WelserWelser ist der Name einer Augsburger sowie Nürnberger Patrizierfamilie von Großkaufleuten. In Augsburg sind die Welser seit 1246 nachweisbar. Im Mittelalter unterhielten die Welser Faktoreien unter anderem in Antwerpen, Lyon, Madrid, Nürnberg, Sevilla, Lissabon, Venedig und Rom sowie Santo Domingo und Venezuela. Durch ihre Handelsgeschäfte kamen diese oberdeutschen Kaufleute zu Reichtum und finanzierten Herrscher verschiedener europäischer Staaten. GeschichteDie Welsersche HandelsgesellschaftEine Welsersche Handelsgesellschaft ist erstmals 1420 in Augsburg belegt. Anton I. Welser der Ältere gründete 1498 mit dem im Tiroler Silberhandel aktiven Memminger Handelshaus Vöhlin die Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Im Handel mit Baumwolle und Barchent wurde erstes Geld verdient. Handels- und Bergbauunternehmen waren sodann weiteres Rückgrat des kommerziellen Erfolgs der Welser. Anton Welser der Ältere stieg auch in den Waren- und Seehandel mit eigener Flotte, das Reedereigeschäft und den Geldverleih ein. Die Nürnberger Welsersche HandelsgesellschaftSein jüngerer Bruder Jakob I. übernahm 1493 die Nürnberger Faktorei der Welser und wurde Begründer der Nürnberger Linie der Welser, die sich später Welser von Neunhof und zu Beerbach nannten. Nachdem, aufgrund von Streitigkeiten, die Welser-Vöhlin-Gesellschaft 1517 aufgelöst worden war, gründete Jakob I. mit seinen Söhnen die Nürnberger Welsersche Handelsgesellschaft. Die Tätigkeiten beider Welserschen Handelsgesellschaften blieben aber weiterhin eng verflochten. Schlüsselpositionen im Kupfer-, Zinn- und Silbergeschäft waren Grundlage der Augsburger Welser, die neben den Fuggern zu den großen Finanziers Karls V. gehörten. Auch die Nürnberger Welser engagierten sich stark in den Zinn- und Kupferrevieren Thüringens und Böhmens, wie auch im Tiroler Silberbergbau und Montanunternehmen (letzteres taten auch die Fugger und die Tucher). Zum Warenhandel kam ein ausgeprägtes Engagement in Geldgeschäften. Jakob I. war einer der größten Finanziers der Fugger. Im 16. Jahrhundert kam in Betonung des Handelsplatzes Nürnberg vor allem der Gewürzhandel hinzu. Die Welser zählten, neben den Imhoff und den Tucher, zu den bedeutendsten Safranhändlern. Zusammen mit Martin Pfinzing wurde Hans Welser als erster Obermarktsherr in den Handelsvorstand der Nürnberger Börse gewählt.[1][2] Handelsstützpunkte besaß die Nürnberger Welsersche Handelsgesellschaft unter anderem in Lissabon, Sevilla, Lyon, Antwerpen, Köln, Augsburg, Venedig, Verona, Mailand, Genua, Aquila, Neapel. Mit der Plata-Expedition von 1536, an der neben anderen auch die Nürnberger Welser und die Fugger beteiligt waren, scheiterte der Versuch Peru zu erobern; die Spanier kamen ihnen zuvor. Der Gewürzhandel1505 rüstete die Handelsgesellschaft Welser-Vöhlin-Fugger-Höchstetter-Gossembrot-Imhoff-Hirschvogel portugiesische Schiffe für eine der ersten Handelsfahrten oberdeutscher Kaufleute nach Indien aus, um die überseeischen Gewürzmärkte zu erschließen. Die Welser finanzierten mit 20.000 Cruzados den mit Abstand größten Anteil der geldgebenden Kaufleute aus Italien und Deutschland. Neben der Handelsgesellschaft war an der Fahrt auch der Florentiner Bartholomé Marchione beteiligt. Auch der junge Ferdinand Magellan sammelte auf dieser Reise erste seemännische Erfahrungen. Im Gewürzhandel winkten damals enorme Gewinne.[3] Einen eindrucksvollen Bericht über die Indienfahrt von 1505 bis 1506 von Lissabon nach Kochi und Calicut lieferte der von den Welsern entsandte Kaufmann Balthasar Sprenger in seinem Buch „Meerfahrt“ aus dem Jahr 1509. In dieser und vielen anderen Handelsgesellschaften waren Nürnberger Patrizier tätig am Handel beteiligt. Vielfach waren sie oder ihre Familienangehörigen aber auch stille Gesellschafter.[4] Der Venezuela-VertragKaiser Karl V. überließ Bartholomäus V. Welser, der von 1519 bis 1551 die Geschicke der Augsburger Welser-Gesellschaft lenkte, in einem sogenannten Asiento, einem Generalvertrag vom 27. März 1528, über dessen Schwiegersohn Hieronymus Sailer, im Gegenzug für eine ihm gewährte Anleihe, die Statthalterschaft über die spanische Überseeprovinz Venezuela.[5] Mit Hilfe dieses Vertrages wollte Karl V., gegen Vergabe entsprechender Konzessionen, die Kolonien schnell und kostenlos erschließen. Welser finanzierte die Schiffsflotte, deren Besatzungen und Ausrüstungen und erhielt dafür Venezuela befristet als Lehen. Für die Welser bedeutete die Kolonialgründung die Schaffung eines sicheren Stützpunktes für ihren Amerika- und Weltfernhandel.[6] Zuvor, im Vertrag vom 12. Februar 1528 mit dem spanischen Hof, erhielten die Welser für eine Lizenzgebühr von 20.000 Dukaten das Monopol, in der Vertragslaufzeit von vier Jahren, 4000 afrikanische Sklaven in die Kolonie Klein-Venedig (Venezuela) zu liefern. Zwischen 1529 und 1538 verschleppte die Welser-Gesellschaft 1005 Sklaven und verkaufte diese außerhalb Venezuelas. Bis 1536 sind die Welser durch ihre Handels- und Expeditionsschiffe Teil des Sklavenhandels und unternehmen in dieser Zeit 45 Transporte von versklavten Personen.[7][8] Außer Sklaven waren im Südamerikahandel Gold, Perlen, Farbstoffe wie Indigo, Edelhölzer, Drogen und Medikamente äußerst gewinnträchtig. Das angeblich gegen die aus der Neuen Welt eingeschleppte Syphilis wirkende Guajakholz war ein Importschlager für die Welser. Auch Anton Welser der Jüngere betrieb, gemeinsam mit seinem Bruder Bartholomäus, den Handel mit Spanisch-Amerika. Zuckerplantagen unterhielten die Welser auf Hispaniola und auf Madeira. Bis 1554 beuteten die Welser die Bodenschätze an der venezolanischen Küste aus. Die Ermordung Philipp von Huttens und Bartholomäus Welsers bei einer Expedition ins Innere des Landes, auf der Suche nach dem El Dorado, führte zum Zusammenbruch der Welserherrschaft in Venezuela. Mit dem Rücktritt Karls V. im Jahr 1556 gingen die Handelsrechte verloren. Die Kolonialgründung der Welser in Venezuela war der gewichtigste Anteil der Deutschen an der kolonialen Erschließung Amerikas im 16. Jahrhundert. Das Ende der Welserschen HandelshäuserDie Nürnberger Handelsgesellschaft der Welser wurde nach dem Tod Hans Welsers (1534–1601) zur Unterstützung seiner minderjährigen Nachkommen kapitalisiert und bis 1610 aufgelöst. Die Augsburger Handelsgesellschaft der Welser war am 1. Juli 1614 zahlungsunfähig (sogenannte „Falliterklärung“). Die bisherigen Handelsströme aus der Levante, über Italien und die Alpen, nach dem Norden hatten sich verlagert. Die Edelmetalle aus Amerika führten zu einer Geld- und Absatzkrise. Die großen Schuldner der Welser – Spanien, Frankreich und die Niederlande – trieben mit Staatsbankrotten die Welsersche Handelsgesellschaft in den Ruin. Die Welser von Neunhof und zu Beerbach1504 wurde Jakob I. Welser, der Gründer der Nürnberger Linie, in den „Inneren Rat“ der Reichsstadt Nürnberg gewählt. Bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit im Jahre 1806 waren die Nürnberger Welser im Inneren Rat vertreten und gehörten nach dem „Tanzstatut“ zu den „erst zugelassenen“ ratsfähigen Geschlechtern. Die Nachkommen von Jakob I. erwarben 1572 das Gut Wunderburg von den Pfinzing, 1615 Deberndorf bei Cadolzburg und 1633 Mörlach bei Hilpoltstein von den Thill (Nürnberger Patrizierfamilie). Diese Sitze gingen in den Jahren 1658/64 wieder verloren. Die Welser waren, unter anderem, Finanziers der mit ihnen verwandten Patrizierfamilie Geuder von Heroldsberg. Die Geuder gerieten seit dem Anfang des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1618 zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten, und die Nürnberger Welser traten als Gläubiger auf. Als die Geuder zahlungsunfähig waren, kam die Angelegenheit vor den Reichshofrat in Wien. Im sogenannten „Laufer Vergleich“ wurden im Jahre 1660 die Welser durch Besitz der Geuder entschädigt. Die Welser erhielten den gesamten Geuderschen Anteil in Neunhof bei Lauf, Beerbach, Tauchersreuth mit allen Rechten, die Güter der Geuder in Groß- und Kleingeschaidt, Simonshofen, Dehnberg, Pettensiedel und Letten sowie die Weiher in Simonshofen und Laipersdorf. Die Welser nannten sich fortan Welser von Neunhof und zu Beerbach. Sie übten ab 1661 die niedere Gerichtsbarkeit, die vogteilichen Rechte sowie die Dorfherrschaft in Groß- und Kleingeschaidt aus. Die gesamte Weiterentwicklung beider Orte war nun eng mit der Entwicklung von Neunhof verbunden. Lediglich den Blutbann hatten sich die Geuder vorbehalten, was 1661 auch von Kaiser Leopold ratifiziert wurde. Durch den Erwerb der Herrschaft Neunhof wurden die Welser Mitglieder der Fränkischen Reichsritterschaft im Ritterkanton Gebürg. 1688–1749 errichteten die Welser dort drei Schlösser in Neunhof, von denen zwei heute noch ihnen bzw. ihrer 1539 gegründeten Familienstiftung gehören. Die von Paul Carl Welser zusammengetragene Bibliothek zum Thema Nürnberg blieb als Bibliothek der Paul Wolfgang Merkelschen Familienstiftung im Germanischen Nationalmuseum erhalten. 1814 in den einfachen bayerischen Adel immatrikuliert, wurden die Welser 1819 in den bayerischen Freiherrenstand erhoben. 1878 starb der Nürnberger Zweig der Familie aus, und ihr Besitz fiel an die Ulmer Linie, da die Augsburger Hauptlinie, seit 1567 Freiherren Welser von Zinnenburg, schon 1797 erloschen war. Besitzungen (Familienstiftung – Auszug)
Ehemalige Besitzungen (Auszug)
Der Welserhof in NürnbergJakob Welser kaufte das „Haus zur goldenen Rose“, im 14./15. Jahrhundert im Besitz der Stromer, später Krafftsches Haus, und ließ es 1509–1512, wohl von Hans Beheim dem Älteren, als Familiensitz neu errichten. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde das Anwesen wieder verkauft. Mit weitgespannten Bögen auf dünnen Säulen, zierlichen Maßwerkbrüstungen in den beiden Obergeschossen und einem feingliedrigen Treppenturm, ist der Welserhof der größte und eindrucksvollste verbliebene Nürnberger Altstadthof. Freiherrlich von Welsersche FamilienstiftungJakob I. Welser gründete mit seinen Brüdern am 1. April 1539 die allgemeine Welsersche Familienstiftung, die bis heute existiert. Im Laufe der Jahrhunderte wurden neue Besitztümer, wie die Schlösser in Neunhof, in die Stiftung eingebracht. Es wurde somit nicht der Entscheidung einzelner Familienmitglieder überlassen, über die Güter zu verfügen. Nach dem Erlöschen der Nürnberger Linie fiel der Besitz bzw. die Administration der Stiftung an die heute noch existierende Ulmer Linie, die 1713 in den Freiherrenstand erhoben wurde. Administrator der Freiherrlich von Welserschen Familienstiftung ist heute (Stand 2013) Michael von Welser. WappenStammwappenBlasonierung: Das Stammwappen zeigt im von Silber und Rot (auch von Rot und Silber) gespaltenen Schild eine Lilie verwechselter Farbe; auf dem Helm mit rot-silbernen Helmdecken ein wie der Schild bezeichneter offener oder geschlossener Flug.
Gemehrte WappenNeben dem Stammwappen der Welser finden sich gemehrte Wappen wie beispielsweise das Wappen der Welser von Zinnenberg, der Welser von Rietheim, oder dem Grafenwappen der Welser von Welsersheimb (auch Welser von Welssersheim).
Bekannte FamilienmitgliederAugsburger Linie
Nürnberger Linie
Ulmer Linie
Österreichische Linie
Treffen der Welser in Wels, OberösterreichEtwa in den 1990er-Jahren gab es auf Einladung des Tourismusverbands der Stadt Wels ein- oder zweimal Treffen von Menschen mit dem Familiennamen Welser, zu denen etwa 100 Besucher gekommen sind. Der Name der Familien der Welser leitet sich jedoch nicht von der Stadt Wels ab. (Die Zusatzbezeichnung im Namen Carl Auer von Welsbach hat hingegen Bezug zu Wels.) Siehe auch
Literatur
WeblinksCommons: Welser family – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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