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Edictum perpetuum

Das edictum perpetuum (dauerhafte Bekanntmachung) basiert im römischen Recht auf dem prätorischen Edikt, einem Rechtsschutzprogramm für den Prozess. Der Begriff edictum perpetuum wird in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: einerseits als konsolidierte, endgültige Fassung des prätorischen Edikts, die der hochklassische Jurist Julian dem Edikt um das Jahr 130 n. Chr. unter Kaiser Hadrian gegeben hat.[1] teils auch als ewiges Edikt bezeichnet.[2] Zweck der Maßnahme war die Rationalisierung des prätorischen Rechts.[3] In einem älteren Sinne verweist edictum perpetuum darauf, dass das Edikt den Rechtsschutz für die (einjährige) Dauer der magistratischen Amtszeit festlegte (Daueredikt).[4]

Edictum perpetuum als Daueredikt

In der Zeit der römischen Republik war dem Magistraten das ius edicendi eingeräumt, die Befugnis, im Rahmen seiner Kompetenz Verfügungen (Edikte) zu erlassen.[5] Der Stadtprätor (praetor urbanus) übte die Jurisdiktionsgewalt für den römischen Bürger aus. Für die Belange der Nichtbürger war der Fremdenprätor (praetor peregrinus) zuständig, für die Marktgerichtsbarkeit die kurulischen Ädilen (aediles). Im zweigeteilten Formularprozess der römischen Republik waren sie für die Gewährung von Klagen (actiones), Einreden (exceptiones) und vorläufige gerichtliche Anordnungen zuständig. Zu Beginn des jeweiligen Amtsjahres gab der Prätor in seinem Edikt bekannt, welche Rechtsschutzformeln er seiner Amtsführung zugrunde legen würde. Seit dem 3. Jahrhundert übernahmen insbesondere die Prätoren (beziehungsweise die für sie tätigen Juristen) damit eine zentrale Rolle in der Fortbildung des Rechts. Der Text der Edikte wurde im Wesentlichen Jahr für Jahr übernommen und fortgeschrieben und bildete auf diese Weise eine eigene elastische Rechtsschicht, das Amtsrecht der Magistrate (ius honorarium).[6]

Edictum perpetuum als endgültige Ediktsfassung

Das edictum perpetuum wurde 1883 durch den deutschen Gelehrten Otto Lenel rekonstruiert. Im Rahmen seiner Justizreform ließ Kaiser Hadrian demnach etwa 130 n. Chr. das durch die prätorischen Edikte gesetzte Recht überarbeiten und in eine endgültige Fassung bringen. Hierzu beauftragte er den Juristen Salvus Iulianus. Die Redaktion und Festschreibung des Edikts, bei der vermutlich die Edikte des praetor urbanus und des praetor peregrinus miteinander verschmolzen wurden, bedeutete nach teilweiser Auffassung das Ende der prätorischen Rechtsfortbildung und führte den längst begonnenen Übergang der Rechtsschöpfung auf den Kaiser zum Abschluss.[7] Nach anderer Auffassung wurde die Produktivität der Ediktsarbeit nicht eingeschränkt oder gar beendet, im Rahmen der zunehmenden Zentralisierung des Machtapparats, habe der kaiserliche Eingriff aber die Autorität vom Prätor auf den Prinzeps verschoben.[8]

Siehe auch

Literatur

  • Otto Lenel: Das Edictum perpetuum. Ein Versuch zu seiner Wiederherstellung, mit dem für die Savigny-Stiftung ausgeschriebenen Preise gekrönt, Leipzig 1927; zuerst 1883 (Digitalisat; PDF; 54,6 MB).

Einzelnachweise

  1. Vgl. Digesten, Constitutio Tanta, § 18.
  2. Werner Wilhelm Jaeger: Die Antike, de Gruyter 1935; Philippe Nemo: Was ist der Westen?: die Genese der abendländischen Zivilisation. Mohr Siebeck, 2005, ISBN 978-3-16-148672-2, S. 26.
  3. Ulrike Babusiaux: Römische Rechtsschichten. In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): Handbuch des Römischen Privatrechts. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S. 114–192, hier S. 155–157, speziell: Rn. 143.
  4. In diesem Sinne verkürzend etwa Christoph G. Paulus: Edictum [2] perpetuum. In: Der Neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Band 3, Metzler, Stuttgart u. a. 1999 (auch online, DOI:10.1163/1574-9347_dnp_e326230). Zu beiden Bedeutungen siehe aber etwa Franz Wieacker: Römische Rechtsgeschichte. Band 1, C.H. Beck, München 1988, § 25 I 2, S. 465; Wolfgang Waldstein, J. Michael Rainer: Römische Rechtsgeschichte. 11. Auflage, C.H. Beck, München 2014, § 22 Rn. 36 und 44.
  5. Über die Anfänge vgl. Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Band 1, dtv-Verlag, München 1976, S. 273.
  6. Statt aller: Wolfgang Waldstein, J. Michael Rainer: Römische Rechtsgeschichte. 11. Auflage, C.H. Beck, München 2014, § 22 Rn. 24–46.; zur Bedeutung der Juristen als der eigentlichen Rechtsschöpfer anschaulich Marie Theres Fögen: Römische Rechtsgeschichten: Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, S. 190–198.
  7. Vgl. etwa Franz Wieacker: Römische Rechtsgeschichte. Band 1, C.H. Beck, München 1988, § 25 III, S. 468 f. mit weiteren Nachweisen.
  8. Max Kaser: ‚Jus honorarium‘ und ,ius civile‘, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 101, Heft 1, 1984. S. 1–114, hier S. 102–108.; zur Autoritätsverschiebung, Nicola Palazzolo: Potere imperiale ed organi giurisdizionali ne II secolo d.C. L’efficacia processuale dei rescrittiimperiali da Adriano ai Servi, 1974. S. 37–43.
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