Alcimus Ecdicius Avitus entstammte einer angesehenen gallorömisch-senatorischen Familie. Im Jahr 494 wurde er – als Nachfolger seines Vaters – Bischof von Vienne und entwickelte sich mit der Zeit zu einem der bedeutendsten Bischöfe Galliens. 517 leitete er das von ihm einberufene 1. burgundische Konzil in Epao. Er bekämpfte den sogenannten Arianismus, der in Burgund damals vorherrschend war, wobei es ihm 497 gelang, Sigismund, den Sohn und Erben des BurgundenkönigsGundobad, zum Katholizismus zu bekehren.[2]
Weitere Betätigungsfelder waren der Kampf gegen den Semipelagianismus und für den Primat des Bischofs von Rom innerhalb der Kirche.
Er wird in der römisch-katholischen Kirche als Heiliger verehrt, sein Gedenktag ist der 5. Februar.
Werk
Avitus wurde ebenfalls bekannt als Schriftsteller. Eine Nacherzählung der Urgeschichte in fünf Büchern, De spiritalis historiae gestis, bestehend aus 2552 Hexametern, war die Grundlage seines Ruhms und gilt als gutes und originelles Bibelepos; erstmals wurde die Person Luzifers in das Epos eingeführt. John Milton nahm die Erzählung schließlich in seinem Epos Paradise Lost auf. 86 Briefe, die von ihm erhalten geblieben sind, stellen darüber hinaus eine wichtige Quelle für die Geschichte der Jahre 499 bis zu seinem Tod 518 dar. In einem dieser Schreiben beglückwünscht er den FrankenkönigChlodwig I. zu seiner Taufe.
Schriften
De spiritalis historiae gestis (Ereignisse der geistlichen Geschichte): De initio mundi (Die Schöpfung), De originali peccato (Die Erbsünde), De sententia Dei (Das Gottesurteil), De diluvio mundi (Die Sintflut), De transitu maris rubri (Die Überquerung des roten Meeres)
De virginitate (Über die Jungfräulichkeit): Ein Trostgedicht für seine Schwester Fuscina
Contra Eutychianam haeresim libri I-II (2 Bücher gegen die eutychianische Häresie)[3]
Dialogi cum Gundobado rege vel librorum contra Arrianos reliquiae[4] (Dialoge mit König Gundobad auch Bücher gegen die Arianer)[5]
34 Homilien bzw. Predigten (nur 3 davon sind erhalten geblieben)
Briefsammlung: 96 Briefe (81 Briefe von Avitus[6] / 8 Briefe an Avitus adressiert[7] / 7 Briefe sind Auftragsarbeiten, die Avitus hauptsächlich[8] im Auftrag von Sigismund verfasst hat).
Ausgaben und Übersetzungen
Rudolf Peiper (Hrsg.): Auctores antiquissimi 6,2: Alcimi Ecdicii Aviti Viennensis episcopi Opera quae supersunt. Berlin 1883 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
Danuta Shanzer, Ian N. Wood: Avitus of Vienne. Letters and Selected Prose. Translated Texts for Historians. Liverpool 2002 (englische Übersetzung aller Briefe mit ausführlicher Einleitung und wichtigen Hinweisen bzw. Verbesserungen zur kritischen MGH-Edition).
Ulrich C.J. Gebhardt (Hrsg.): Alcimus Ecdicius Avitus. Von den Ereignissen der geistlichen Geschichte: Lateinisch-Deutsch (Sammlung Tusculum). De Gruyter, Berlin/Boston 2021, ISBN 978-3-11-072757-9.
Verehrung
Saint-Avit ist der Name mehrerer Gemeinden im Süden Frankreichs. In dieser Region sind ihm auch mehrere Kirchen geweiht.
Darstellung
Mittelalterliche Darstellungen des Heiligen sind nicht bekannt. Neuzeitliche Skulpturen und Glasmalereien zeigen ihn im Bischofsornat.
Literatur
Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. Bd. 2, 3. Taschenbuchauflage, München 2003, S. 1046.
Alexander Arweiler: Die Imitation antiker und spätantiker Literatur in der Dichtung 'De spiritalis historiae gestis' des Alcimus Avitus. Mit einem Kommentar zu Avit. carm. 4,429–540 und 5,526–703 (= Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, Band 52). De Gruyter, Berlin 1998.
Siegmar Döpp: Eva und die Schlange – Die Sündenfallschilderung des Epikers Avitus im Rahmen der bibelexegetischen Tradition. Kartoffeldruck-Verlag: Speyer 2009, ISBN 978-3-939526-07-0.
Uta Heil: Avitus von Vienne und die homöische Kirche der Burgunder. Berlin/Boston 2011.
Luce Pietri u. a. (Hrsg.): Die Geschichte des Christentums. Bd. 3, Sonderausgabe, Freiburg i. B. 2005, S. 353ff.
Johanna Schenk: Traditionsbezug und Transformation. Die Briefe des Avitus von Vienne als Inszenierungen eines spätantiken Bischofs. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2021, ISBN 9783515128728.
Ian N. Wood: Avitus of Vienne, the Augustinian Poet. In: R. W. Mathisen, D. Shanzer (Hrsg.): Society and Culture in Late Antique Gaul. Revisiting the Sources. Ashgate 2001, S. 263–77.
↑Der 5. Februar ist der katholische Gedenktag, dieser wird üblicherweise mit dem Todestag gleichgesetzt. Avitus nahm am Konzil von Epao (517) teil, doch fehlte er beim Konzil von Lyon (518), siehe I. Wood, D. Shanzer, Avitus of Vienne. Letters and selected Prose, Liverpool 2002, S. 10.
↑I. Wood meint, dass Avitus weder für Sigismunds Bekehrung direkt verantwortlich war noch auf ihn besonderen religiösen Einfluss ausübte, da Sigismund in Genua residierte und dort von Bischof Maximus beraten wurde. Vgl. I. Wood, D. Shanzer, Avitus of Vienne. Letters and selected Prose, Liverpool 2002, S. 9.
↑Werden in den Monumenta Germaniae Historica unter der Peiperischen Zählung als Brief 2 und 3 geführt.
↑Wird in den Monumenta Germaniae Historica unter der Peiperischen Zählung als Brief 1 geführt.
↑I. Wood stellt fest, dass Avitus vermutlich nie ein Werk unter diesem Namen verfasst hat. Die Fragmente wurden von Sirmond 1643 unter diesem Namen gesammelt und veröffentlicht. Siehe I. Wood, D. Shanzer, Avitus of Vienne. Letters and selected Prose, Liverpool 2002, S. 163.
↑Der derzeitige Forschungsstand belegt nicht eindeutig, ob Avitus einen Brief an Bischof Amandus (Brief 90 der Peiperischen Zählung in den MGH) verfasste, da bisher noch kein Bischof Amandus im damaligen Burgunderreich von der Geschichtsforschung identifiziert werden konnte, sodass die Möglichkeit besteht, dass Avitus nur 80 Briefe schrieb und seine Briefsammlung nur 95 Briefe beinhaltet. Siehe I. Wood, D. Shanzer, Avitus of Vienne. Letters and selected Prose, Liverpool 2002, S. 308.
↑Der Brief des Papstes Symmachus an Avitus erwies sich als Fälschung des 1661 verstorbenen Oratoriers Jérome Vignier.
↑Einen Brief hat Avitus im Auftrag des Archidiakons Leonianus verfasst.