PutschEin Putsch oder Staatsstreich (oft französisch coup d’état [ ]) ist eine illegale, meist gewaltsame und überraschende Aktion von Angehörigen des Militärs oder paramilitärischer Organisationen und/oder einer Gruppe von Politikern mit dem Ziel, die Macht im Staat zu übernehmen oder für sich zu erhalten. Das Wort Putsch wird zumeist nur für eine erfolgreiche Militärrevolte benutzt. Ihr folgt in der Regel eine Militärdiktatur oder die Herrschaft eines autoritären Regimes. Nach einem Fehlschlag ist meist von einem Putschversuch oder Revolte die Rede. Da das Wort Putsch negativ konnotiert ist, verwenden Putschisten selbst in der Regel euphemistische Bezeichnungen für ihre Handlungen.[1] Bekannte Beispiele sind die Militärputsche in Chile 1973 oder in Griechenland 1967. Einer der seltenen Fälle, in denen ein Militärcoup eine Demokratisierung zur Folge hatte, war die Nelkenrevolution in Portugal 1974. Als Staatsstreich wird in der Regel die Aktion einer bereits im Amt befindlichen Regierung oder von einzelnen Regierungsmitgliedern bezeichnet, die darauf abzielt, ihre Macht auf illegitime Weise zu verlängern oder zu festigen, indem sie die Institutionen und das geltende legale Prozedere untergräbt, umgeht oder gänzlich ausschaltet. Historische Beispiele dafür sind die Staatsstreich Napoléons I. vom 18. Brumaire des Jahres VIII und der Napoléons III. vom 2. Dezember 1851. In neuerer Zeit wurde die Entmachtung der Nationalversammlung von Venezuela durch Präsident Maduro im Jahr 2017 als Staatsstreich von oben bezeichnet,[2] ebenso wie die Polnische Verfassungskrise und Justizreform von 2015.[3] Der Angriff auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 durch Anhänger Donald Trumps wird von vielen Beobachtern als versuchter Staatsstreich betrachtet.[4][5] Das Antonym zu Putsch und Staatsstreich ist Revolution, die nicht nur von einer kleinen Gruppe, sondern von relevanten Teilen des Volkes getragen wird nicht nur einen Regimewechsel, sondern einen tiefgreifenderen Wandel zur Folge hat. BegriffsherkunftUrsprünglich stammt der Begriff aus der Schweiz, wo das schweizerdeutsche Dialektwort Putsch eigentlich ‚Stoß‘, ‚Zusammenstoß‘ bedeutet. Schon im 16. Jahrhundert wurde es auch im übertragenen Sinn militärisch für einen plötzlichen Vorstoß, den Aufprall gegen ein Hindernis oder die Initiative zu einem Unternehmen verwendet und erhielt schließlich auch die speziellere Bedeutung ‚Volksauflauf‘, ‚Revolte‘.[6] Im 19. Jahrhundert wurde das Wort im letztgenannten Sinn für verschiedene regionale und kantonale Umstürze und Unruhen wie den Freiämter Putsch (1830), den Züriputsch (1839), den Neuenburger Putsch (1856) oder den Tessiner Putsch (1890) gebraucht.[6] Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich das Wort dann im gesamten deutschen Sprachraum, insbesondere befördert durch Zeitungsberichte über den reaktionären Züriputsch in Zürich (1839). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Begriff auch ins Englische[7] sowie ins Französische[8] entlehnt, wobei er hier zunächst nur als Terminus technicus in Zusammenhang mit den politischen Wirren der Zwischenkriegszeit in Deutschland und Österreich begegnet (Kapp-Putsch 1920, Hitlerputsch 1923, Juliputsch 1934), in der allgemeineren Bedeutung „Umsturzversuch [gleich wo]“ erst seit etwa 1950.[9] Spätestens seit dem so genannten Putsch d’Alger (1958) ist er im politischen Diskurs Frankreichs fest verankert. Putsch und StaatsstreichDarüber, ob und inwiefern sich die Begriffe Putsch und Staatsstreich unterscheiden, besteht keine Einigkeit. Oft wird der Unterschied darin gesehen, dass bei einem Putsch der gewaltsame Sturz der Regierung von außen versucht wird (etwa vom Militär), während an einem Staatsstreich ein oder mehrere Mitglieder der aktuellen Regierung beteiligt sind. Der Begriff Staatsstreich orientiert sich dabei am Staatsstreich des 18. Brumaire VIII, d. h. der Machtübernahme Napoleons in Frankreich 1799.
Andere Autoren behandeln die Begriffe als mehr oder weniger gleichbedeutend:
MilitärputschStreitkräfte haben häufig Traditionen und Organisationsstrukturen, die älter sind als das Regime, dessen Existenz zu sichern ihre Aufgabe ist. Die Zusammensetzung des Offizierskorps kann dabei eine Rolle spielen, die Größe der Armee, eine Tradition von vorangegangenen Militärputschen, Niederlagen in Kriegen oder nationale Krisen, deren Bewältigung einer zivilen Regierung nicht zugetraut wird. Das kann dazu führen, dass zivile Regierungen entweder von Militärs in Putschen direkt beseitigt, oder aber vom Militär ihren inneren Feinden ausgeliefert werden. Häufiger als der direkte Putsch mit dem Sturz der Regierung ist die legalisierte Auflehnung, bei der das Militär seine umfangreichen Machtbefugnisse nutzt, um direkten Einfluss auf politische Regierungsentscheidungen zu nehmen. In der Türkei, Thailand, Chile und in Burma hatte sich das Militär nach Militärputschen auch für die Zeit nach der Rückgabe der Macht an die Zivilisten derartige Einflussmöglichkeiten gesichert. Parlamentssitze und andere institutionalisierte Einflussmöglichkeiten sichern dem Militär einen Einfluss an der politischen Macht, ohne dass eine direkte Gewaltandrohung ausgesprochen werden muss. Frankreich erlebte während der Auflösung seines Kolonialreiches zwei Militärputsche von Offizieren, die die Entwicklung aufhalten wollten. Der erste, der Putsch von Algier, führte 1958 zum Sturz der Vierten Republik, der zweite Putsch der Generale von 1961 scheiterte, bevor Algerien schließlich im März 1962 unabhängig wurde. PalastrevolutionEine Sonderform des Putsches ist die Palastrevolution. Sie bezeichnet keine Revolution, sondern einen Sturz von Herrschern oder Staatsmännern,[19] der nicht durch Volksaufstände oder Erhebungen der Bevölkerung, sondern durch Intrigen im Umfeld der jeweiligen Herrscher herbeigeführt wird.[20] Umgangssprachlich wird auch die Auflehnung gegen Vorgesetzte in Firmen und Organisationen als Palastrevolution bezeichnet.[21][22] Beispiele sind die Russischen Palastrevolutionen. SelbstputschAls Selbstputsch (spanisch Autogolpe) wird ein Staatsstreich bezeichnet, bei welchem ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt oder Regierungschef mithilfe des Militärs oder unverfassungsgemäßer Methoden das Parlament und/oder das Verfassungsgericht ausschaltet, um diktatorische Macht zu erlangen. Als bekanntestes Beispiel dieses Selbstputsches gilt der Autogolpe von Perus Präsidenten Alberto Fujimori im April 1992.[23] In Guatemala versuchte 1993 Jorge Antonio Serrano Elias nach dem Vorbild Fujimoris die Macht an sich zu reißen, wurde aber nach massiven Protesten entmachtet.[24] Ein weiterer, aber erfolgloser Selbstputsch in Peru wurde im Dezember 2022 von Pedro Castillo durchgeführt, welcher infolgedessen des Amtes enthoben wurde.[25] Putsche in der GeschichteObwohl das Wort Putsch international erst seit dem „Züriputsch“ in Gebrauch ist, können Staatsstreiche in davorliegenden Zeiten ebenso bezeichnet werden. Literatur
WeblinksCommons: Coup d’Etat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Putsch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Staatsstreich – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
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