Dieser Artikel befasst sich mit dem Komponisten Carl Loewe. Zu anderen Personen siehe Karl Löwe.
Johann Carl Gottfried Loewe (* 30. November1796 in Löbejün[1]; † 20. April1869 in Kiel) war ein deutscher Kantor, Organist und Komponist, der über 400 Balladen, siebzehn Oratorien, sechs Opern und zwei Sinfonien schrieb. Da er 46 Jahre seines Lebens in Stettin lebte, wo er als Organist, Musikdirektor und Komponist wirkte sowie den Pommerschen Chorverband gründete, gilt er gemeinhin als „pommerscher Balladenkönig“.[1]
Carl Loewe wurde als zwölftes Kind des Kantors und Organisten Andreas Loewe (1747–1826) und dessen Frau Marie (1752–1826), geb. Leopold, in Löbejün im damaligen preußischen Herzogtum Magdeburg geboren.[2][3] Von seinen Eltern erhielt er früh eine kunstsinnige Erziehung. Während seiner ersten Schuljahre in Köthen sang er von 1807 bis 1809 im Köthener Knabenchor und wechselte anschließend während der Zeit des Königreichs Westphalen dank eines Stipendiums des Königs Jérôme Bonaparte auf die Latina der Franckeschen Stiftungen in Halle. In dieser Zeit erhielt er Kompositionsunterricht bei Daniel Gottlob Türk, für den er als Sopransänger im Stadtsingechor zu Halle und als Solist bei Konzerten auftrat. Musikalisch gefördert wurde er auf Empfehlung seines Lehrers auch durch Johann Friedrich Reichardt, der in Giebichenstein bei Halle lebte.
Da sich Loewe 1816 bei seiner Bewerbung um die Stelle als Organist an der Marktkirche Unser Lieben Frauen nicht gegen seinen Konkurrenten Johann Friedrich Naue durchsetzen konnte, schrieb er sich gleich ein Jahr später, nach Abschluss der Reifeprüfung, als Student der Evangelischen Theologie an der Friedrichs-Universität Halle ein. Während seines Studiums wurde er 1817 Mitglied der Burschenschaft Teutonia Halle.[4] Im öffentlichen Musikleben Halles bewährte sich Loewe als ein hervorragender Tenor bei Aufführungen der Singakademie unter der Leitung Johann Friedrich Naues und vielen anderen Gelegenheiten. In den halleschen Jahren schrieb er fast fünfzig Kompositionen, Balladen wie Erlkönig und Edward.
Nach dem Studium ließ sich Loewe 1820 in Berlin von Carl Friedrich Zelter hinsichtlich seiner Befähigung zum Kirchen- und Schulmusiker prüfen. Er bestand mit Auszeichnung und wurde Kantor und Organist an der Jakobikirche in Stettin. Hier war Loewe 46 Jahre lang tätig, auch als Gymnasiallehrer am Marienstiftsgymnasium, als Ausbilder am Seminar für Lehrerbildung und als städtischer Musikdirektor. Er gründete den Pommerschen Chorverband und veranstaltete in dessen Namen bis 1857 zahlreiche Musikfeste. Eng befreundet war er mit dem Mathematiker Justus Günther Graßmann, mit dessen Sohn, dem Mathematiker Hermann Graßmann, und mit dem Dichter Ludwig Giesebrecht, dessen Texte er vertonte.
Im Jahre 1829 wurde Carl Loewe in den Bund der Freimaurer aufgenommen, seine LogeZu den drei Zirkeln war in Stettin ansässig. Er komponierte in seinen Gesangsquartetten u. a. eine Komposition für Freimaurer.[5]
1821 heiratete Carl Loewe in Halle/Saale Julia von Jakob (1796–1823), eine Tochter des Halleschen Universitätskanzlers Ludwig Heinrich von Jakob. Sie starb am 7. März 1823, einige Tage nach der Geburt des Sohnes Julian (geb. 1823), der bei Verwandten aufgezogen wurde.[2] 1825 heiratete Carl Loewe die Kaufmannstochter Auguste Lange (1806–1895). Aus dieser Ehe entstammten vier Töchter: Julie (1826–1920), Adele (1827–1851), Helene (1833–1869?) und Anna (1840–1895).[2]
Nachdem Loewe von einem schweren Schlaganfall 1864 wieder genesen war, musste er 1866 nach Aufforderung des Stettiner Magistrats seinen Abschied nehmen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Kiel bei seiner ältesten Tochter Julie, verheiratete v. Bothwell. Diese bemühte sich, die Werke ihres Vaters der Nachwelt zu erhalten.
Sein Grabmal befindet sich auf dem Parkfriedhof Eichhof bei Kiel. Das Herz ist in der Jakobikirche in Stettin beigesetzt worden, und zwar in einer vergoldeten Kapsel in der Höhlung einer großen Orgelpfeife.[6]
Werk
Carl Loewe hat die Ballade, als besondere erweiterte Form des Sololiedes im 19. Jahrhundert, bekannt gemacht – als Komponist und auch als Sänger. Loewe hat, sechs Jahre vor Robert Schumann, auch den Gedichtzyklus Frauenliebe und -leben von Adelbert von Chamisso vertont (1834). In den Balladen kommt seine Fähigkeit der anschaulichen Schilderung, der bildhaften Tonmalerei und eindringlichen Charakterisierung von Gestalten, Schauplätzen und Vorgängen am besten zum Ausdruck. Seine Themenvielfalt ist weit gespannt. Neben den bevorzugten Bereichen der Historie, der Sage und dem Märchen hat er Alltags- und Genrebilder geschaffen, Idyllen und moralische Fabeln; Großes steht neben Kleinem, Schlichtes neben Phantastischem, Unheimliches neben Verspielt-Humoristischem. Loewe galt mit seiner schönen Tenorstimme als eloquenter, intensiver Vortragskünstler.
Kleine Passionsmusik für Soli, Chor, Streicher und Orgel
Kantaten, Kammermusik und Klaviersonaten.
Ehrungen
1832 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Greifswald
1837 Ernennung zum ordentlichen Mitglied der Königlichen Akademie der Künste[11]
Gedenktafeln in der Kieler Nikolaikirche und der Stettiner Jakobikirche, in der auch sein Herz in einer Kapsel in einem der beiden Orgelpfeiler beigesetzt ist, erinnern an Loewe.
1938 wurde die Karl-Löwe-Gasse in Wien-Meidling nach dem Komponisten benannt.
Im rheinland-pfälzischen Unkel, wo seine Witwe für sich und zwei ihrer Töchter 1874 ein Haus gekauft hatte, wird seit 1995 mit den jährlich stattfindenden Carl-Loewe-Musiktagen an ihn erinnert.[14]
Die 1992 gegründete Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft e. V. setzt die Traditionen der 1882 in Berlin und 1888 in Löbejün gegründeten Loewe-Vereine fort und hat ihren Sitz in der Geburtsstadt des Komponisten. Dort werden seit 2002 regelmäßig die Carl-Loewe-Festtage ausgerichtet.
Freunde und Verehrer in Stettin sammelten für die Errichtung eines Denkmals, das am 30. November 1898 neben der dortigen Jacobikirche feierlich enthüllt wurde. Den Entwurf hatte der Bildhauer Hans Weddo von Glümer geschaffen, in einer der Gladenbeck-Gießereien in Friedrichshagen wurde das Standbild in Bronze gegossen. Das Standbild wurde nach 1945 durch eine polnische Marienstatue ersetzt.
Heinrich Bulthaupt: Carl Loewe. Deutschlands Balladencomponist. (= Berühmte Musiker. Band 4.) Harmonie – Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst, Berlin 1898, urn:nbn:de:bsz:14-db-id18440992537.
Otto Altenburg: Carl Loewe. Beiträge zur Kenntnis seines Lebens und Schaffens. Stettin 1924. (Digitalisat, PDF, 3,6 MB; Baltic Digital Library)
Gerhard Dallmann: Carl Loewe, ein Leben für die Musik. Lebensskizze eines romantischen Musikers, Ginkgo-Park, Gützkow 1996, ISBN 3-9804189-3-6.
Reinhold Dusella: Die Oratorien Carl Loewes. Schroeder, Bonn 1991, ISBN 3-926196-12-2.
Ulrich Konrad: Klassische Vokalpolyphonie in den Oratorien Carl Loewes. In: Martina Janitzek, Winfried Kirsch (Hrsgg.): Palestrina und die Klassische Vokalpolyphonie als Vorbild kirchenmusikalischer Kompositionen im 19. Jahrhundert, Kassel 1995 (= Palestrina und die Kirchenmusik im 19. Jahrhundert, Band 3), S. 81–100.
Till Gerrit Waidelich: B. A. Webers Melodram „Der Gang nach dem Eisenhammer“ und seine kompositorische Aneignung durch Carl Loewe in der zeitgenössischen Rezeption. In: Michael Kube, Werner Aderhold, Walburga Litschauer (Hrsg.): Schubert und das Biedermeier. Beiträge zur Musik des frühen 19. Jahrhunderts. Festschrift Walther Dürr zum 70. Geburtstag. Bärenreiter, Kassel 2002, ISBN 3-7618-1523-9, S. 185–207.
Mikołaj Szczęsny: Carl Loewe, Zamek Książąt Pomorskich w Szczecinie, Szczecin 2007. ISBN 978-83-60816-06-6 (polnisch).
Peter Tenhaef: Loewe, Carl (1796–1869). In: Dirk Alvermann, Nils Jörn (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Bd. 2 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe V: Forschungen zur Pommerschen Geschichte. Bd. 48,2). Böhlau, Köln u. a. 2015, ISBN 978-3-412-22541-4, S. 160–166.
Friedhelm Brusniak, Franz Josef Ratte, Burkhard Sauerwald (Hrsg.): Carl Loewe und der Männerchor. Zwei Teile (= Veröffentlichungen der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft e.V. 6/1 und 6/2). Janos Stekovics, Wettin-Löbejün OT Dößel 2022/2023, ISBN 978-3-89923-436-7 und ISBN 978-3-89923-452-7.
Cord Garben: Carl Loewe, das Werk. Chronologisch-bibliographische Werkbiographie. Florian Noetzel Verlag "Ars Musica", Wilhelmshaven 2024, ISBN 978-3-7959-1058-7.
↑Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 461–463.
↑Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, ISBN 3-7766-2161-3.
↑Carl Ludwig Schleich: Besonnte Vergangenheit. Lebenserinnerungen eines Arztes. Ernst Rowohlt Verlag, Berlin 1930, S. 10.