1945 erschien nicht.
Literatur
T. Fehrensen: Hitler als Quotenstürmer. Kommentar zu den Filmen von Guido Knopp. In: Rheinischer Merkur. 2. Oktober 1998.
Joachim Käppner: Rezension: „G. Knopp u. a.: Holokaust“. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Oktober 2000.
Wulf Kansteiner: Die Radikalisierung des deutschen Gedächtnisses im Zeitalter seiner kommerziellen Reproduktion: Hitler und das „Dritte Reich“ in den Fernsehdokumentationen von Guido Knopp. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG). Nr.51, 2003, S.626ff.
Peter Kümmel: Ein Volk in der Zeitmaschine. In: Die Zeit. Nr.10, 2004 (zeit.de).
Drehli Robnik: Postnationaler Adel und Pöbel rund um Guido Knopp. In: Geschichtsästhetik und Affektpolitik. Stauffenberg und der 20. Juli im Film 1948–2008. Turia + Kant, Wien 2009, ISBN 978-3-85132-557-7, S.125–151.
Rolf Rietzler: Im Knopp-Kino: Das Geheimnis der roten Armbinde. In: ders.: Mensch, Adolf. Das Hitler-Bild der Deutschen seit 1945. München 2016, S. 384–412.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.15–17.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.18–19.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.25–29.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.31.
↑Guido Knopp: Einigungsdebatte und Einigungsaktion in SPD und USPD 1917–1920 unter besonderer Berücksichtigung der „Zentralstelle für Einigung der Sozialdemokratie“. Würzburg 1975.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.33.
↑Guido Knopp: Meine Geschichte. 1. Auflage. C. Bertelsmann, München 2017, ISBN 978-3-570-10321-0, S.34–35.
↑Oliver Näpel: Historisches Lernen durch 'Dokutainment'? – Ein geschichtsdidaktischer Aufriss. Chancen und Grenzen einer neuen Ästhetik populärer Geschichtsdokumentationen, analysiert am Beispiel der Sendereihen Guido Knopps. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik. 2 (2003), S. 213–244. (online auf der Seite des Verfassers)
↑Wulf Kansteiner: Die Radikalisierung des deutschen Gedächtnisses im Zeitalter seiner kommerziellen Reproduktion: Hitler und das „Dritte Reich“ in den Fernsehdokumentationen von Guido Knopp. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 51 (2003), S. 634.
↑Wulf Kansteiner: Hitler und das „Dritte Reich“ in den Fernsehdokumentationen von Guido Knopp. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaften. 51. Heft 7 2003, S. 626.